Millimetergenaue Arbeit in Schiffswerft

Ganz große Sanierungen werden in der Schiffswerft der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) in Konstanz nicht gemacht, dafür geht es um Feinarbeit, zum Beispiel beim Einbau eines Schiffs-Propellers.

"Das ist haarscharf",  ruft einer der sieben Männer aus dem Heck des Schiffes. Der Mitarbeiter der BSB (Bodensee-Schiffsbetriebe) drückt mit den Händen gegen den fünf Tonnen schweren Propeller der "Karlsruhe".

„Ihr könnt noch einen Millimeter bringen. Nicht so stark wippen!“, schreit einer der Kollegen. Die Mitarbeiter der Werft im Hafen haben alle Hände voll zu tun, um das massive Teil an seinen Platz zu zirkeln. Es gelingt ihnen letztlich innerhalb einer halben Stunde. „Da war jetzt wirklich nicht viel Spielraum“, sagt Dieter Ehinger, der Leiter der BSB-Werkstätten im Hafen.

„Wir mussten das Schiff auf die Nase legen, damit kein Wasser eindringt“, erläutert Dieter Ehinger. Es ist eine alte Methode, auf den Bug massig Ballast zu wuchten: Kies in einem Container und Eisenbahn-Schienen. Außerdem werden die vorderen beiden Schotts (abgedichtete Räume unter Deck) geflutet. Insgesamt sind so rund 20 Tonnen Ballast zusammengekommen – das Schiff ragt dadurch am Heck aus dem See.

Der Chef persönlich steuert mit der Fernbedienung die mächtige Krananlage, an dem das Fünf-Tonnen-Stück hängt. Die Männer haben keinen Blick für die Stadtkulisse mit den prägenden Türmen von Münster und Bahnhof. Ganz ohne Probleme läuft die Aktion nicht ab. Das Schiff wird mit Muskelkraft an den Tauen auch etwas bewegt, da der Antrieb nicht passgenau über dem Loch im Boden des Schiffes steht. Plötzlich wird Dieter Ehinger unruhig. Seine Stimme wird lauter: „Dieses Hin- und Herrutschen nervt mich an!“ Die Mannschaft reagiert sofort: „Jawohl!“, sagt einer der Arbeiter. Letztlich geht alles glatt. „Gut haben wir das gemacht“, sagt Mathias Fisek, Vorhandwerker der Schlosserei.

Die Anspannung löst sich, als die ersten Schrauben festgezogen werden. „Die alte Mutter will nicht so wie ich“, lacht ein Arbeiter. Dieter Ehingers Antwort: „Das haben alte Mütter so an sich.“ Nachdem alles an seinem Platz ist, muss die Kupplung zur Antriebswelle angeschlossen werden. Erneut wird millimetergenau gemessen. Dann erledigen die Monteure die Restarbeiten. Bei der Probefahrt wird geschaut, ob alles passt.

Einer der zwei so genannten Voith-Schneider-Propeller, die das Schiff antreiben, wurde ausgebaut, um die Dichtungen zu erneuern, Verschleißteile zu prüfen und bei Bedarf zu ersetzen. Eine solche Sanierung kommt in der Konstanzer Werft alle drei bis vier Jahre vor. Nach etwa 15 000 Betriebsstunden muss ein Antrieb aus- und wieder eingebaut werden. Rund drei Stunden brauchen die Mitarbeiter alleine für den Ausbau. Das Team sei gut eingespielt, sagt der Werft-Leiter: „Das sind alles langjährige Mitarbeiter.“

Nach dem angekündigten Aus der Bodan-Werft in Kressbronn wird die Konstanzer Anlage sicher weiter benötigt. Das zeigen auch die Arbeiten an der München, die neben der Karlsruhe im Hafen liegt. BSB-Mitarbeiter zerlegen den Motor, weil die Kolbenringe erneuert werden. „Das ist ein unglaublicher Aufwand“, sagt Ehinger, der fasziniert ist vom Motor Baujahr 1963. „Der verkraftet alles. Das sind sehr robuste Motoren.“ Mit solchen Arbeiten entlaste man die große BSB-Werft in Friedrichshafen. In Konstanz werden zwar nicht die ganz großen Sanierungen durchgeführt, aber ansonsten herrsche im Winter Hochbetrieb. Ab dem Frühjahr ist die Mannschaft dann wieder auf dem See unterwegs.

Bildergalerie Südkurier Konstanz

(Josef Siebler/Südkurier v. 22.02.11)