ÖBB segnen Verkauf ab

Der Aufsichtsrat der ÖBB-Holding stellt eine weitere Weiche für die Zukunft der Flotte der österreichischen Bundesbahnen. Er wollte gestern die Auslagerung der Schifffahrtsbetriebe am Bodensee und am Wolfgangsee in eine eigene Gesellschaft absegnen. In die geplante «ÖB Zwei Schifffahrtsbetrieb GmbH» soll das Vermögen samt Arbeitnehmern, Konzessionen und Bewilligungen übertragen werden, wie die «Vorarlberger Nachrichten» schreiben. Im nächsten Schritt ist dann die angekündigte Veräußerung an Private vorgesehen.

Gegen die Verkaufspläne regt sich Widerstand bei der Bevölkerung des Heimathafens Bregenz – die «Blumenmolo» gilt als Naherholungsgebiet. Der Bregenzer Hafen und die Schiffe gehörten dem Volk, sagen etwa SP und Grüne.


(St. Galler Tagblatt v. 02.09.05)

 

  Verbesserungspotenzial bei Schifffahrt

Der Tourismus-Unternehmer Walter Klaus sieht beim Schiffsbetrieb auf dem Bodensee Verbesserungsmöglichkeiten. Diese werde er aufzeigen, wenn er den Zuschlag für die ÖBB-Schifffahrt bekomme.

Das sagte Klaus am Freitag gegenüber ORF Radio Vorarlberg. Am Vormittag war publik geworden, dass Klaus nach den Plänen des Landes gemeinsam mit der Vorarlberger Illwerke/VKW-Gruppe den Schiffsbetrieb übernehmen soll.

Der Eigentümer der Silvretta-Nova Gruppe und mögliche neue Arbeitgeber von Vizekanzler Hubert Gorbach (B) hat sich laut ORF schon seit mehr als einem Jahr für den Betrieb der ÖBB-Bodensee-Schifffahrt interessiert. Die jetzt öffentlich gewordene angestrebte Lösung - die Illwerke/VKW-Gruppe soll nach dem Willen des Landes die Liegenschaften zur Gänze erwerben, bei der Schifffahrt aber Walter Klaus 25,1 Prozent an der Flotte zugestehen - biete eine ideale Gelegenheit, so Klaus. Er könnte sich so auf seine Kernkompetenz Touristik, also auf den Betrieb der Schifffahrt, konzentrieren.

Klaus glaubt an eine ganze Reihe von verbesserungsfähigen Punkten. Allein durch seine Kontakte zu den Bus-Unternehmen rund um den Bodensee könnte nach seiner Einschätzung eine Initialzündung erreicht werden. Der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (V) stellte unterdessen bereits fest, dass der Verwertbarkeit des Areals Grenzen gesetzt seien. Er könne sich nicht vorstellen, dass da „wesentlich mehr passieren kann als jetzt“. Für Verbesserungen sei man aber natürlich offen. Dem Wunsch der Stadt Bregenz, bei einem Zuschlag für die Illwerke/VKW-Gruppe Besitzanteile erwerben zu können, stehe Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V) ebenfalls offen gegenüber, hieß es im ORF-Bericht.

Gespalten fiel die Reaktion der Oppositionsparteien SPÖ und Grüne auf die Pläne des Landes aus. Während SPÖ-Landesparteivorsitzende Elke Sader die klare Kaufabsicht des Landes als einen deutlichen Erfolg der monatelangen Bemühungen der SPÖ wertete, sprachen die Grünen von einer „Packelei der übelsten Art“. Es sei ein wohl einzigartiger Vorgang, wenn mitten in einem offenen Ausschreibungsverfahren von Land, Bund und einem privaten Unternehmer eine fertige Lösung paktiert werde, die weder die Interessen der Stadt Bregenz wahre noch die zuständigen Gremien wie Stadtvertretung oder Landtag damit befasse, wetterte Landessprecher Johannes Rauch.

Aussendung der "Grünen": Üble Packelei statt transparenter Vorgangsweise!

„Das ist eine Packelei der übelsten Art, wie hier vorgegangen wird!“ kritisiert Grünen-Klubobmann Johannes Rauch die Vorgänge rund um den Verkauf der Bodenseeschifffahrt.

