Das Literaturschiff sticht wieder in See

Feridun Zaimoglu, Lukas Bärfuss, Norbert Gstrein und Lena Gorelik – die Literatour des IBC ist in diesem Jahr prominent besetzt

Eigentlich ist es eine ziemlich heimtückische Idee, eine Literaturlesung auf einem Schiff zu veranstalten. Die Zuhörer sind auf Gedeih und Verderb an das Programm gebunden. Eine vorzeitige Flucht – bei Nicht-Gefallen – ist unmöglich. Man muss ausharren. Bei der am Samstag, 5. Oktober, zum 26. Mal stattfindenden Litera-Tour des Internationalen Bodensee-Clubs ist das zum Glück nie ein großes Thema. Die Autoren sind meistens zu gut, die Lesungen zu spannend als dass irgendjemand Fluchtgedanken haben müsste. So auch bei der neuen Auflage in diesem Jahr. Auf dem Schiff „Karlsruhe“ werden an diesem Nachmittag lesen: Feridun Zaimoglu, Lukas Bärfuss, Norbert Gstrein und Lena Gorelik. Eine ziemlich spannende Mischung der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.

Der Mann mit dem höchsten Promi-Status aus dem Quartett ist wohl Feridun Zaimoglu. Er wird aus seinem Roman „Ruß“ lesen. Der 49-Jährige ist ein hemmungsloser Romantiker, ein wortgewaltiger Sprachdrechsler, der schon vielfach ausgezeichnet wurde: 2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Dazu kamen in den folgenden Jahren: Hugo-Ball-Preis (2005), Grimmelshausen-Preis (2007), Corine-Preis (2008) und Jakob-Wassermann-Literaturpreis (2010). Zaimoglu war Kolumnist für das Zeit-Magazin und schreibt für die Welt, die Frankfurter Rundschau, Die Zeit und die FAZ.

Ursprünglich hatte der Mann, der aus der Türkei stammt, heute aber einen deutschen Pass hat, Kunst und Humanmedizin studiert.

Einen eher naturwissenschaftlichen Hintergrund hat der Österreicher Norbert Gstrein: Er studierte Mathematik und seine Dissertation trug den schönen Titel „Zur Logik der Fragen“. Gstreins bisher größte literarische Erfolge waren sein Erstlingswerk „Einer“ und sein Roman „Die englischen Jahre“, in dem er die Suche nach der Identität des jüdischen Schriftstellers Gabriel Hirschfelder schildert. Sein Werk erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem 1989 Ingeborg-Bachmann-Preis, den Berliner Literaturpreis (1994), den Alfred-Döblin-Preis (1999) und den Uwe-Johnson-Preis (2003). Bei der Litera-Tour liest Gstrein aus dem Roman „Eine Ahnung vom Anfang“.

Aus der Schweiz auf das Schiff „Karlsruhe“, kommt der Dramatiker Lukas Bärfuss. Seine Theaterstücke werden weltweit gespielt. Mit seinem Debütroman „Hundert Tage“ wurde er für den Deutschen und den Schweizer Buchpreis nominiert. Das Quartett wird komplettiert von Lena Gorelik. Sie stammt aus St. Petersburg, lebt aber seit 1992 in Deutschland. Nach der Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München wendete sie sich der Literatur zu. Ihr erster Roman „Meine weißen Nächte“ (2004) wurde mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 2005 ausgezeichnet. Bei der Litera-Tour liest Lena Gorelik aus ihrem neuen Roman „Die Listensammlerin“.

(Michael Lünstroth/Südkurier v. 20.09.13) 

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