Mit der Fähre zur Arbeit

Sie pendeln jeden Tag mit der Fähre nach Friedrichshafen an die Arbeit. Die Grenzpendler vom Bodensee sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Und sie sind überzeugt: Sie haben den schönsten Arbeitsweg, den es gibt.

Es ist morgens um halb acht, nur wenige Autos fahren auf die Fähre. Es ist ruhig zur Ferienzeit. August Aepli steigt aus seinem Audi und geht die Treppe hoch ins Fähre-Restaurant. Nur kurze Zeit später gesellen sich Michael Ebenhoch, Axel Hunziker und Patrik Studerus zu ihm an den Tisch. Die Platzordnung ist klar verteilt, nicht offiziell, aber irgendwie habe sich das ergeben. «Wir treffen uns hier fast jeden Tag beim Pendeln nach Friedrichshafen», sagt August Aepli. Sie sind die Grenzpendler vom Bodensee.

15 Jahre Pendeln mit der Fähre

Etwa zehn Personen treffen sich immer wieder auf der Fähre. «Selten sind aber alle zusammen da», sagt August Aepli. Die einen seien auf Geschäftsreise, in den Ferien, seien schon früher zur Arbeit gegangen oder gingen später. Die Gruppe habe sich spontan gebildet. «Man sieht sich halt jeden Tag, da kommt man schon mal ins Gespräch», sagt Aepli. Auch dem Personal auf der Fähre ist die muntere Truppe bekannt. Im Fähre-Restaurant müssen die vier deshalb auch nicht bestellen, der Service kommt vorbei und weiss genau, wie sie ihren Kaffee trinken wollen. 40 bis 45 Minuten dauert die Fahrt. In dieser Zeit reden die Männer über Politik, Sport, die Arbeit oder Tagesaktualitäten. «Wir haben den schönsten Arbeitsweg, den es gibt», sagt August Aepli. Er pendelt seit 15 Jahren mit der Fähre nach Friedrichshafen. Der Commercial Manager aus Gossau schätzt die Fahrt auf dem See. «Ich habe auch schon im Auto geschlafen», sagt er. So sei Pendeln erholsam. Aepli fährt seit 15 Jahren mit der Fähre nach Friedrichshafen. Er schätzt die Fahrt auf dem See. Genauso wie sein Mitpendler Michael Ebenhoch. «Wir können auf der Fähre einen Kafi trinken und schwatzen. Das ist gemütlicher als Autofahren.» Der 38-Jährige pendelt seit fünf Jahren auf der Fähre. Der Tag beginne quasi am Stammtisch mit Freunden. Denn in den Jahren, in denen sich die Grenzpendler auf der Fähre treffen, sind Freundschaften entstanden. «Wir laden uns teils an runde Geburtstage ein, aber auch schon an Hochzeiten», sagt Axel Hunziker, der von Uttwil her pendelt.

Bei stürmischer See

Jeden Tag sei die Überfahrt anders, der See habe immer eine andere Farbe und jeder der Grenzpendler habe wohl ein Bild vom See während der Überfahrt auf seinem Handy, sagt der Steinacher Patrik Studerus. Bei Föhnlage sehe man den Alpstein und den Säntis, bei Gewittern sei der Himmel spannend mit Wolken. Schlecht werde den Pendlern bei starkem Wellengang nie. «Einmal sind aber die Teller beim Buffet des Restaurants runtergefallen, weil es etwas stürmisch war», erinnert sich Hunziker.

Andere Schwierigkeiten beim Pendeln gab es schon, weil die Rampe nicht hochgeklappt werden konnte. «Einmal sind wir angekommen, und die Rampe konnte nicht runtergelassen werden. Da musste mein Auto halt etwas auf der Fähre stehen bleiben», sagt Hunziker. Unangenehm sei das Pendeln während Messen. «Die Fähre und das Restaurant sind dann voll», sagt Patrik Studerus. Dann sitzen die Grenzpendler manchmal einfach im Auto. Stören könnten auch Touristen. «Es ist halt laut an diesen Tagen», sagt er. Obwohl er natürlich nichts gegen Familien habe, meint er schmunzelnd. Auch tragische Erlebnisse wissen die Pendler zu berichten. «Einmal versuchte sich jemand das Leben zu nehmen. Doch ein Mitglied der Schiffscrew konnte ihn grade noch packen», sagt Studerus.

Teurer mit dem Auto

Friedrichshafen rückt näher. Die vier Grenzpendler bezahlen ihren Kaffee. «Würden wir mit dem Auto über das Festland fahren, würde das wohl gleich lang dauern, aber es ist teurer», sagt Ebenhoch. Denn man müsse die Kilometer, das Benzin und die Maut für die Autobahn in Deutschland und Österreich mit berechnen. «Und manchmal steht man im Stau.»

Die vier Pendler verabschieden sich gutgelaunt. Nach einer gemütlichen Fahrt mit der Fähre beginnt ihr Arbeitsalltag in Friedrichshafen.

(Michéle Vaterlaus/St. Galler Tagblatt v. 16.07.12)

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