Lässt sich Fahrgastschwund stoppen?

Während die Fährverbindung Konstanz-Meersburg floriert, hat die Linie Friedrichshafen-Romanshorn ein Problem: Die Benutzerzahlen gehen in fast allen Segmenten zurück, wie ein Zehn-Jahres-Vergleich zeigt. 2000 beförderte die Fähre insgesamt noch 643 000 Fahrgäste zwischen dem schwäbischen und dem Schweizer Ufer.

2010 waren es 569 000. Das bedeutet ein Minus von 11 Prozent. Die Zahl der transportierten Personenwagen sank um 13 Prozent, die der Lastwagen sogar um 64 Prozent.

Nur für den Extremschwund bei den Schwerlast-Überfahrten hat Werner Müller eine Erklärung parat. Nach Information des Abteilungsleiters für öffentlichen Verkehr und Tourismus beim Kanton Thurgau ist der Einbruch Folge einer Regelung im Jahr 2004, wonach auf Schweizer Straßen auch Lkw bis 40 Tonnen fahren dürfen. Bis dahin konnten die ganz dicken Brummis über 28 Tonnen nur Ziele in einem Zehn-Kilometer-Radius ab dem Einfuhr-Zollamt ansteuern. Da nutzte das Transportgewerbe die Fährverbindung Friedrichshafen-Romanshorn, um ab Zollamt Romanshorn in der Zehn-Kilometer-Zone Kunden zu beliefern. Weinfelden zum Beispiel war auf diese Weise noch gut zu erreichen. Seither hat der Brückenkopf Romanshorn an Bedeutung eingebüßt.

Da die Aufhebung des Tonnage-Limits auf Schweizer Straßen aber nicht taugt, um den umfassenden Kundenschwund auf der Fähre zu erklären, soll nun eine Studie das Problem ergründen und Wege zur Stärkung der Fährverbindung aufzeigen. Darüber besteht Einigkeit auf deutscher und Schweizer Seite. „Wir brauchen eine gute Analyse“, sagt Werner Müller. Der Verkehrsfachmann vertritt in dieser Angelegenheit die Interessen des Kanton Thurgau in der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK). Der Verbund der Bodensee-Anrainerländer und -kantone beteiligt sich mit 50 000 Euro an der Finanzierung der Untersuchung. Die Gesamtkosten dürften laut Werner Müller bei 60 000 bis 70 000 Euro liegen.

Die fehlenden Gelder steuern die Linienbetreiber und die Städte Friedrichshafen und Romanshorn bei. Auch die Verantwortlichen auf Schweizer Seite haben in jedem Fall Interesse an einer Schiffsverbindung, die von der Kundschaft gut angenommen wird. Der See wirke wie eine Barriere, die die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt. „ Dies gilt es zu mildern“, sagt Werner Müller. Die Ausschreibung für die Studie ist bereits erfolgt. „Konkret sollen die Gutachter das Marktpotenzial erheben und mögliche Varianten des Verkehrsangebots mit entsprechenden Kostensteigerungen aufzeigen“, heißt es dazu in einer Stellungnahme der IBK. Tabus soll es bei der Analyse nicht geben.

„Die Studie ist sinnvoll“, bestätigt auf deutscher Seite Stefan Ballier, einer von zwei Geschäftsführern der Bodensee Schiffsbetriebe (BSB). Er ist überzeugt, dass sich die Fährverbindung ohne staatliche Unterstützung auf Dauer nicht finanzieren lassen wird, zumal angesichts des absehbaren Erneuerungsbedarfs der Flotte.

(Franz Domgören/Südkurier v. 12.07.11)

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