Ein Schiff wird kommen

Der St. Galler Regierungsrat Martin Gehrer präsidiert 2011 die Internationale Bodenseekonferenz IBK. Zum Jahresthema «Grenzüberschreitend gesund» wird ein Gesundheitsschiff Ende Mai Häfen rund um den See anlaufen.

Herr Gehrer, das Präsidium der Internationalen Bodenseekonferenz gehört nicht gerade zu den Kernaufgaben eines Finanzchefs…

Martin Gehrer: St. Galler Vertreter in der IBK war bisher Volkswirtschaftsdirektor Joe Keller. Er verlässt die Regierung aber Ende März. So darf ich diese Aufgabe und gleich auch das IBK-Präsidium übernehmen. Ich kenne die IBK von meiner früheren Tätigkeit als Staatssekretär und freue mich darauf.

Es hat sich eingebürgert, dass die IBK jedes Jahr unter ein Motto stellt. Was macht St. Gallen?

Gehrer: Leitmotiv für das St. Galler Vorsitzjahr ist «Grenzüberschreitend gesund». Die Vision von einem Gesundheitsraum Bodensee ist bereits im IBK-Leitbild von 2008 umschrieben. Jetzt geht es darum, das enorm breite und qualitativ hochstehende Angebot von Gesundheitsdienstleistungen rund um den See noch besser zu vernetzen und grenzüberschreitend bekannt zu machen.

Warum gerade Gesundheit?

Gehrer: Die Gesundheitsbranche ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor – und er wird unter dem Aspekt der demographischen Entwicklung immer wichtiger. Allein das lohnt es, das Thema Gesundheit als gemeinsames Anliegen zu forcieren. Zudem können wir auf umfassendes Wissen zurückgreifen, weil Roman Wüst, Generalsekretär des St. Galler Gesundheitsdepartementes, seit Jahren die IBK-Kommission Gesundheit leitet.

Wer nimmt denn schon zur Kenntnis, wenn die IBK-Mitglieder sich gegenseitig ihre Wellnessangebote vorstellen?

Gehrer: Wir planen keine abgehobenen Übungen. Wir haben im Gegenteil viele Ideen und konkrete Projekte, die etwas bringen. Am 28. Mai wird zum Beispiel das IBK-Gesundheitsschiff die Häfen von Rorschach, Bregenz, Lindau und Friedrichshafen anlaufen. An Bord und zu Land wird es Gesundheitsangebote für die Bevölkerung geben, es werden Verantwortliche für das Gesundheitswesen, aber auch medizinisches Personal für Gespräche und Tests zur Verfügung stehen.

Das ist ein Tag im Jahr. Was bietet das St. Galler IBK-Jahr noch?

Gehrer: Wir haben ein Projekt «eHealth» zur Verbesserung der Qualität grenzüberschreitender Behandlungsprozesse. Oder wir haben das Projekt «Kinder im Gleichgewicht», in dem wir die Prävention von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen grenzüberschreitend vernetzen wollen. Geplant sind auch Ausstellungen, die der Gesundheit und Prävention gewidmet sind. Beispielsweise eine Wanderausstellung zur «Vernetzung im Bodenseeraum» oder eine Ausstellung auf der Mainau, die im Zusammenhang mit der Nobelpreisträger-Tagung von Lindau stattfindet. Es tut sich also einiges.

Vernetzung tönt immer gut. Wie profitiert St. Gallen konkret von der Mitgliedschaft in der IBK?

Gehrer: Mit Bayern, Baden-Württemberg und beispielsweise St. Gallen kommen in der IBK sehr unterschiedliche Partner zusammen. Dank der IBK finden auch die «Kleinen» problemlos Zugang zu Regierungsmitgliedern der Schwergewichte. Dank der regelmäßigen Treffen kennt man sich, redet die gleiche Sprache. Das erleichtert auch das Ansprechen von Fragen, die mit der IBK nicht direkt zu tun haben.

Das mag für Politiker und Verwaltungsleute gelten. Was hat die Bevölkerung konkret von der IBK?

Gehrer: Die Tageskarte Euregio Bodensee ist wesentlich dank der IBK zustande gekommen. In den 70er-Jahren wäre der Bodensee beinahe «gekippt» – heute hat er Trinkwasserqualität. Ohne Zusammenwirken der Anrainerstaaten wäre die Rettung nicht gelungen. Das sind nur zwei Beispiele – es gibt andere mehr, etwa im Bereich des Kulturangebots.

Angeblich gibt es Pläne, die Bodenseeregion als «Kulturraum Bodensee» zu lancieren?

Gehrer: Der Konstanzer Bundestagsabgeordnete Peter Friedrich hat die Frage aufgeworfen, ob sich die Region Bodensee als «Kulturregion Europas» bewerben könnte. So, wie es jedes Jahr Kulturhauptstädte Europas gibt. Ich habe diese Anregung in die IBK-Kulturkommission eingespeist. Sie prüft jetzt Bedingungen und Kosten. Und natürlich die Frage, ob für ein solches Projekt auch nationale Unterstützung zu haben wäre. Im Juni werden erste Ergebnisse vorliegen – dann sehen wir weiter.

Vom Großen zum Kleinen: Die IBK vergibt jedes Jahr auch Förderpreise zu einem Wettbewerbsthema. St. Gallen hat noch nichts ausgeschrieben.

Gehrer: Die Ausschreibung wird in nächster Zeit erfolgen. Thema wird die Kulturvermittlung sein. Die Verleihung der Förderpreise wird im November in der Lokremise in St. Gallen stattfinden.

(Interview: Silvan Lüchinger/St. Galler Tagblatt v. 25.01.11)