Ein schwimmendes Labor

SÜDKURIER-Mitarbeiter Volker Geiling war einen Tag lang mit dem Forschungsschiff "Kormoran" unterwegs. Die wichtigste Aufgabe des Schiffs ist der Schutz des Bodensees.

Er ist über 22 Meter lang und fünf Meter breit, wiegt 75 Tonnen und ist 20 Stundenkilometer schnell. Gemeint ist der "Kormoran", das Forschungsschiff des Instituts für Seenforschung (ISF) in Langenargen. Einen Tag lang hatte SÜDKURIER-Mitarbeiter Volker Geiling Gelegenheit, die Arbeit an Bord des Schiffes mitzuerleben.

Es ist 8.10 Uhr. Schiffsführer Andreas Schießel wirft die zwei MAN-Dieselmotoren mit einer Leistung von je 203 Kilowatt an und steuert aus dem Hafen auf die Schweizer Bergwelt zu und dem Morgenrot entgegen. „Es ist zwar jetzt noch saukalt, aber im Laufe des Tages wird's warm, wenn der Wetterbericht Wort hält“, tröstet der gebürtige Lindauer seine heutige Mannschaft, den stellvertretenden Institutsleiter und Pressereferenten Herbert Löffler, Hartmut Kaiser, Diplom-Ingenieur für Chemie, Klaus Weih, den Experten für Sondentechnik im Bereich Seenphysik, Andreas Jurischitz, chemisch-technischer Mitarbeiter, und Tobias Stähle, der im Institut ein freiwilliges ökologisches Jahr ableistet.

„Beobachten, Bewerten und Beraten. Nach diesen Grundsätzen arbeitet unser Institut seit nunmehr über 90 Jahren“, erklärt Herbert Löffler. Es sei sicherlich kein Vergnügen gewesen, in den Zwanziger Jahren bei Wind und Wetter Wasserproben aus dem See zu ziehen. Von einem kleinen, offenen Boot aus habe man die Proben mit einer ziemlich zerbrechlich aussehenden Haspel aus der Tiefe holen müssen. „Die Zeiten haben sich Gott sei dank geändert. Das Institut verfügt seit 2003 über ein sehr modernes Forschungsschiff, eben den Kormoran“, so Andreas Schießel, ein studierter Biologe. Das Schiff ist ausgerüstet mit Geräten und allem, was ein derartiges „Werkzeug“ für die Forschung braucht: Computer, GPS-Satellten-Navigation, Echolot-Technik, hydrographische Mehrzweckwinden, Multifunktions-Messsonden, Tiefenwasserschöpfer, Geräte für die Entnahme von Seebodenproben und vieles mehr.

 Das ISF verfüge außerdem mit der Wasserschutzpolizei über eine gemeinsame ferngesteuerte Unterwasser-Videokamera, den „Searover“. Damit lassen sich bequem vom Innern des Begleitschiffs aus spannende und aufschlussreiche Ausflüge in die Tiefen des Bodensees unternehmen. „Da fühlt man sich manchmal sogar in eine Canyonlandschaft versetzt. Auch über das Leben der Fische haben die Forscher mit dieser Kamera viel Neues erfahren“, schwärmt der Wissenschaftler. So hätten sie Barsche am Seegrund in 250 Meter entdeckt und beobachten können, wie sich der Fischnachwuchs in eigens zu seinem Schutz im See versenkten, mit Reisig gefüllten Stahlkäfigen, den so genannten Fischreisern, wohl fühlte. Durch das Echolot sieht man aber auch oft nicht so Erfreuliches unter Wasser, so versunkene und havarierte Boote und Schiffe und die 1994 abgestürzte Cessna vor Altenrhein mit ihren getöteten Insassen.

„Diese heutige Tour machen wir alle vier Wochen für die Internationale Gewässerschutz-Kommission im Obersee, einen Tag später im Untersee. Wir ziehen dafür Wasserproben aus Tiefen bis 250 Meter und machen auch Netzfänge vom Plankton“, erläutert Hartmut Kaiser. Die einzelnen Daten laufen zum Teil über den Bordrechner direkt zum Institut.

„Der Bodensee steht also mit allen seinen Daten immer unter Kontrolle. Diese vorsorglichen Maßnahmen sind besonders wichtig, bevor Schäden entstehen, die oft nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können“, zieht Herbert Löffler das Fazit.

„Kormoran“

Das Forschungsschiff Kormoran wurde auf der Bodan-Werft in Kressbronn gebaut und im Jahre 2003 in Dienst gestellt. Die Gesamtkosten für diese Sonderanfertigung beliefen sich auf 2,4 Millionen Euro.

Das Schiff ist auch bei hohen Windstärken und Seegang einsatzfähig. Es kann außerdem bei Sondereinsätzen, zum Beispiel bei Havarien, benutzt werden. Das Schiff absolviert jährlich rund 1000 Betriebsstunden.

(Volker Geiling/Südkurier v. 09.02.11)

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