Den Transport des Löwen darf niemand stören

Wenn der Lindauer Hafen in seiner jetzigen Gestalt heuer 150 . Geburtstag feiern kann, dann darf man über seine Geschichte nachdenken . Denn einen Hafen gab es auf der Insel natürlich schon viel länger . In einer kleinen Serie stellt die LZ die Hafengeschichte Lindaus vor .

Mitte des 18 . Jahrhunderts hatten Lindau und Bregenz die größten Häfen am See und dazu auch die größten Schiffe, die Lädinen . Nachts eintreffende Schiffe mussten dem Posten Herkunft und Namen der Besatzung zurufen . Schon im 16 . Jahrhundert wurden vom Mangturm aus die einlaufenden Schiffe "angeblasen", das heißt, der Bläser auf dem Turm gab je nach Größe des Schiffes zwei oder drei Trompetenstöße nach der Seite ab, aus der sich das Schiff näherte . So wusste der Faktor gleich, wo er das ankommende Schiff erwarten konnte .

Nicht einfach genug kann man sich den Hafen vorstellen, wie er sich zu Beginn des 19 . Jahrhunderts präsentierte . Die Lände - mehr war es ja eigentlich nicht - war bis anno 1810 nur durch zwei Pfahlreihen und die Römerschanze im Osten gegen Naturgewalten gesichert . Ein im Jahr 1541 erneuerter und 1590 erweiterter Damm sorgte für den Zugang .

Nun aber, im ersten Jahrzehnt des 19 . Jahrhunderts, sah man ein, dass dies kein Zustand mehr war . Da in Lindau wohl der wichtigste Hafen im neuen Königreich Bayern lag, entschloss sich König Maximilian I . zum Neubau und beauftragte seinen Brücken- und Straßenbaudirektor C . F . v . Wiebeking, nach Lindau zu fahren . Was er von dieser Dienstreise berichtete, war alles andere als schön: Solche Pfahlwände, wie sie den Hafen schützen sollten, gäben der Insel ein "sehr trauriges Ansehen" und nützten noch dazu kaum etwas, da die Wellen einfach darüber hinwegrollen könnten . Es wunderte Wiebeking nicht, dass die Sicherheit für die Schiffe nicht gegeben sei . Auch waren die Pfähle entweder verfault oder abgebrochen .

Hafen ist immer wieder zu klein

Nun entstand eine Anlage mit zwei versetzten Dämmen, deren einer von der Römerschanze, der andere vom Mangturm ausging . Wiebeking hat anschließend über den Hafen eine Schrift "Beschreibung des bey Lindau angelegten Hafens" verfasst . Damals musste leider die malerische Jakobskirche auf der Römerschanze weichen . Schiffsweise wurden Steine von der kurz zuvor abgebrochenen Klosterkirche Mehrerau herbeigeschafft .

Mitte des 19 . Jahrhundert war Lindaus Hafen schon wieder zu klein und genügte nicht mehr den Erfordernissen . Sand- und Schlammreste mussten von Zeit zu Zeit entfernt werden, um Untiefen zu vermeiden . 1840 wurde der Hafen ausgebaggert, weil die Wassertiefe für die immer größer werdenden Schiffe nicht mehr ausreichte . Gleichzeitig wurden die immer mehr verfallenden Mauern ausgebessert . Man begann also schon mit kleinen Veränderungen . So wurde die alte Dammbrücke bis zum ehemaligen Lukenhäuschen abgetragen, ebenso das kurze Mauerstück mit dem gedeckten Gang, das die "Hintere Färb", wo heute das Hotel Helvetia steht, und den Mangturm verband .

Durch den Bau der Eisenbahn wurde der Bedarf an Schiffen noch größer . Das Königreich Bayern, dem der Hafen seit 1843 gehörte, musste nach einem knappen halben Jahrhundert schon wieder zum Umbau schreiten . Am westlichen Damm erhob sich nun der neue Leuchtturm, der die Aufgaben des Mangturms übernahm . Die östliche Mole erhielt den Löwen aus Kelheimer Sandstein . Als der Löwe angeliefert wurde, musste die Stadtverwaltung die Bevölkerung ersuchen, während des Transportes der "Löwentheile zum Landeshoheitszeichen sich jeder Störung der Arbeiter durch unbefugtes Hinzudrängen zu enthalten, damit allfällige Beschädigungen und Unglücksfälle vermieden bleiben" . Der Münchner Bildhauer Professor Johann Halbig hatte sich als Modell den Löwen aus einer Menagerie ins Atelier geholt .

Bauherr war auch diesmal ein Maximilian, nämlich der Zweite, dem man gleich noch ein Monument zwischen Bahnhof und Bayerischem Hof errichtete . Schon 1870 heißt es in einer Beschreibung Lindaus: "Der Leuchtthurm in seiner schön-proportionirten, eleganten Form, den von Konstanz weit überragend, (die anderen Bodenseehäfen besitzen bis zur Stunde keine vergleichbaren Anstalten), bietet dem Besteiger von seiner schönen Zinne aus, eine wundervolle Aussicht auf das großartige Panorama . "

(Werner Dobras/Schwäbische Zeitung v. 14.06.06)

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