Ungewisse Zukunft für historisches Schiff

Seit eineinhalb Jahren liegt sie im Konstanzer Hafenareal auf dem Trockenen: Die Möve ist das älteste erhaltene Relikt der Bodensee-Schifffahrt. Wie es mit ihr weitergeht, ist noch offen.

Sie ist das älteste Relikt der Bodensee-Schifffahrt und hat eine ungewisse Zukunft vor sich: Das einstige Arbeitsschiff mit dem Namen Möve ruht seit eineinhalb Jahren an der Konstanzer Hafenstraße und es ist kein Investor in Sicht, der ein Interesse an einer Restaurierung und Umnutzung des Oldtimers hat. Demnächst will die Bodensee Schiffsbetriebe GmbH (BSB) als Eigentümerin die Suche öffentlich ausschreiben, sagte Pressesprecherin Silke Rockenstein auf Anfrage.

Bislang hatten die BSB nicht aktiv um Investoren geworben. Ein Informationsschild an dem alten Schiff wies darauf hin, in persönlichen Gesprächen sei geworben worden und in den Medien war ebenfalls mehrfach die Sprache davon, dass das Unternehmen die Möve in gute Hände übergeben möchte. Für Silke Rockenstein ist das geringe Interesse an der alten Lady nicht überraschend. „Die Suche nach Investoren ist für alte Schiffe immer schwierig“, erklärte sie. Eine baldige Klarheit, wie es mit der Möve weitergehen soll, ist bei den BSB dennoch zur zentralen Frage geworden.

Als das Unternehmen das Schiff vor eineinhalb Jahren mit einem großen Kran aus dem Wasser hieven ließ, hatte Geschäftsführer Jörg Handreke bereits Visionen. Die Möve könnte zu einer touristischen Attraktion werden. Bei dieser Idee ist es grundsätzlich geblieben, wie Pressesprecherin Silke Rockenstein sagte: ein Museumsschiff oder eine Gastronomie nennt sie als Beispiele für die künftige Nutzung. In Friedrichshafen liegt bereits ein Schiff am Hafen auf dem Trockenen und es dient als Restaurant. Experten gehen aber davon aus, dass mindestens eine halbe Million Euro für die Restaurierung anfällt.

Sollten die BSB keine Investoren finden, wolle ein Kreis von Historikern und Schiffsexperten über Alternativen nachdenken, heißt es aus gut unterrichten Kreisen. Für sie steht eindeutig fest, dass die Möve ein wichtiges historisches Andenken an die alte Bodenseeschifffahrt ist. Als die Großherzoglichen Badischen Staatseisenbahnen das Schiff vor über 135 Jahren 1877 in Betrieb nahmen, fuhr sie noch mit Segel. Dokumente und Recherchen von Historikern belegen dies. 31 Jahre lang trieb der Wind die Möve an. Bei Flaute zogen sie Dampfschiffe ans Ziel. Sie beförderte Güter zumeist in jene Häfen, die nicht an das Eisenbahnnetz angebunden waren. Das waren damals zum Beispiel Meersburg, Unteruhldingen, Dingelsdorf, Sipplingen und Bodman. Ab 1919 konnte das Schiff selbständig bei wenig Wind vorwärts kommen. Sie hatte einen Motor erhalten und der Segelmast auf dem Deck fiel.

Von allen Güterschleppboten auf dem Bodensee überlebte laut BSB nur die Möve. Zu ihren ersten Aufgaben als Arbeitsschiff zählte im Jahr 1922 die Installation einer elektrischen Beleuchtung im Hafen von Meersburg. Fast jeder Pfahl oder jedes Seezeichen auf allen drei Seeteilen, so die BSB auf ihrer Informationstafel, sei später das Werk von der Möve und ihrer Besatzung gewesen. 2005 war ihre letzte Fahrt. Seit 2009 liegt sie an der Hafenstraße auf dem Werftgelände der BSB und zieht zahlreiche neugierige Blicke von Passanten auf sich.

Die Möve:
Die wichtigsten Fakten zum Schiff.

Inbetriebnahme: 1877
Verwendung: Lastensegler, Arbeits- und Rammschiff
Umrüstung: 1919 zum Motorschiff
Länge: 28,80 Meter
Breite: 5,50 Meter
Seitenhöhe: 2,14 Meter
Tiefgang: 0,62 bis 1,69 Meter
Tragfähigkeit: 125 Tonnen
Dienstende: 2005
Auswasserung: 2009

(Philipp Zieger/Südkurier v. 11.01.12)

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