„Wir machen Menschen glücklich“

Auf einen Kaffee und eine Cola mit dem Bodensee-Kapitän Thomas Geiger

Touristen haben unter dem Sommer- Sauwetter gelitten – auch die Bodensee-Kapitäne?

Für unser Unternehmen ist das nicht schön und der Regen gefällt auch den Mitarbeitern nicht. Sie werden nass.

Auch der Kapitän?

Ja, auch der Schiffsführer. Er muss zum Anlegen auf die sogenannte Brückennock hinaus ins Freie. Er kann von dort das ganze Schiff überblicken und gibt die Kommandos für den Einstieg und den Ausstieg.

Macht der hohe Wasserstand Probleme?

Es hält sich noch in Grenzen. Probleme haben wir beim Motorschiff Reichenau auf dem Unterseekurs zur Reichenau und nach Radolfzell. Jedes Mal, bevor wir die alte Rheinbrücke durchqueren, müssen wir das Dach vom Steuerhaus abbauen, die Fenster abklappen und den Radarmast legen. Ein dritter Mann muss dazu mitfahren. Die ganze Aktion dauert etwa zehn Minuten. Wenn es regnet, müssen wir die Instrumente im Steuerhaus mit einer Plane abdecken.

Ist wirklich die alte Rheinbrücke das Hindernis, nicht die Radbrücke?

Nein, nein. Die Radbrücke ist rund 50 Zentimeter höher als die alte Rheinbrücke. Sie ist die niedrigste Brücke in Konstanz.

Was überwiegt in Ihrem Beruf: Lust oder Frust?

Die positiven Erlebnisse überwiegen bei weitem. Man lernt viele Fahrgäste kennen und man lebt sehr intensiv mit der Natur. Früh morgens sehe ich manchmal den Sonnenaufgang und wie in den Alpen der Schnee violettrot glitzert. Und: Meine Arbeit ist eine positive Arbeit. Wir machen Menschen glücklich. Der Beruf bietet auch unheimlich viel Abwechslung. Mal gibt es eine Technoparty auf dem Schiff, mal wird ein roter Ferrari eingeflogen und vorgestellt. Die Angebote gehen quer durch die Gesellschaftsschichten. Im Winter sind wir die Facharbeiter in der Werft. Schiffsführer mit Familie allerdings müssen auch auf einiges verzichten. Wegen der vielen Überstunden gibt es Durstrecken. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Meine Arbeit hat sich inzwischen mehr ins Büro verlagert.

Was bringen Sie denn den Matrosen, Steuermännern und den Schiffsführern bei den BSB bei?

Ich bereite sie zum Beispiel auf das internationale Radarpatent vor. Wir üben im Seerhein, ein Schiff blind nur nach Radar zu steuern. Der Lernende darf nichts sehen. Er muss Anweisungen an den Rudergänger geben und der führt die Manöver aus. Freilich gibt es eine Person, die eingreift, falls die Anweisungen falsch waren. Und wir üben auch das Verhalten im Brandfall. Auf dem Schiff gibt es feste und mobile Feuerlöschpumpen, mit denen ich jeden Punkt des Schiffs erreichen kann. Unsere Mitarbeiter sind auch in Erster Hilfe geschult. Wir hatten schon Beinahegeburten und Herzinfarkte an Bord. Schon einige Kollegen haben Wassersportler an Bord geholt, die völlig unterkühlt im Wasser trieben, und ihnen so das Leben gerettet.

Auf dem See wimmelt es bei schönem Wetter von Booten. Ist das ein Problem für die Kursschifffahrt?

Der See wird sehr intensiv genutzt. Es gibt, so glaube ich, inzwischen 55 000 zugelassene Boote. Teilweise fehlt es den Freizeitkapitänen leider an praktischer Seemannschaft und an Rücksicht. Ich wünsche mir ein faires Miteinander aller Verkehrsteilnehmer auf dem See. Das Kursschiff hat Vorrang, aber auch wir müssen rücksichtsvoll und vorausschauend fahren. Ein BSB-Schiff wiegt 80 bis 600 Tonnen, es braucht gut zwei Schiffslängen, bis es zum Stehen kommt, das sind 100 bis 120 Meter. Es ist sehr gefährlich, so ein Schiff kurz vor dem Bug zu queren.

(Claudia Rindt/Südkurier v. 28.06.10)

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