Rettungsanker für die "Überlingen"

Thomas Schüller will Motorschiff zum Kultur-Treff machen - Appell kommt aber wohl zu spät

Thomas Schüller hat einen Traum: Er will die "MS Überlingen" vor der Verschrottung retten und regt eine Nutzung des ausgemusterten Schiffs als fest-vertäuter Kultur-Treffpunkt an. Doch wie es aussieht, kommen diese Pläne zu spät auf den Tisch: Schon in gut sechs Wochen sollen an der "Überlingen" die Schneidbrenner nagen.

Der 43-jährige Thomas Schüller ist ein echter Enthusiast und hat sich gewissermaßen in die außer Dienst gestellte "Überlingen" verliebt - dabei wohnt Schüller gar nicht am See. Er studiert in Weingarten auf ein Grundschul-Lehramt, nachdem er sich zuvor evangelischer Theologie gewidmet und eine Lehre als Orgelbauer absolviert hatte. Seine Leidenschaft für historische Verkehrsmittel hat indes Hand und Fuß: "Ich bin Mitglied in verschiedenen Museumseisenbahnvereinen, habe in jungen Jahren schon am Erhalt eines historischen Berliner S-Bahn-Triebwagens aus dem Jahr 1927 mit gewirkt und mich zuletzt für den Erhalt der ,MS Allgäu' eingesetzt", so Schüller im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Schüller, der die letzte Fahrt der "Überlingen" Ende vergangenen Jahres selbst miterlebt hat, tut es in der Seele weh, wenn er an das Schicksal des Schiffes denkt. Die Eigner, die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), haben die "Überlingen" mittlerweile an die ÖSWAG Werft Linz in Fussach (Vorarlberg) übergeben mit dem Auftrag, das Schiff abzuwracken. Damit soll in wenigen Wochen begonnen werden, bis Ende des Quartals, so die Pläne, sollen von dem einst stolzen Motorschiff nur noch Eisen- und Holzspäne übrig sein. "Dabei brauchen wir nur Zeit und Geduld, dann könnte die ,Überlingen' noch viele Jahre von wunderbarem Nutzen sein", ist Thomas Schüller überzeugt. Sein Traum dabei: Die "Überlingen" liegt fest vertäut an der Promenade, bietet eine Gastronomie und vor allem Raum, der zur Kultur einlädt - das können Lesungen, Vernissagen, aber auch andere Veranstaltungen sein, so der Mann, der sich über die Jahre nach eigener Einschätzung ein "profundes Laien-Wissen" in Elektro- und Motorentechnik und auch im Schiffsbau angeeignet hat.

Um diesen Traum doch noch verwirklichen zu können, schwebt Schüller ein Förderverein vor, der sich aus der Mitte der Überlinger Bürgerschaft bilden könnte. Damit, so seine Überzeugung, würde schon einmal der feste Wille zementiert, die "Überlingen", nicht einfach sang- und klanglos den Bach runter gehen zu lassen. Natürlich braucht es zum Erhalt des Schiffes in erster Linie eine Masse Geld, das weiß auch Schüller. Doch für ihn steht zunächst im Vordergrund, trotz aller Zeitnot das Schiff noch vor den Schneidbrennern zu retten - und das geht nach seiner Überzeugung nur mit Entschlossenheit und dem vereinten bürgerschaftlichen und politischen Willen der Stadt Überlingen.

OB Volkmar Weber kennt Schüllers Absichten und hat mit ihm bereits ein Gespräch geführt. Doch das Stadtoberhaupt bleibt bei allem Lob für die Initiative realistisch: "Eine Rettung der Überlingen' zu diesem Zeitpunkt ist ein ganz schwieriges Unterfangen. Auch die Stadt hat sich schon vor der letzten Fahrt des Schiffes überlegt, einen Gastronomen zu finden, der das Motorschiff an einem festen Liegeplatz bewirten sollte. Aber nach mehreren Gesprächen kam es zu keinem Abschluss", so der Oberbürgermeister. Für ihn steht deshalb jetzt vor allem eines im Vordergrund: "Wir wollen den Namen ,Überlingen' in jedem Fall einem neuen Schiff der Weißen Flotte geben". Entscheiden werde darüber schlussendlich der BSB-Beirat. Doch die Stadt mache weiter Druck - zuletzt bei einem Gespräch am Freitag vergangener Woche, so Weber.

Thomas Schüller wirkt an einer Seite zum Schiffsbetrieb auf dem See mit: www.bodenseeschifffahrt.de

(Roland Burger/Südkurier v. 06.02.06)

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