«Rechnung war schnell gemacht»

Das Massivlagerhaus am Romanshorner Hafen steht für 8,75 Millionen Franken zum Verkauf. Zwei ehemalige Interessenten der Liegenschaft halten den Preis für zu hoch. Das eigentliche Problem sehen sie aber an einem anderen Ort.

Besitzer Walter F. Meyer im englischen Etchingham will einen «guten Preis» für die seit Jahren leerstehende Liegenschaft, wie er letzte Woche gegenüber der Thurgauer Zeitung erklärte.

Ausgeschrieben ist sie für 8,75 Millionen Franken, was viel mehr ist, als die SBB 2006 beim Verkauf an die Dr. Haaks Massivlagerhaus AG lösten: Die Bundesbahnen bekamen zwischen 2,5 und 3 Millionen Franken. Das Massivlagerhaus hat in der Zwischenzeit zwar angeblich mehrmals die Hand gewechselt. Es ist aber nie ein Franken ins Gebäude investiert worden.

Schwer nachvollziehbar

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sei für ihn der Preis «schwer nachvollziehbar», sagt Beat Hirt, Verwaltungsratspräsident der Provida. «Es ist kein Mehrwert entstanden, auch nicht in Form eines genehmigten Projektes.» Er glaube deshalb eher nicht, dass sich für 8,75 Millionen Franken ein Käufer finde, zumal zusätzlich mit Investitionen zwischen 25 und 30 Millionen Franken für den Umbau gerechnet werden müsse. «Auf diesen Betrag sind bis jetzt alle gekommen, die etwas machen wollten», sagt Hirt.

Der Romanshorner Rechtsanwalt kennt den Immobilienmarkt und weiß als Teilhaber der Schweizerischen Bodensee-Schiffahrtsgesellschaft AG (SBS) insbesondere auch über das Massivlagerhaus genau Bescheid.

Denn Hirt und die anderen Mitglieder der Investorengruppe überlegten sich vor fünf Jahren, nebst der Weißen Flotte auch den ehemaligen SBB-Speicher zu kaufen. «Wir haben dann aber die Finger davon gelassen. Die Rechnung war schnell gemacht», sagt Hirt. Die Rentabilität sei damals schon nicht gegeben gewesen, und sie sei es heute noch viel weniger bei den aktuellen Preisvorstellungen.

Problem Denkmalpflege

«Das Problem ist, dass das Massivlagerhaus integral geschützt ist», sagt Hirt. Interessenten werden in den aktuellen Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine enge Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege nötig ist. Zudem fehle der Umschwung, weist Hirt auf einen weiteren Schwachpunkt hin. «Weder für mich noch die SBS ist das Massivlagerhaus heute ein Thema.»

Zu einer ähnlichen Beurteilung kommt Immobilienhändler Rolf Beerli, der sich 2006 ebenfalls für das Massivlagerhaus interessierte, dann aber schließlich wie die SBS keine Offerte bei den SBB einreichte. «Ich habe mich seinerzeit intensiv mit dem Gebäude beschäftigt.» Ein grosses Problem seien die Auflagen der Denkmalpflege, die einem Umbau enge Grenzen setzen würden. Er habe das Dach verglasen wollen, um so mehr Licht ins Gebäude zu bringen. «Das geht nicht, hat man mir damals gesagt», erinnert sich Beerli. Diese «sture Haltung» verunmögliche eine sinnvolle und wirtschaftlich tragbare Umnutzung des Gebäudes, kritisiert Beerli. «Es sind bauliche Eingriffe nötig, sonst hat es keinen Sinn.»

Wie Hirt ist Beerli erstaunt über die Preisvorstellung. «Ich habe meine Zweifel, dass es auf dieser Basis funktioniert.» Denn ein Umbau des Massivlagerhauses werde teuer.

Spekulationsobjekt geworden

«Ich habe den Eindruck, dass die Liegenschaft zu einem Spekulationsobjekt geworden ist», sagt Beerli. Er jedenfalls würde es nicht zu diesem Preis kaufen. Er habe aber sowieso kein Interesse.

Grundsätzlich sei die Liegenschaft aufgrund der Lage durchaus attraktiv, und sie lasse auch unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten zu, sagt Beerli. Er habe sich vor fünf Jahren überlegt, Wohnungen zu bauen und ein Gastro-Angebot zu schaffen.

Besitzer Walter F. Meyer war gestern nicht zu erreichen.

(Markus Schoch/St. Galler Tagblatt v. 05.01.12)

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