Bodensee: Droht schon wieder Niedrigwasser?

Seit etwa vier Wochen hat es vielerorts nicht mehr geregnet, das zeigt sich auch am Wasserstand des Bodensees. Der liegt in Konstanz derzeit bei knapp 2,97 Meter - 16 Zentimeter unter dem Durchschnittswert für diese Jahreszeit.

Die letzten stärkeren Niederschläge beispielsweise in Konstanz verzeichnete der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Stuttgart am 19. Oktober. Im November war es nach Angaben des Meteorologen Paul Dilger viel zu trocken: Lediglich 0,6 Liter pro Quadratmeter hat es an zwei Tagen in Konstanz bisher geregnet, normal ist ein Monatsdurchschnitt von rund 65 Liter.

Wasserstand stark gesunken

Die fehlenden Niederschläge sieht man auch dem Bodensee an. An vier Stellen am See (Konstanz, Friedrichshafen, Romanshorn und Bregenz) misst die Hochwasser-Vorhersage-Zentrale regelmäßig den Wasserstand. In Konstanz liegt der Pegel derzeit bei etwa 2,97 Meter, 16 Zentimeter unter dem Durchschnitt für November. Seit Mitte Oktober ist der Wasserspiegel um gute 50 Zentimeter gefallen.

Doch Werner Schulz von der Hochwasser-Vorhersage-Zentrale gibt Entwarnung : "Am Bodensee ist das nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit." Dass die gemessenen Pegel im Winter sinken, ist normal. Denn dann liegt Schnee in den Alpen und der Wasserzufluss in den See ist gering. Im Dezember, Januar und Februar liegt der Pegel-Mittelwert in Konstanz beispielsweise zwischen etwa 2,80 und 3 Metern.

Derzeit sprechen Fachleute noch nicht einmal von Niedrigwasser, denn das beginnt erst dann, wenn die Wasserlinie 2,64 Meter (Konstanz) unterschreitet. Und bis zum historischen November-Minimalpegel von 2,47 Meter im Jahr 1947 müsste es wohl noch viele Wochen trocken bleiben.

Schifffahrt bisher nicht betroffen

So hat der sinkende Wasserpegel bislang auch keine Auswirkungen auf die Bodensee-Schifffahrt, anders als im Mai dieses Jahres. Mit dem Katamaran zwischen Friedrichshafen und Konstanz habe man noch nie Probleme bei Niedrigwasser gehabt, sagt Silke Rockenstein von den Stadtwerken Konstanz, die den Katamaran zusammen mit den Technischen Werken Friedrichshafen betreiben. Auch die Autofähren zwischen Meersburg und Konstanz sowie zwischen Friedrichshafen und Romanshorn hätten bisher keine Schwierigkeiten.

Die Kursschiffe der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) fahren im Spätherbst und Winter ohnehin nicht. Und auch Freizeit- und Sportboote sind in dieser Jahreszeit kaum noch unterwegs: "Es gab in letzter Zeit keine Zwischenfälle mit gestrandeten Booten", sagt Fritz Bezikofer, Pressesprecher der Polizeidirektion Konstanz.

Tieren und Pflanzen schadet Niedrigwasser nicht

Auch der Tier- und Pflanzenwelt macht der unterdurchschnittliche Wasserspiegel nichts aus. Im Gegenteil: Nach Angaben von Michael Dienst von der Arbeitsgemeinschaft Bodenseeufer hat der niedrige Pegel sogar gewisse Vorteile. "Zugvögel haben gerne Schlickflächen, die es durch den fehlenden Niederschlag eher gibt", erklärt der Biologe. So habe Ende vergangener Woche beispielsweise eine große Gruppe Kraniche auf ihrem Weg in den Süden einen Stop am See gemacht. Und auch der Strandrasen - Pflanzen, die nur am Bodensee vorkommen - kann sich bei niedrigerem Wasser etwas erholen. Denn bei hohem Pegel setzen ihm Brandung und Schwemmgut zu.

Niedrigwasser wird laut Michael Dienst erst im Frühjahr zum Problem: Dann breitet sich beispielsweise Schilf am Ufer aus und schränkt die Brutplätze für bestimmte Vogelarten ein.

So soll das Wetter in den kommenden Tagen werden

Für das trockene Wetter ist ein kräftiges Hoch über Mittel- und Osteuropa verantwortlich. "Das ist eine Großwetterlage ähnlich wie im April und Mai", sagt Paul Dilger vom DWD. Niederschläge wird es wohl auch in den kommenden Tagen in der Bodenseeregion nicht geben. "Über das Wochenende hinaus wird es trocken bleiben", prophezeit Dilger. Erst ab Mitte nächster Woche könnte sich das Wetter ändern und ein paar Regentropfen fallen. Vielleicht bekommt der Bodensee dann den ein oder anderen Zentimeter verlorenes Wasser wieder zurück.

(Ulrike Ebner/Südkurier v. 18.11.11)

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