Der lange Weg zum Museum

Vor 25 Jahren wurde das Romanshorner Ortsmuseum im alten Zollhaus eröffnet. Vorausgegangen waren jahrzehntelange Diskussionen. Und die Initianten mussten manche Hürde bis zur Eröffnung am 18. Juni 1988 nehmen.

In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden im Kanton Thurgau zahlreiche Heimatmuseen, so in Arbon, Bischofszell, Amriswil, Steckborn und Kreuzlingen. Auch in Romanshorn wurde der Ruf nach einem Museum laut. In einem Artikel in der Schweizerischen Bodensee-Zeitung vom 23. April 1938 schreibt J. Schoch: «Viel Ehrwürdiges und Erhaltenswertes wird zum Vorschein kommen, wenn wir uns auch in Romanshorn aufraffen, das zu tun, was uns die Pflicht vor der Vergangenheit und vor den nach uns kommenden Geschlechtern gebietet. Man kann nur wünschen, dass man auch bei uns handelt, solange es noch Zeit ist und bevor die letzten Andenken an die Kultur der früheren Bewohner unserer Heimat in alle Winde zerstreut sind.» Es dauerte dann aber noch 50 Jahre bis zur Eröffnung eines Ortsmuseums in Romanshorn.

Bürgergemeinde treibende Kraft

Die Ausstellung über die Renovation der Alten Kirche in den Jahren 1965 bis 1969 stieß bei der Bevölkerung auf großes Interesse, und es entsprang der Gedanke an ein eigenes Ortsmuseum. Die Initianten waren Max Tobler und Johann Müller.

1977 ließ der Bürgerrat die Häuser Dr. Labhart und Zanetti im Hinblick auf eine Eignung als zukünftiges Museum begutachten. Der Befund war negativ, weil die finanziellen Aufwendungen für die Bürgergemeinde zu hoch gewesen wären.

Auf Einladung und Initiative von Bürgerpräsident Johann Müller trafen sich im November 1982 im «Hirschen» Jörg Affolter, Christian Bötschi, Oskar Dünner, Paul Giezendanner und Max Tobler zu einem Gedankenaustausch über das künftige Museum. Diskutiert wurde auch dessen Ausrichtung. Themen wie Verkehr, Schifffahrt, Bahn, allgemeine Entwicklung und Wechselausstellungen sollten im Vordergrund stehen. An der Bürgergemeindeversammlung vom 8. April 1983 wurde beschlossen, aus dem Reingewinn vom Verkauf der Jubiläum-Gedenkmedaille 1979 10 000 Franken für ein Museum zu reservieren.

Durch den Bau des Dienstleistungszentrums (DLZ) wurden im alten Zollgebäude Räumlichkeiten frei. Bereits Ende 1983 meldeten die Initianten eines Museums bei den SBB ihr Interesse an. Die inzwischen gegründete Arbeitsgruppe «Pro Ortsmuseum Romanshorn» ersuchte zu Beginn des Jahres 1984 die Gemeindebehörde um Unterstützung. Diese wollte sich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht festlegen.

Vereinsgründung 1985

Zügig trieben Johann Müller und Max Tobler die Vereinsgründung voran. Am 2. September 1985 war es so weit. 34 Personen hoben im Hotel Bodan die Museumsgesellschaft Romanshorn aus der Taufe. Zum ersten Präsidenten wurde Johann Müller gewählt. Die Freude wurde am Schluss der Versammlung etwas gedämpft, als der Gemeindeammann erklärte, der Gemeinderat wolle den Jahreszins von 6000 Franken nicht übernehmen. Er sei zu hoch. Nach einem erneuten Gesuch war der Gemeinderat bereit, der Museumsgesellschaft einen jährlichen Beitrag von 3000 Franken zu leisten. Ab 1990 übernahm die Gemeinde die vollen Mietkosten.

Im Oktober 1985 konnte der Mietvertrag für die drei Räume im Parterre des alten Zollhauses unterzeichnet werden. Dass ein Ortsmuseum ein Bedürfnis war, zeigen auch die Mitgliederzahlen. Bis zur Eröffnung des Museums erklärten 266 Personen den Beitritt zur Museumsgesellschaft.

Eröffnung am 18. Juni 1988

Es wurmte die Museumsleute ein wenig, dass sie von der Gemeinde keinen Zustupf für den Aufbau des Museums erhalten hatten. Der ins Leben gerufene Bibliotheksverein Romanshorn hingegen wurde von der Behörde mit 70 000 Franken für den Aufbau einer Bibliothek unterstützt.

Mit großem Elan wurde Museumsgut zu den Themen Bahn, Hafen, Trajekt, Schifffahrt und Dorfentwicklung gesammelt. Dank dieser immensen Vorarbeit kann das Museum heute auf einen großen Ausstellungsfundus zurückgreifen. Das Verkehrshaus in Luzern hat der Museumsgesellschaft verschiedene Gegenstände zum Thema Eisenbahn leihweise überlassen.

Am 18. Juni 1988 konnte in den Räumen der ehemaligen Güterexpedition SBB das «Kleine Museum am Hafen» eröffnet werden. Johann Müller führte das «Kleine Museum am Hafen» mit großem Engagement zusammen mit seinen getreuen Helfern während rund 16 Jahren bis zu seinem Tod im Jahr 2004. Für die nächsten fünf Jahre übernahm Christoph Sutter das Präsidium. Ihm fiel die Aufgabe zu, das Museum in die Zukunft zu führen.

Neustart 2009

Unsichere Zeiten kamen auf die Museumsgesellschaft zu, als die SBB dazu übergingen, einzelne Gebäude rund um den Hafen an die Meistbietenden zu verkaufen. Plötzlich war der Standort nicht mehr gesichert. Trotz Kaufangebot der Gemeinde erhielt Peter Fratton den Zuschlag für das alte Zollhaus. Vorsorglich war mit ihm vereinbart worden, dass er im Falle eines Zuschlags einen Viertel der Geschossflächen der Museumsgesellschaft zur Verfügung stellen müsse. Ende Mai 2006 schloss das «Kleine Museum am Hafen» die Tore.

Bereits im Dezember 2007 wurde der Mietvertrag zwischen Fratton und der Politischen Gemeinde für die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Den Mietzins übernimmt die Politische Gemeinde.

Seit Februar 2008 steht der Museumsgesellschaft die gesamte Fläche des Dachgeschosses zur Verfügung. Die Gesamtinvestitionen betrugen rund 200 000 Franken. Finanziert wurden sie mit dem Eigenkapital des Vereins und Sponsorengeldern. Das neue Konzept hat sich bewährt. In der Dauerausstellung wird die Verkehrsgeschichte und Entwicklung von Romanshorn ab ca. 1800 bis heute dargestellt. Die Schwerpunktthemen heißen: Bodensee, Hafen, Schifffahrt, Trajekt, Eisenbahn und Dorfentwicklung. Am 3. Juli 2009 konnte das Museum am Hafen wieder eröffnet werden.

*Max Brunner ist Präsident der Museumsgesellschaft und Ortschronist von Romanshorn

(Max Brunner*/St. Galler Tagblatt v. 14.06.13)

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