«Den Daumen draufhalten»

Bei ihrem Besuch der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt in Romanshorn erhielten die Vertreter des Amriswiler Gewerbevereins einen exklusiven Einblick. Der Rundgang durch die Werft führte sie auch zur MS Thurgau.
Das älteste Schiff der Flotte wird zurzeit auf Vordermann gebracht. Es füllt mit seinen stattlichen Massen die
Hauptwerkstätte fast komplett aus. Anfang Januar sei es ausgewassert worden, Mitte Februar werde es wieder eingewassert, war zu erfahren. Zwei Tonnen Farbe würden in dieser Zeit am Schiff «verstrichen».

Leider seien die Räumlichkeiten der Romanshorner Werft für die Reparatur mancher Bodensee-Schiffe zu klein, berichtete Verwaltungsratspräsident Hermann Hess. Als Option zur heutigen (verzettelten) Situation nannte er den Bau einer gemeinsamen Werft für alle drei Schifffahrtsgesellschaften – «zum Beispiel in Romanshorn».

Leerläufe verhindern

Um die SBS in Schweizer Händen zu halten, entschloss sich eine private Unternehmergruppe Ende 2006, die zum Verkauf stehende Schifffahrtsgesellschaft der SBB abzukaufen. Die SBS sei damals in einem miserablen Zustand gewesen, machte Benno Gmür, der im Frühling 2009 als Geschäftsführer eingesetzt wurde, deutlich. Doch auch nach der Übernahme blieb das Unternehmen defizitär. Der Maßnahmenkatalog von «Sanierer» Gmür («Ich habe in den letzten zehn Jahren sechs Firmen saniert») beinhaltete unter anderem eine Personalreduktion und längere Arbeitswochen. Er danke den Mitarbeitern für ihre Bereitschaft, den neuen, effizienteren Weg mitzugehen. Die Amriswiler Gewerbler wies der SBS-Geschäftsführer darauf hin, dass es in den meisten Unternehmen unglaublich viele Leerläufe gebe. Er forderte sie auf, nicht davor zurückzuschrecken, da «den Daumen drauf zu halten». Eine Studie in Deutschland etwa habe ergeben, dass 60 Prozent der Büromitarbeiter am Morgen als Erstes die Kaffeemaschine bedienten…

Delegieren und ignorieren

Weiter sprach Benno Gmür die heutige Informationsflut an. Man müsse ignorieren können. Wer laufend die eingehenden E- Mails beantworte, komme auf keinen grünen Zweig. «Ein Pöstler bringt auch nicht alle fünf Minuten Briefe.» Gmürs Tip an Chefs: «Führt nur selbst aus, was sowohl wichtig als auch dringend ist.»
Hermann Hess, selbst Mitglied des Amriswiler Gewerbevereins, würdigte Gmürs Verdienste. Er habe in gut acht Monaten
mehr erreicht als andere in Jahren. «Er zeigt irrsinnigen Einsatz, verfügt über große Fachkompetenz und viel Erfahrung.» Hess ist überzeugt, dass der eingeschlagene Weg zum Erfolg führen wird. Man wolle eine Steigerung der touristischen Attraktivität und Bekanntheit des Bodensees erzielen – zum Eigennutzen, aber auch zum Nutzen der Region. Dem Tourismus werde im Kanton leider zu wenig Bedeutung beigemessen. Hess sähe ein Potenzial von mehreren Tausend zusätzlichen Arbeitsstellen im Thurgau.

(St. Galler Tagblatt v. 21.01.10)

zurück