SPD will Klein Venedig autofrei halten

Überraschende Wende in der Debatte um das Konzert- und Kongresshaus: Der SPD-Neuzugang Frieder Schindele hat die Fraktion für einen Vorschlag zur Lösung des Verkehrsproblems gewinnen können. Danach soll es auf Klein Venedig kein Parkhaus geben, die Besucher sollen bei der Schänzlebrücke parken und mit Booten ans neue Haus gebracht werden.

Der mächtige Fraktionschef Jürgen Leipold zeigte sich von der jüngsten Idee rund ums Konzert- und Kongresshaus regelrecht begeistert. Die ungeklärte Verkehrserschließung mache vielen Konstanzern in einem Bürgerentscheid die Zustimmung zum Projekt auf Klein Venedig schwer, sagte er gestern: „Wenn wir nun gar keine zusätzlichen Autos in die Innenstadt holen, ist das wichtigste Argument gegen den Bau gegenstandslos“, meinte er. Dass er mit unrealistischen Forderungen das ganze Vorhaben in Frage stellen wolle, schloss Leipold mit Entschiedenheit aus.

Frieder Schindele, der eben erst von der Neuen Linie zu den Sozialdemokraten gewechselt ist, zählte erneut die Vorteile des Vorschlags auf. Die Besucher nicht nur des Konzerthauses, sondern auch Einkaufstouristen, könnten ihre Autos auf einem Großparkplatz bei der Schänzlebrücke lassen. Die Reichenaustraße würden sie über eine Fußgängerbrücke queren und direkt an einer neu zu bauenden Anlegestelle am Seerhein in ein Boot steigen. Es könnte nach etwa zehnminütiger Fahrt im Konstanzer Hafen, möglicherweise direkt vor dem Sea Life Centre, anlegen. Von dort aus sei es nur ein Katzensprung bis zum Konzerthaus. Auf ein riesiges Parkhaus und die teure Bahnunterführung könne man verzichten: „Wir wollen Klein Venedig autofrei halten und eine attraktive Erholungsfläche schaffen.“ Durch die gute Anbindung an Bus und Bahn könnten auch andere Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs das Haus gut erreichen, sagte der SPD-Fachmann für Nahverkehr, Jürgen Ruff. Auch über das Konzerthaus hinaus profitiere Konstanz, wenn auch Rhein und See als Verkehrsadern genutzt würden. So könne man die bestehenden oder geplanten Hotels auf dem Great-Lakes-Areal, am Benediktinerplatz, das Riva an der Seestraße oder das Inselhotel ebenso anbinden wie etwa die Therme. „Der Kongressbesuch in Konstanz würde damit zu einem ganz besonderen Erlebnis“, zeigte sich auch Leipold sicher.

Planungsrechtliche Probleme gebe es nicht, versicherte Schindele. Die derzeit als Baustofflager genutzte Fläche bei der Neuen Rheinbrücke sei im Besitz der Stadt, eine Anlegestelle könne dort ebenfalls errichtet werden. Auf Klein Venedig hält er sogar einen Stichkanal für möglich, damit die Gäste per Boot bis vor den Haupteingang fahren können: „Das ist alles aufgeschüttetes Gelände, da ist es doch auch eine ökologische Verbesserung, wenn wir einen kleinen Teil davon an den See zurückgeben“, meinte er.

Den Bootsverkehr könnten nach Ansicht der SPD die stadteigenen Bodensee-Schiffsbetriebe übernehmen. „Damit bliebe das Geld sogar in der Stadt“, sagte Jürgen Ruff. Wie teuer die benötigten Boote wären und welche Möglichkeiten von Kombitickets und Parkscheinen mit Bootsfahrkarte es gibt, soll die Verwaltung jetzt prüfen. Wenn man das Konzert- und Kongresshaus wirklich wolle, ergänzte Leipold, „dann müssen wir die Sache ohne Denkverbote angehen. Ein Haus ohne Belastung für die Bodanstraße wäre ein großer Gewinn für alle.“

(Südkurier v. 18.12.08)

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