Vom Schiffsdeck in den Hörsaal


Wie kommt eine Studentengemeinschaft eigentlich dazu, sich "Schiffenia" zu nennen? Vielleicht, weil für Menschen, die hier am See leben, Schiffe und Wasser eine ganz besondere Anziehungskraft ausstrahlen? Die älteste, weil auch bislang einzige Studentenverbindung Friedrichshafens feiert heute und morgen ihren 50. Geburtstag - mit einem Frühschoppen, einem Herrenabend mit Damen im Buchhorner Hof, einer Katamaranfahrt nach Konstanz und einem zünftigen Ausklang in der "Gutsschenke" in Meersburg.

Gut möglich, dass die Katamaranfahrt bei manchen der Teilnehmer nostalgische Erinnerungen auslösen wird. Denn so löst sich auch das Rätsel um den Namen: Die Mitglieder der "Schiffenia", erzählt deren Präsident Hermann Stahl, waren jahrelang nahezu täglich mit den Kursschiffen der Deutschen Bundesbahn von Friedrichshafen nach Konstanz gefahren.
 
Gegründet wurde die "Schiffenia" im Wintersemester 1956/57 von Häfler Studenten des Staatstechnikums Konstanz. Bereits in den Folgejahren wuchs die Gemeinschaft stetig. 1959 kamen jene ehemaligen Kommilitonen hinzu, die ihr Studium bereits abgeschlossen hatten. 1966 schlossen sich die Häfler Studenten der Fachhochschule Ravensburg an - obgleich sie nicht auf schwankenden Planken an ihren Studienort fahren mussten. Seither und bis heute treffen sich die "Schiffenianer" regelmäßig zu gemeinsamen Unternehmungen und Veranstaltungen. Waren es einst bis zu 220 Häfler, die der "Schiffenia" angehörten, erhalten heute noch rund 50 Mitglieder das Jahresprogramm.

"Leider haben wir seit vielen Jahren keinen Nachwuchs mehr", erzählt Stahl. "Es ist nicht mehr üblich, nicht in der Studierstadt zu wohnen und man kann sich das heute auch leisten." Doch inzwischen sind die beiden größten Städte am See ja wieder über eine schnelle Schiffsverbindung einander nähergerückt. Ein Hoffnungsschimmer? "Vielleicht eröffnet die Katamaranverbindung neue Perspektiven und uns neue Mitglieder. Das wären dann wohl Katamaranianer, eine Unterabteilung der Schiffenia", meint Stahl scherzend.

Immerhin: Es ist ein nicht uninteressanter Teil der Häfler Stadt- und Industriegeschichte, denn über 200 Ingenieure, die überwiegend in der Häfler Industrie ihre Ausbildung absolviert haben, bekundeten und bekunden heute noch ihre Zugehörigkeit zur "Schiffenia". Aus den einstigen Studenten sind Konstrukteure, Ingenieure, Führungskräfte, Firmengründer und -inhaber geworden.

(Helmar Grupp/Südkurier v. 06.10.06)

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