Oberdeck nur für zahlende Gäste

Neues Gastro-Konzept auf der „Überlingen“. Schiffs-Stammkunden sind nicht begeistert. Saisonkarten werden jetzt elektronisch gelesen.

Für einige Fahrgäste der Bodensee-Schiffsbetriebe ist es ein Ärgernis, für die Reederei besserer Service: Seit das Motorschiff „Überlingen“ wieder in See sticht, herrscht auf dem Oberdeck Konsumzwang. Die besten Außen-Sitzplätze sind ab dieser Saison Fahrgästen vorbehalten, die zusätzlich zur Fahrkarte auch noch für Essen oder Trinken bezahlen wollen. Das bestätigte Josef Siebler, Sprecher der Stadtwerke und damit auch der stadteigenen Bodensee-Schiffsbetriebe. Eine Verschlechterung, wie es verärgerte Passagiere gegenüber dem SÜDKURIER darstellen, sieht er darin allerdings nicht: „Das Konzept mit einer von der üblichen Ausrichtung abweichenden Speisekarte und vielen regionalen Produkten wurde von den Fahrgästen am ersten Wochenende besonders gelobt. Auch die für Gäste der Gastronomie neu vorgesehenen Sitzbereiche werden als zusätzlicher Service geschätzt.“

Da sind Gerd und Annemarie Traguth anderer Meinung. In einer Mail an die Lokalredaktion kritisieren sie, eine „Zweiklassengesellschaft“: „Fahrgäste, die nicht konsumieren wollten, wurden aufgefordert, den Sitzplatz zu räumen.“ Diese würden nun wohl auf den restlichen Decks und Außengängen „zusammengepfercht“. Ähnliche Kritik äußerten weitere Inhaber von Saisonkarten, die gleich zu Beginn der Schifffahrt schon ausgiebig unterwegs waren.

Hintergrund der Neuerung ist, dass die Gastronomie auf der „Überlingen“ ab dieser Saison neu verpachtet ist. Dieter Wäschle, der umtriebige Wirt des „Petershof“, bedient jetzt auch die Gäste auf dem Schiff. Er selbst war für den SÜDKURIER nicht erreichbar. Siebler sagt aber: Für Passagiere, die lieber ihr eigenes Vesper verzehren wollen, sei auf den anderen Decks immer noch genügend Platz, und auch an Tagen mit Hochbetrieb. Die „Überlingen“ könnte dabei kein Sonderfall bleiben. Es könne „durchaus sein, dass künftig auch andere Gastronomie-Partner auf mehr Service an Bord setzen“, so Siebler.

Für Irritationen sorgt unter Stammkunden auch, dass die Saisonkarten ab sofort beim Ein- und Aussteigen elektronisch erfasst werden. Dies sei bei anderen Angeboten wie der Erlebniskarte längst üblich und diene dazu, Missbrauch zu verhindern, so Josef Siebler: „Es werden lediglich die Kartennummer, das aktuelle Datum und die Zustiegsstelle erfasst, um die Gültigkeit der Karte prüfen zu können.“ Es würden entgegen der Befürchtung mancher Fahrgäste keine persönlichen Nutzerprofile erstellt, und das Vorgehen sei mit dem Datenschutz abgestimmt.

Bodensee-Schiffsbetriebe

Die Stadt Konstanz besitzt seit 2003 mit den Bodensee-Schiffsbetrieben die größte Reederei am See. Sie beförderten mit zwölf Motorschiffen sowie zwei Fähren 2013 rund 2,2 Millionen Passagiere. Das Unternehmen macht mit 170 Vollzeit-Beschäftigten einen Jahresumsatz von rund 16 Millionen Euro. Zusammen mit kleineren Partnern bilden die BSB die Vereinigten Schifffahrtsunternehmen, die Saison-Karte (205 Euro) gilt übergreifend. Außer bei der Gesellschaft Untersee und Rhein wird sie auch bei den anderen Reedereien gescannt.

(Jörg-Peter Rau/Südkurier v. 19.04.14)

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