„Es ist wohl ein einzigartiger Vorgang, wenn mitten in einem offenen Ausschreibungsverfahren von Land, Bund und einem Privaten Unternehmer eine fertige Lösung paktiert wird, die weder die Interessen der Stadt Bregenz wahrt noch die zuständigen Gremien wie Stadtvertretung oder Landtag damit befasst. Die Zusage einer Sperrminorität an den Seilbahnunternehmer Klaus ist eine glatte Übervorteilung anderer Interessenten und widerspricht sämtlichen Vergabe- und Ausschreibungsrichtlinien!“, so Rauch.

„Entgegen der Zusage des Landeshauptmannes wurde am Landtag vorbei eine Entscheidung getroffen, ohne dass dem zuständigen Ausschuss die Unternehmenszahlen der Bodenseeschifffahrt vorgelegt wurden und ohne dass über die möglichen Betreibermodelle noch einmal diskutiert wurde. Anstatt die Zahlen offen zu legen, hat das Land eine Schweigeerklärung unterschrieben, in der es sich verpflichtet, der Öffentlichkeit diese Daten und Zahlen vorzuenthalten."

"Hier wird ohne jedes Konzept und ohne jede Not öffentliches Eigentum verscherbelt, und zwar auf eine Art und Weise, die punktgenau zur schwarz-blauen Bundespolitik passt!“, fasst Rauch die Kritik der Grünen zusammen. (Quelle: Grüne)

(Vorarlberger Nachrichten v. 02.09.05)

Land will „Silvretta-Klaus“ als Partner

Der Aufsichtsrat der ÖBB Holding hat nun die Privatisierung der Bodenseeschifffahrt mehrheitlich beschlossen. Auch die Strategie des Landes für den Ankauf ist festgelegt. Die Illwerke sollen Liegenschaften und Gebäude erwerben.

Beim Eigentum der Schiffe wird der erfolgreiche Touristik-Unternehmer Walter Klaus („Silvretta Nova) mit 25,1 Prozent ins Boot geholt. Klaus soll den Betrieb zur Gänze und – nach dem Wunsch der ÖVP-Verantwortlichen – allein übernehmen.

Ob der 71-jährige Walter Klaus dabei auch den Bregenzer Baulöwen Rhomberg und die Pfänderbahn einbindet, ist noch offen.

 

Kurze Einreichfrist

 

Die „VN“ berichteten exklusiv: Die ÖBB Personenverkehrs AG gliedert die Schifffahrtsbetriebe am Bodensee und Wolfgangssee mit Wirkung vom 1. Oktober in die neue Gesellschaft „ÖB Zwei“ aus. In diese wird demnächst das Vermögen der Schifffahrt samt Arbeitnehmern, Konzessionen und Bewilligungen übertragen. Als dritter Schritt folgt die Veräußerung. Parallel dazu laufen bekanntlich die Vorbereitungen für den Verkauf. Nach der Interessensbekundung hat das ÖBB Management in Wien bereits konkrete Unterlagen an die „Bewerber“ verschickt, bis 15. September müssen die Angebote vorliegen. Preise werden vorerst noch keine genannt.

 

Illwerke statt Land

 

Die überwiegende Mehrheit der Vorarlberger Bevölkerung will das Hafengelände weiter in öffentlichem Eigentum sehen. Dies wurde beim „VN“-Leservotum eindrücklich demonstriert. LH Sausgruber bringt anstelle des Landes die Illwerke in Spiel: Sie sollen 100 Prozent des Geländes und der Liegenschaften kaufen. Bei den Schiffen will man eine Eigentümerlösung unter Einbeziehung des Montafoner Touristikers Walter Klaus. Mit 25,9 Prozent hätte er die Sperrminorität: Der Mehrheitseigentümer Illwerke könnte also keine Entscheidung ohne Klaus treffen. Ob und in welcher Form die weiteren Interessenten Rhomberg Bau und Pfänderbahn AG ebenfalls mitmischen können, ist noch offen.

(VN v. 01.09.05)

 

Schifffahrt: SPÖ befürchtet Zerstückelung

Mit der Ausgliederung der Bodensee-Schifffahrt in die “ÖB 2 Schiffbetriebs GmbH“ steht für die SPÖ-Chefin Elke Sader fest, dass es zu einer Zerstückelung der Bodensee-Schifffahrt kommen werde.

Mit der Ausgliederung der Bodensee-Schifffahrt in die “ÖB 2 Schiffbetriebs GmbH“ steht für die Vorarlberger SPÖ-Landesparteivorsitzende Elke Sader fest, dass es zu einer Zerstückelung der Bodensee-Schifffahrt kommen werde. „Wer am Ende des Privatisierungsprozesses was besitzt, ist vollkommen unklar“, sagte Sader am Donnerstagnachmittag in einer Aussendung.

