Streit um die Seelinie hat Tradition seit den Pfahlbauten

Unteruhldingen ist seit Menschengedenken für die Schifffahrt auf dem Bodensee sehr bedeutend. Das Interesse an der nahen Verbindung Richtung Konstanz bei allen Herrschern groß.

Die Auseinandersetzungen um die mit 2,3 Kilometer kürzeste Schiffspassage zwischen Nord- und Südufer des Bodensees hat Tradition. Darauf weist Gunter Schöbel, Direktor im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen, hin. Er bezieht sich auf den Zeitungsartikel 'Großer Fisch schluckt kleinen Fisch', in dem von der Übernahme des kleinen Schiffsbetriebs „Seeflair“ durch die mächtigere BSB (Bodensee Schiffsbetriebe GmbH) berichtet wird. Die geschilderte Diskussion um die Rechte am Übergang und die Auseinandersetzungen zwischen Nord und Süd dürften schon älter als 3600 Jahre sein, so Schöbel.

Schon 1179 verfügte der Staufer Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) auf einem Hoftag zu Konstanz, dass die Unteruhldinger Schifffahrt seit altersher frei gewesen sei und drohte denen, die eine unangemessene Fährgebühr verlangten, mit seinem Bann. Damit bestätigte er – wohl auf Hinweis seines Getreuen, Rudolf von Pfullendorf Graf von Ramsperg, Graf von Pfullendorf, Graf von Bregenz, Graf von Lindau und Vogt von Sankt Gallen – dieses alte Schifffahrtsrechte des Hafenortes Uhldingen und stellte die wichtige Passage unter seinen persönlichen Schutz.

Gegenspieler waren hier die Bischöfe von Konstanz, berichtet Schöbel. Sie hätten gleichfalls ein großes Interesse an der lukrativen Seeverbindung am Nordufer von Oberschwaben her gehabt. Schöbel in seinem Bericht: „Die Bischöfe von Konstanz unterhielten in den sogar einen Fährmann in Unteruhldingen mit eigenem Fährlehen, dessen Aufgabe das Übersetzen der Geistlichkeit auf Abruf war. Das 1984 abgerissene Zollhaus in Unteruhldingen kündete noch lange von der historischen Bedeutung des Handels an dieser Stelle, der eigentlich erst durch die Dampfschifffahrt in den 1890er Jahren zum Erliegen kam, als die Lastensegler von Uhldingen nach Konstanz und Romanshorn auf der natürlichen Route vor dem Wind starke und unabhängige Konkurrenz bekamen.“

Im 17. Jahrhundert hatte Uhldingen noch acht Schifffahrtsrechte oder Lehen des Fürsten von Heiligenberg, der vor Napoleon in Uhldingen Landesherr war. Acht freie Schifffahrtsmeister in einer Schifffahrtsgesellschaft besorgten ab 1844 vom Stapelhafen „Greth“ „Seehof“ die Geschäfte des Seetransports, weiß der Museumsdirektor. „Korn aus Oberschwaben, Heiligenberger Holz, Unteruhldinger Wein und Öl und später noch Mühlhofer Baumwollstoffe in Ballen gingen von hier aus nach Süden. Von dort kam der Rorschacher Sandstein, der jahrhundertlang die wertigen Profan- und Sakralbauten als härtester Baustein der Region gestaltete, daneben Appenzeller Butter oder Salz aus den Salinen des Ostens.“

Der Ganzjahreshafen Uhldingen lasse sich in die Römerzeit zurückverfolgen. In Unteruhldingen und auf der Mainau hätten sich schon in der Bronzezeit Pfahlbauten, die diesen Übergang sicherten, befunden. Schöbel: „Schon zu Zeiten Mykenes um 1600 vor Christus lassen sich zwei gleichzeitige mit Holzmauern umzogene und befestigte Siedlungen an beiden Ufern erkennen.“

Als Direktor des Pfahlbaumuseums kommentiert Schöbel die Auseinandersetzung so: „Wir sind natürlich daran interessiert, dass wie schon immer Schiffe aus allen Himmelsrichtungen und allen Bodenseeländern hier einvernehmlich anlegen. Das hat ja schließlich seit den Pfahlbauten hier Tradition.“

(Stefan Hilser/Südkurier v. 01.08.12)

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