Mit 67 Jahren: Neuer Glanz dank 4000 Litern Farbe

Das Motorschiff Karlsruhe, mit 67 Jahren eines der ältesten Schiffe der Weißen Flotte, wird komplett überholt. Die "Große Landrevision" in der Werft der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG (SBS) in Romanshorn kostet die Besitzer, die Konstanzer Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), 2,5 Millionen Euro.

In der Werfthalle der SBS in Romanshorn riecht es nach Farbe und Stahl. Dumpfe Hammerschläge und kreischende Sägen dringen aus dem schneeweißen Schiffsrumpf nach außen, während in der Kombüse Fliesen verlegt werden. Auf dem Deck schwingen Maler ihre Pinsel. 4000 Liter, also gut fünf Tonnen, weiße und rote Farbe, aber auch einen umweltfreundlichen Unterwasseranstrich werden sie am Ende dieser alle fünf bis zehn Jahre bei Passagierschiffen fälligen so genannten "Großen Landrevision" verarbeitet haben. Nachdem das Schiff die Romanshorner Werft verlassen hat, sollen letzten Arbeiten in der BSB-eigenen Werft in Friedrichshafen erledigt werden.

Zur ersten Fahrt Anfang Juni erstrahlt die 56 Meter lange, elf Meter breite und für 880 Fahrgäste ausgerüstete "MS Karlsruhe" wieder so wie bei ihrer Jungfernfahrt 1937, als Abgeordnete der Stadt Karlsruhe mit ihr erstmals über den See schipperten. Zum Dank hatten sie das noch heute im Treppengang sichtbare Intarsienbild mit dem Karlsruher Marktplatz gespendet.

Dieses Bild wird bei der im nächsten Jahr folgenden Erneuerung der Passagierräume genauso erhalten bleiben wie das 1988 mit Holz und Spiegelgläsern verkleidete Karlsruher Stübchen im Oberdeck. "Fahrgäste, Mitarbeiter und Freunde der Bodenseeschifffahrt wünschen, dass der alte Stil beibehalten wird", sagt der BSB-Technikchef Franz Dossinger. Ein Designerbüro arbeitet drei Varianten für die 500 000 Euro teure Renovierung aus. Lange habe man vor der Entscheidung gestanden, "was Richtiges zu machen oder das Schiff sterben zu lassen", sagt Dossinger. Letztlich seien die Würfel für die Erhaltung gefallen. Mit den nahezu gleichalten Motorschiffen Baden, Schwaben und Überlingen wird die Karlsruhe noch Jahrzehnte fahren.

50 Mitarbeiter der Werft, Handwerker aus dem Raum Friedrichshafen und Schiffsbauexperten der BSB und der Schifffahrtsämter haben die MS Karlsruhe in den vergangenen Monaten fast bis auf die letzte Schraube auseinander genommen. Die Spannten im Rumpf wurden einzeln überprüft. Die exakt 4,3 Millimeter dicke Schiffsschale aus Stahl wurde komplett vermessen. Dort, wo sie zu dünn war, wurden Teile ausgewechselt. Die Brandschutzanlage ist ausgewechselt.

Während der Arbeiten merkte man, dass das Dach des Führerhauses angerostet war. Beseitigt hat man den toten Winkel der Schiffsführer am Ruder. Der war nach Ansicht des Konstanzer Schifffahrtsgerichts ein MitGrund dafür, dass im August 2002 vor Friedrichshafen ein Fischerboot gerammt und der Fischer getötet wurde. Um die Sicht zu verbessern, werden jetzt Videokameras eingebaut.

Auch eine neue Radaranlage und ein modernes Navigationssystem mit elektronischer Seekarte sollen installiert werden. Die SBS-Werft will mit derartigen Aufträgen "die Position als Kompetenzzentrum für die Schiffserhaltung auf dem Bodensee festigen", sagt Geschäftsführer Martin Böller. Denn nur mit Werft, Hafen und Gastronomie könne man sich die nicht kostendeckend arbeitende Kursschifffahrt und die Fähre Friedrichshafen-Romanshorn leisten.

(Schwäbische Zeitung v. 28.02.04)

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