Die der SPÖ zurechenbaren ÖBB-Aufsrichtrsräte würden den Verkauf in der Aufsichtsrats-Sitzung am Donnerstag ablehnen, so Sader.

Nun müsse alles unternommen werden, damit die Bodenseeflotte und die Liegenschaften in öffentlicher Hand blieben, forderte Sader. Wer immer auch Schiffe und Hafen erwerbe, sollte nach Ansicht der SPÖ-Landesparteivorsitzenden zur Vorlage eines Nutzungskonzepts verpflichtet werden. Dieses müsste dann ihm Rahmen einer Bürgerbeteiligung diskutiert werden, sagte Sader.

 

(Vorarlberg Online v. 01.09.05)

 

 

Bodenseeflotte: ÖBB will Verkauf "absegnen"

Der Aufsichtsrat der ÖBB Holding beabsichtigt, morgen Donnerstag die Auslagerung der Schifffahrtsbetriebe am Bodensee und am Wolfgangssee in eine eigene Gesellschaft "abzusegnen".

In die geplante „ÖB Zwei Schifffahrtsbetrieb GmbH“ soll das Vermögen samt Arbeitnehmern, Konzessionen und Bewilligungen übertragen werden. Als dritter Schritt ist dann die Veräußerung an Private vorgesehen.

SP-Parteichefin Dr. Elke Sader: „Jetzt ist es höchste Eisenbahn, dass das Land Vorarlberg offensiv politisch seine Stimme erhebt“. Die beste Lösung ist ihrer Meinung nach weiterhin der Verbleib der Schifffahrt bei der ÖBB. Sollte ein Verkauf nicht zu verhindern sein, dann „haben die Illwerke meine Unterstützung. Auch eine Beteiligung der Hypo sollte angedacht werden, die Bank hätte dies für die Imageverbesserung dringend notwendig“.

 

Konzepte auf den Tisch

 

Wer auch immer Schiffe und Hafen erwirbt, sollte ihrer Meinung nach zur Vorlage eines Konzeptes für die künftige Nutzung verpflichtet werden, „das dann mit Bürgerbeteiligung diskutiert wird“. Auf Nationalratsebene bereiten die Sozialdemokraten einen Antrag gegen den Verkauf der Schifffahrt vor: SP-NAbg. Manfred Lackner werde federführend sein, auch Bundesparteichef Gusenbauer hat seine aktive Unterstützung zugesagt. „Die Vorarlberger Abgeordneten der ÖVP müssen dann Farbe bekennen“, so Sader. Der SP-Antrag an den Landtag vom 10.Mai, wonach die ÖBB-Schifffahrt vom Land gekauft werden sollte, ist nach wie vor unerledigt.

 

Wie „Volksgarten“

 

Der grüne Bregenzer Vizebürgermeister Gernot Kiermayr warnte gestern vor der Privatisierung. Diese bedeute eine verstärkte kommerzielle Nutzung. Die Seeanlagen seien jedoch der einzige innerstädtische Ort der Erholung, „vergleichbar mit dem Volksgarten in Wien“. Das öffentliche Interesse müsse jetzt im Detail definiert werden, die Stadt sei der „logische Eigentümer des Hafenareals und hat historisch begründete Ansprüche“, so Kiermayr.

 

Die Zukunft der Bodensee-Flotte

 

Mit Ausschreibung und Verkauf der Schifffahrt durch die ÖBB werden die Weichen für die Zukunft der Flotte und des Hafens gestellt. Was soll mit Hafen und Flotte konkret geschehen? Die „VN“ bieten der Bevölkerung am Donnerstag, den 8. September die Gelegenheit, sich einzubringen.

Am Podium des „VN“ - Stammtisches (18 bis 19.30 Uhr, Gössersaal, Bregenz) stellen sich Vertreter der Interessenten und Kritiker der Veräußerung den Fragen der Bevölkerung: Illwerke-Vorstandsdirektor Dr. Summer, der Bregenzer Bürgermeister Dipl.-Ing. Linhart, Dr. Kinz von der Pfänderbahn AG und SP-Parteivorsitzende Dr. Sader. Die „VN“ haben auch im Management der ÖBB Personenverkehrs AG einen Vertreter eingeladen. Die Bahn winkte ab. Vorstandskollegin Dkfm. Wilhelmine Goldmann hat „ebenso keine Zeit wie alle anderen Vertreter“, meinte Sprecherin Wallner zu den „VN“. Dieser Maulkorb gilt auch für sämtliche ÖBB-Mitarbeiter vor Ort: „Fast jeder zittert um seinen Job, auch die Goldmann“, so Eisenbahner-Gewerkschafter Ernst Lerch.

