Hauruck-Politik

Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön“ heißt es in einem alten Schlager. Von wegen lustig, von wegen schön: Die Schifffahrt ist ein schwieriges Geschäftsfeld, wie die Stadtwerke Konstanz immer wieder feststellen müssen. Sie haben zwar ein rundes Paket geschnürt mit Fähre, BSB (Bodensee-Schiffsbetriebe) und Katamaran, doch die ganz unterschiedlichen Strukturen erschweren das tägliche Geschäft. Das zeigt die derzeitige Debatte über eine personelle Doppelstruktur an der Spitze von Fähre und BSB. Konrad Frommer, der für die Schifffahrt zuständige Stadtwerke-Geschäftsführer, hat mit der Entscheidung überrascht. Diese Hauruck-Personalpolitik ist angesichts der Besonderheiten beider Betriebe nicht angebracht. Es sind weitere Gespräche nötig.

Stefan Ballier, Bereichsleiter des Fährebetriebs, soll zugleich zweiter Mann auf der BSB-Kommandobrücke werden. Es ist geplant, im Gegenzug BSB-Chef Jörg Handreke den technischen Bereich bei der Fähre zu übertragen. Diese Konstruktion ist nur verständlich angesichts der Entwicklung in den vergangenen Jahren. Die Stadtwerke haben nach dem Kauf der BSB, die früher eine Bahn-Tochter war, und durch die gemeinsame Katamaran-Reederei mit den Technischen Werken Friedrichshafen (TWF) eine ansehnliche Flotte auf dem Bodensee. Da das Unternehmen mit der sehr erfolgreichen Fährverbindung zwischen Konstanz und Meersburg schon Erfahrungen im Geschäftszweig hatte, bot sich der Einstieg in die große Schifffahrt geradezu an, als die Bahn verkaufen wollte.

Die Flotte muss für die Zukunft aufgestellt werden. Im Fährebetrieb ist dies bereits geschehen. Bei den BSB sind die nötigen Schritte eingeleitet, aber es harzt noch. Zudem müssen die Stadtwerke bislang ein kräftiges Defizit beim Katamaran verkraften.

Es ist daher richtig, durch Synergien eine wirtschaftliche Basis zu schaffen – ob bei den Werften oder in den kaufmännischen Abteilungen. Gut funktioniert dies schon bei den Kapitänen: Die Schiffsführer der Katamarane stammen ursprünglich von Fährebetrieb und BSB. Mit der Schnellverbindung über den See wurden also Arbeitsplätze geschaffen oder zumindest gesichert, was beim viel kritisierten Defizit nicht vergessen werden darf.

Die Absicht, alles noch enger zu vernetzen, um letztlich Kosten zu sparen, ist nachvollziehbar. Doch das Eigenleben der gewachsenen Betriebe ist nicht zu unterschätzen. So war die Fähre-Mannschaft schon immer sehr selbstbewusst, was der unbequeme Fähre-Chef Krister Hennige zu spüren bekam. Er zog zwar das Zukunftskonzept für den Betrieb und den Staader Fährehafen konsequent durch, doch richtig glücklich wurde er nie im neuen Betriebsgebäude. Mit Nachfolger Stefan Ballier kann die Mannschaft besser leben, wie Kenner des Betriebs berichten.

Bei den BSB waren klare Worte auf der Kommandobrücke über Jahrzehnte normal. Professor Dieter Bögle herrschte als uneingeschränkter Admiral über die Weiße Flotte. Der Großteil seiner Mannschaft kann mit Nachfolger Jörg Handreke daher gut leben. Allerdings gehen nun einige der BSB-Führungskräfte in den Ruhestand. Der Zeitpunkt ist also ideal, über die Strukturen neu nachzudenken. Es ist nur eine Frage des Geschicks. In den Stadtwerken und in der Politik regt sich Kritik: Die Geschäftsführung habe ihre Personalentscheidung heimlich vorangetrieben. Grundsätzlich wird es begrüßt, mit Stefan Ballier einer fähigen Nachwuchskraft mehr Verantwortung zu übertragen. Doch es wird befürchtet, er könnte durch eine unklare Verteilung der Zuständigkeiten zerrieben werden.

Angesichts solcher fundamentaler Einwände scheinen noch einige Gespräche vonnöten. Die Geschäftsführer sollten dringend an den runden Tisch bitten.

(Josef Siebler/Südkurier v. 06.02.10)

 

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