Kapitän von 14 Bodenseeschiffen

Jörg Handreke neuer Geschäftsführer der Bodensee-Schiffsbetriebe - Er will Flotte erneuern

Er überraschte gleich mit einem großen Coup: Jörg Handreke ist seit fünf Monaten bei den BSB und legte schon ein ehrgeiziges Konzept vor. Der neue Technische Geschäftsführer der Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH will die komplette Weiße Flotte erneuern (wir berichteten). Der 47-Jährige ist Nachfolger des langjährigen BSB-Chefs Professor Dieter Bögle. Er nahm altersbedingt Abschied, kurz nachdem die Stadtwerke die BSB von der Deutschen Bahn AG übernommen hatten. Der neue Kapitän auf der Brücke vollzieht offensichtlich den Wandel vom eher betulichen zum flotten Betrieb der Zukunft. Äußeres Zeichen werden Farbtupfer auf den Schiffen sein: Die Weiße Flotte bleibt im Grund weiß, doch ihr Erscheinungsbild wird aufpoliert.

Der gebürtige Berliner ist mit Schiffen aufgewachsen. Als Junge packte Jörg Handreke im Sommer nicht nur die Badehose ein, wenn es raus zum Wannsee ging. Er ist ein begeisterter Wassersportler und hat die nötigen Seglerpatente erworben. Irgendwann will er sich hinsetzen und fürs Bodensee-Schifferpatent pauken.

Die Liebe zum Wasser dürfte ein Grund für seinen großen Berufswunsch gewesen sein: Schiffsbau-Ingenieur. Er studierte schließlich in Berlin Schiffs- und Meerestechnik. Das Spektrum war breit gefächert: Die Studenten lernten alles über Fahrgastschiffe, Yachten und Spezialschiffe, wie Tanker. Seine Diplomarbeit befasst sich mit der Verankerung von Bohrinseln bei großer Wassertiefe. Anwender orientiertes Arbeiten war ihm immer wichtig. Schon als Kind werkelte er viel: "Ich habe vor allem gerne mit Holz gearbeitet." Während des Studiums beschäftigte er sich auch mit Schreinerarbeiten.

"1986 habe ich rübergemacht!" Auch als Westberliner musste er schließlich eine Grenze überwinden. Er wohnte mit seiner Familie in einem schmalen Korridor zwischen Wannsee und Grenze - den Zaun immer im Blick. "Ich bin unter alliierter Beschützung groß geworden."

Über Flensburg kam Jörg Handreke nach Ravensburg. Dort arbeitete er beim Unternehmen Va Tech Escher Wyss in leitenden Funktionen. Nebenher absolvierte Handreke ein Post- Graduierten-Studium der Betriebswirtschaft. Nun folgte der Ruf der BSB.

Seine Frau und die zwei Kinder (zehn und 13 Jahre) leben noch in Grünkraut bei Ravensburg. Jörg Handreke wohnt unter der Woche in einer Pension. Die geliebten Elton-John-Balladen spielt er eben am Wochenende auf dem heimischen Klavier. Der Umzug steht an, sobald die Familie ein passendes Domizil gefunden hat. Er freut sich schon auf gemeinsame Radtouren, um die schöne Bodenseelandschaft zu erkunden.

Der Mann mit dem verschmitzten Lächeln hat zwar das Kommando auf der BSB-Brücke, doch das einfache Schema von Befehl und Gehorsam ist nicht sein Ding: "Ich bin teamorientiert und verlange, dass in den mittleren Führungsebenen Verantwortung wahrgenommen wird und Entscheidungen gefällt werden." Da habe er keine Sorgen bei den Schiffsbetrieben. Die Mitarbeiter seien sehr motiviert, wie er in den ersten fünf Monaten festgestellt hat. Ihn freut zudem das Betriebsklima in den Räumen am Hafen. Man habe ihm sehr geholfen, in den neuen Job zu finden.

Der neue Geschäftsführer weiß, was er will: Die BSB zusammen mit dem Kaufmännischen Geschäftsführer Kuno Werner voranbringen. "Bewahrung im statischen Sinne wäre ein Rückschritt", sagt er. Die Chefs wollen das Geschäft also offensiver angehen als zu Bahn-Zeiten. Der 47-Jährige hat einige Marketingideen. Er hält viel von neuen Angeboten für junge Menschen und Familien: "Die Kinder müssen Interesse an der Schifffahrt bekommen."

Es gebe keine großen finanziellen Sorgen bei den BSB. Die Erneuerung der Flotte erstreckt sich über 30 Jahre, und während dieser Zeit wolle man schwarze Zahlen schreiben. "Wir müssen als Kapitalgesellschaft etwas verdienen."

(Südkurier v. 08.03.05)

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