·    Datum: Donnerstag, 8. September, 18 bis 19.30 Uhr

·    Ort: Bregenz, „Gösser“-Saal

·    Am Podium: 
Bürgermeister Dipl.-Ing. Markus Linhart, Bregenz; 
Dr. Ludwig Summer, Vorstandsdirektor VKW/Illwerke; 
Dipl.-Ing. Thomas Kinz, Pfänderbahn AG; 
Dr. Elke Sader, SP-Parteichefin

·    Moderation: Marianne Mathis

(VN v. 30.08.05)

 

Schifffahrt: Kiermayr gegen Verkauf

Der Bregenzer Vize-Bürgermeister Gernot Kiermayr (Grüne) hat sich am Dienstag gegen einen Verkauf des ÖBB-Bodensee-Areals sowie der Schifffahrt an Private ausgesprochen.

„Dieser käme einer moralisch und ethisch bedenklichen Veräußerung von Volksvermögen gleich“, sagte Kiermayr. Die Landeshauptstadt Bregenz müsse sich das öffentliche Eigentum am Hafenareal sicher stellen.

Das öffentliche Interesse müsse von einer öffentlichen Körperschaft garantiert werden, so Kiermayr in einer Aussendung. Dafür sei die Landeshauptstadt Bregenz am besten geeignet, weil sie widmungsrechtlich zuständig ist. Die Stadt habe historisch begründete Ansprüche, sagte der Bregenzer Vize-Bürgermeister. Seiner Ansicht nach sollte die Stadt ihre Interessen und jene ihrer Bürger eindeutig definieren und festlegen. Vor allem dürfe es keine Zweifel daran geben, dass die Stadt die ihr widmungsrechtlich zustehenden Möglichkeiten voll nutzen werde, das Hafenareal den Interessen der Bregenzer und der Vorarlberger Bevölkerung entsprechend zu erhalten.

Der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (V) hat bereits Ende Juli in Richtung möglicher Interessenten darauf hingewiesen, dass die Stadt als Behörde bei der Nutzung des Areals unabhängig vom Käufer auch in Zukunft ein gewichtiges Wort mitzureden haben werde. Die Stadt Bregenz hat im Rahmen des Interessenbekundungsverfahren, das am 9. August abgelaufen ist, ihre Absicht deponiert, sich an der Ausschreibung zu beteiligen.

 (Vorarlberger Nachrichten v. 30.08.05)

 

Neue Zürcher Zeitung, Dienstag, 23. August 2005, S. 5.

 

Streit um Bodenseeschifffahrt in Bregenz

  Vizekanzler Gorbach als Verkäufer und Käufer zugleich?

Pläne für Verkauf und Privatisierung von Bodenseeflotte und Bregenzer Hafengelände sind zu einem Vorarlberger Politikum geworden. Der österreichische Vizekanzler Gorbacher scheint zugleich als Vertreter von Verkäufer- und Käuferinteressen.

Die sommerliche Kulisse ist perfekt: Die Seebühne mit dem spektakulären Aufbau zum „Troubadour“, dem Rohrgewirr einer imaginären Ölraffinerie, dessen brandrote Farbe dramatisch mit den transparenten Blautönen von See und Himmel kontrastiert. Majestätisch gleiten die weißen Schiffe der österreichischen Bodenseeflotte in den Bregenzer Hafen. Ein friedliches Bild. Doch hinter der harmonischen Szene spielt sich im geruhsamen „Ländle“ eine Kontroverse ab, in der es just um die Versatzstücke dieser touristisch wertvollen Idylle geht: um die Motorschiffflotte mit ihren sechs Schiffen (Gesamtkapazität 3360 Passagiere) und den Hafen Bregenz mit seinen Gebäuden und Anlagen, deren Privatisierung vom bisherigen Eigentümer, den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) angestrebt wird.

Besorgte Bürger

Eine Welle der Empörung hat das „Ländle“ ergriffen; besorgte Vorarlberger decken die „Vorarlberger Nachrichten“, die hier de facto über ein Meinungsmonopol verfügen, mit Leserbriefen und E-Mails ein. Während jüngere Vorarlberger einer vernünftig durchgeführten Privatisierung aufgeschlossen gegenüberstehen, sind die älteren fast durchwegs alarmiert: „Nie und nimmer“, so und ähnlich lauten die Zuschriften, sollten Hafen und Schiffe verkauft werden. All dies gehöre zu Vorarlberg. In der Tat hatten die ersten Dampfschiffe auf dem Bodensee schon 1884 ihren Betrieb aufgenommen - zugleich mit dem Beginn der Bauarbeiten an der Arlbergbahn.

