Diskussion um Rolli-Fahrer an Bord

Die privaten Schifffahrtbetriebe in Überlingen sind sich uneins darüber, ob die Beförderung von Rollstuhlfahrern in jedem Falle möglich ist. Beide Seiten erläutern ihre Sicht der Dinge.

Die Sommerhitze ist vorüber, doch bei den privaten Überlinger Betrieben der Linien- und Tourschifffahrt herrscht weiter dicke Luft. Anlass dafür ist die Frage, wer Rollstuhlfahrer zu einer Fahrt auf dem Bodensee mitnimmt – oder ihnen in einigen Fällen die Mitreise ablehnt.

Seit einigen Wochen, gerade während der Hauptsaison im August, habe die Firma Heidegger immer wieder Rollstuhlfahrer abgewiesen, beschweren sich die beiden konkurrierenden privaten Betriebe Giess und Held. „Das wirkt für die Überlinger Schifffahrt insgesamt kunden- und fremdenverkehrsunfreundlich. Das spricht sich doch rum“, fürchtet etwa Ewald Giess. Und auch Thomas Held treibt die Sorge um, dass „der Fahrgast nicht unterscheidet und alle Betriebe in einen Topf wirft“.

André Heidegger wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Wir nehmen grundsätzlich auch Rollstuhlfahrer mit. Aber es gibt Fälle, bei denen das einfach nicht möglich ist.“ Rollstuhlfahrer in schweren Elektro-Rollstühlen oder ohne Begleitung könnten laut Heidegger aufgrund des Gewichts nicht die Treppen auf das Deck hinauf und hinunter getragen werden, wenn sie nicht mit Unterstützung einige Schritte laufen können. Die Situation, dass die Mitarbeiter einem Rollstuhlfahrer aus Sicherheitsgründen die Mitfahrt verweigern müssten, sei „recht selten“. „Unsere Schiffe sind, wie alle Schiffe der privaten Schiffsbetriebe, nicht behindertengerecht“, erklärt Heidegger. Da wären zum einen die Treppen, zum anderen fehle an Bord eine Toilette für Behinderte. André Heidegger betont: „Deshalb sind wir auch nicht zur Beförderung von Rollstühlen gesetzlich verpflichtet.“

Dies bestätigen Giess und Held. Jedoch: „Es geht um die Bereitschaft, zu helfen. Natürlich muss man behilflich sein, aber dann gab es bei uns nie Probleme“, wundert sich Thomas Held. Er habe noch nie einen Rollstuhlfahrer abgewiesen, ebenso bestätigt dies Giess für sein Unternehmen. „Elektro-Rollstühle sind tatsächlich sehr schwer, aber davon haben wir nicht einmal fünf im Jahr“, meint Held.

Beiden Konkurrenten ist zudem schleierhaft, wieso Heidegger erst in dieser Saison Beschränkungen für Rollstuhlfahrer eingeführt hat. „Vorher hat er sie doch auch aufgenommen“, sagt Ewald Giess. Es stünde der Firma frei, dies für sich zu entscheiden. „Doch er muss es für die Gäste kenntlich machen“, findet Giess.

Die Kur- und Touristik (KuT) Überlingen ist derzeit gemeinsam mit den Schiff-Fahrtsbetreibern um Schlichtung bemüht. „Wir werden uns zu einem Gespräch treffen, um eine Möglichkeit für eine einheitliche Regelung zu finden“, erklärt KuT-Chef Jürgen Jan Kowiak.

(Südkurier v. 21.09.12)

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