"Löwe braucht Gehege"


Die Gespräche zwischen Konstanz und Lindau über die Zukunft des Hafens der Inselstadt ziehen sich bereits über drei Jahre hin. Verhandelt wird freilich nicht nur über den Löwen, sondern vor allem über das rund 46000 Quadratmeter große Lindauer Hafenareal. Bis Ende 2006 soll klar sein, wo es lang geht: Einigung oder Rechtstreit.

Mit Wehmut, aber auch mit Empörung haben alt eingesessene Lindauer vor drei Jahren auf die Nachricht reagiert, dass der Lindauer Hafen samt Löwe und Leuchtturm von der Deutschen Bahn AG an die Stadtwerke Konstanz verkauft wurde. Letztere wussten sehr wohl, was der sechs Meter hohe steinerne Löwe, das bayerische Wappentier, den Nachbarn am anderen Ende des Sees bedeutet und boten ihn zum symbolischen Preis von einem Euro zum Rückkauf an. Doch Lindau lehnte ab. "Der Löwe braucht auch ein Gehege", betont die Oberbürgermeisterin der Inselstadt, Petra Seidl, gegenüber dem SÜDKURIER und bezeichnet das rund 46000 Quadratmeter große Areal (inklusive Wasserflächen) als "beachtliche Immobilie". Es gehe darum, dass das "Herzstück Hafen ein Bestandteil Lindaus bleibt". Der Verkauf des Areals habe "die Entwicklungspläne der Stadt durchkreuzt", so Seidl. Schließlich gebe es bereits seit den neunziger Jahren ein Sanierungskonzept für diesen Teil der Insel. Konkret wird schon länger über die überfällige Modernisierung des Hafens nachgedacht.

Um das "Herzstück" zu sichern, hatte Lindau bereits 2003 sein Vorkaufsrecht geltend gemacht, wogegen aber die Bodensee Hafengesellschaft mbH (BHG), ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Konstanz, Widerspruch eingelegt hat. Die BHG wurde unmittelbar nach dem Geschäft mit der Bahn gegründet mit dem Ziel, die insgesamt 13 erworbenen Häfen zu verwalten und teilweise auch zu verwerten. Seitdem lassen die beiden Parteien das Verfahren ruhen und suchen stattdessen in Verhandlungen eine gemeinsame Lösung. Was städtebaulich am Lindauer Hafen verändert werden könnte, ließen Konstanz wie Lindau zwischenzeitlich durch jeweils eigene Studien untersuchen. Ob deren Ergebnisse den Gesprächen zum Durchbruch verhelfen werden, wird die nächste Verhandlungsrunde zeigen, die Anfang Oktober stattfinden soll.

"Wir treten seit vielen Monaten auf der Stelle und warten auf konkrete Aussagen seitens der Stadt Lindau zu den von uns angebotenen Möglichkeiten", kritisiert der Geschäftsführer der BHG, Konrad Frommer. Er "bedauert sehr, dass sich das alles so lange hinzieht". Um den Betrieb der Schifffahrt dauerhaft aufrecht zu erhalten, brauche es "Planungs- und vor allem Investitionssicherheit". Doch dies sei bei ungeklärten Eigentumsverhältnissen nicht möglich.
 
Auch wenn beide Verhandlungspartner stets eine harmonische Gesprächsatmosphäre beschwören - so wird doch hinter den Kulissen um einige Objekte heftig gerungen. Wie zu erfahren war, hat Lindau beispielsweise Interesse an der ehemaligen Eilguthalle, die von den BSB teilweise für Personal und Verwaltung genutzt wird. Auch die Liegeplätze im Hafen als lukrative Einnahmequelle dürften ein Streitthema sein. Löwe und Mole hingegen bringen nichts ein, sondern ziehen wegen Restaurierung und Instandhaltung nur finanzielle Belastungen nach sich. Den Leuchtturm wiederum möchte die BHG behalten, weil er für den Schifffahrtsbetrieb, insbesondere "für die Wirtschaftlichkeit des Hafenbetriebs" notwendig sei, wie Frommer erklärt.

Konkrete Details der Verhandlungen wollen beide Seiten nach wie vor nicht preisgeben. Vor der Sommerpause jedoch wurden die Lindauer Stadträte in nicht-öffentlicher Sitzung über den Sachstand informiert. Nur so viel drang nach außen: "Wir wollen alles" - soll die Marschrichtung geheißen haben, welche die Räte dem Verhandlungsteam mit auf den Weg gaben. Die konkreten Vorstellungen Lindaus hat Oberbürgermeisterin Seidl erst am vergangenen Montag in einem Brief nach Konstanz geschickt.
 
Noch ist man zuversichtlich, bis Ende des Jahres zu einer "einvernehmlichen Lösung" (Frommer) zu kommen. Falls das nicht funktioniert, droht ein jahrelanger Rechtsstreit, dessen Ausgang auf Grund der komplizierten Rechtsmaterie keiner voraussagen kann und will. Seidl bestätigte, dass man weiterhin auch an einem Kauf des gesamten Hafens interessiert sei und sprach Klartext: "Mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner werden wir uns jedenfalls nicht zufrieden geben." 

(Ulrich Stock/Südkurier v. 25.09.06)

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