Wenig erfreut über die Absicht der ÖBB Personenverkehrs AG, Schiffe und Hafen zu veräußern, zeigt sich Landeshauptmann Herbert Sausgruber. Er will sich dafür einsetzen, dass die Vorarlberger Illwerke, die sich zu 95,5 Prozent im Eigentum des Landes Vorarlberg befinden, Schiffe und Hafenareal erwerben. Dafür gebe es, so Sausgruber, ein klares öffentliches Interesse. Unmut bekundet Sausgruber darüber, dass der Hafen unter „intensiven privaten Verwertungsdruck“ geraten sei, dass man jetzt als Landesregierung „im Herzen der Landeshauptstadt um Grundstücke kämpfen“ und sich mit anderen Bewerbern in die Schlange stellen müsse. Zudem werde aufgrund des Zeitdrucks - bis Ende Jahr soll der Verkauf über die Bühne gehen - der Preis in die Höhe getrieben. Der Landeshauptmann und auch der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart zeigen sich brüskiert von der Vorgehensweise der ÖBB, die im Alleingang die Privatisierung der Bodensee-Infrastruktur eingeleitet hätten. Anders als Sausgruber erwägt Linhart den Kauf von Hafenareal und Flotte durch die Stadt Bregenz; der Schiffsbetrieb könnte dann an Private vergeben werden.

Vom Landeshauptmann mit einem unmissverständlichen Seitenhieb wird der österreichische Vizekanzler und Infrastrukturminister Hubert Gorbach bedacht. Für Sausgruber ist es besonders stoßend, dass sich der Verkauf der Bodenseeflotte ausgerechnet „unter der Ministerschaft eines Vorarlbergers“ anbahnt. Denn vor seinem Senkrechtstart zum zweiten Mann in der Bundesregierung war Gorbach Landesstatthalter und damit stellvertretender Landeshauptmann in Bregenz. Sein Wegzug ins ferne Wien und vor allem die Übernahme der Geschäftsführung von Jörg Haiders Bündnis Zukunft Österreich haben Gorbach gerade bei den Vorarlberger Freiheitlichen letztlich wenig Sympathien eingebracht.

Gorbach hatte im Frühjahr mit seinen Plänen für Schlagzeilen gesorgt, in absehbarer Zeit die Politik zu verlassen und bei der Silvretta Nova Bergbahnen AG einzusteigen. Mit deren Hauptaktionär, Walter Klaus, verbindet Gorbach eine alte Freundschaft. Das Tourismus-Unternehmen Silvretta Nova, dem bereits Bergbahnen und Gastronomiebetriebe in Vorarlberg gehören, ist einer der chancenreichsten Interessenten an Hafenareal und Bodenseeflotte. Diese Verquickung von ministerieller Tätigkeit und privaten Plänen bei Gorbach ist naheliegenderweise ein gefundenes Fressen für die Opposition. So unken die Vorarlberger Grünen, Gorbach vertrete als Minister die Bundesbahnen, also den Verkäufer - und der Käufer sei möglicherweise sein künftiger Chef, Walter Klaus.

Politisch geschürte Ängste?

Gorbach selbst versucht zu beschwichtigen. In einem Interview mit den „Vorarlberger Nachrichten“ stellte er eine „Optimierung“ der Bodenseeschifffahrt nach der Privatisierung in Aussicht. Die öffentlichen Interessen würden vollumfänglich gewahrt. All die Ängste, die in der Bevölkerung laut geworden seien, seien doch bloß „politisch geschürt“. Zerknirscht äußerte sich im selben Blatt der Bodenseekapitän im Ruhestand Karl Falschlunger. Die ÖBB-Bodenseeschifffahrt sei schon immer ein „ungeliebtes Kind“ gewesen, das zwischen verschiedenen Dienststellen hin und her geschoben worden sei. Mit dem Interesse der öffentlichen Hand, das jetzt von sämtlichen Vorarlberger Politikern für ihre Argumente pro und contra bemüht werde, sei es wohl nicht weit her, fügte der Bodenseeveteran illusionslos hinzu.

(NZZ v. 23.08.05)

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