Streit um Schiffsflotte: Gesuch kam zu spät

Im Streit um die Bodenseeflotte sind die SBB eine Buglänge weiter. Neu ist kein Vorkaufsrecht für Minderheitsaktionäre mehr im Handelsregister eingetragen. Das Gesuch, das dies hätte verhindern können, wurde zu spät eingereicht.

Eine einzige Aktie besitzt der Schiffsmaschinist Flavio Cason aus Romanshorn. Damit will er den Verkauf der Schweizer Bodenseeflotte an die Stadtwerke Konstanz verhindern. Die Chancen dafür standen aber schon besser. Die SBB, denen 94,5 Prozent der Aktien am Schiffsbetrieb gehören, hat auf einer außerordentlichen Generalversammlung Anfang September das Vorkaufsrecht für Minderheitsaktionäre aus den Statuten gestrichen. Am 16. November wurden die Statuten ohne Vorkaufsrecht ins Handelsregister eingetragen. Das Bezirksgericht Arbon gab gestern bekannt, es habe den Eintrag nicht mit einer vorsorglichen Maßnahme gestoppt. Casons Gesuch wurde vom Gericht «wegen Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben». Er hat aber nun 20 Tage Zeit, um Rekurs beim Obergericht einzulegen.

Eine Stunde vor Ablauf der Frist

Seinen Entscheid begründete das Bezirksgericht Arbon damit, dass Casons Gesuch verspätet eintraf. Der Antrag auf eine vorsorgliche Verfügung wurde erst am 14. Oktober auf die Post gebracht. Am gleichen Tag gegen 16 Uhr - eine Stunde vor Ablauf der gesetzlichen Frist - sei dem Gericht das Gesuch gefaxt worden. Dies jedoch ohne die dazugehörigen Akten. Eine Stunde hätte der Richter somit Zeit gehabt, um dem Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen den Eintrag zu verbieten. Noch dazu habe es Cason versäumt, eine superprovisorische Verfügung zu beantragen. Nur so hätte der Richter auf die Anhörung der Gegenpartei verzichten können, sie müsse aber ausdrücklich beantragt sein. Ob sich dadurch etwas geändert hätte, ist fraglich, denn selbst im Fall einer superprovisorischen Massnahme «wäre es verspätet gewesen», schreibt das Gericht. Die Statutenänderung wurde somit eingetragen. Das Gesuch sei damit gegenstandslos. Dies habe der Gesuchsteller selber zu verantworten, kommentiert das Gericht.

Der Beschluss der Aktionärsversammlung, das Vorkaufsrechts zu streichen, kann vor Gericht aber noch angefochten werden, auch wenn er bereits im Handelsregister eingetragen ist. Zu dieser Anfechtung hat am 4. November ein Termin vor dem Friedensrichter stattgefunden. Dabei wurden sich die beiden Parteien nicht einig. Cason hat bis Anfang Dezember Zeit, um eine Klage beim Bezirksgericht einzureichen. Bisher sei aber noch nichts eingetroffen, hieß es in Arbon.

Nehmen es zur Kenntnis

Cason wollte sich gestern nicht zum weiteren Vorgehen äußern, das sei Sache seiner Anwältin Lorella Callea. Sie war gestern jedoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch die SBB geben sich wortkarg. Solange die hängigen Verfahren nicht abgeschlossen sind, sagt Pressesprecherin Michèle Bamert lediglich: «Wir nehmen den Entscheid zu Kenntnis.»

Ein Verkauf, der hohe Wellen wirft: Die Vorgeschichte

Ausgerechnet im Jahr des 150. Geburtstages der Schweizer Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) kündigten die SBB an, sie wollen sich von der Flotte trennen. Weil Schiffe nicht zum Kerngeschäft gehören. Bald darauf wurde auch der Favorit für den Kauf bekannt: Die Stadtwerke Konstanz, denen schon die deutschen Schiffsbetriebe gehören. Ende Juni trat dann der SBS-Maschinist und Minderheitsaktionär Flavio Cason auf den Plan. Mit seiner Namensaktie Nummer 888 will er den Ausverkauf ins Ausland verhindern. Die rechtliche Grundlage dafür lieferte ihm ein Vorkaufsrecht in den Statuten. Dieses war den Schiffs-Mitarbeitern als Treueprämie und Kompensation dafür eingeräumt worden, dass sie vom Beamten- in den Angestelltenstatus wechseln mussten. Mitte Juli legten die SBB die Verhandlungen mit Konstanz auf Eis. Dort liegen sie noch, denn seitdem geht das Gerangel um die Schiffsflotte hin und her. Cason hat inzwischen einen Businessplan für den Schiffsbetrieb vorgelegt. Dieser sieht eine Aufteilung in drei Einzelgesellschaften vor: Werft, Fähre und Schifffahrt sowie den Hafen. Der Businessplan sei verspätet eingetroffen, erst nachdem die Frist abgelaufen war, halten die SBB dagegen.

(Ida Sandl / Thurgauer Zeitung v. 30.11.05)

 

 

Gericht stoppt Registereintrag nicht

Streit um Verkauf der Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft


Die SBB sind dem Verkauf der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft an die Stadtwerke Konstanz einen Schritt näher gekommen. Inzwischen ist im Handelsregister kein Vor-kaufsrecht für Minderheitsaktionäre mehr eingetragen.

 

Das Bezirksgericht Arbon hat den Eintrag nicht durch eine vorsorgliche Maßnahme verhindert. Wie das Gericht am Dienstag mitteilte, hat es das entsprechende Gesuch des Minderheitsaktionärs und SBS-Maschinisten Flavio Cason aus Romanshorn «zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben».

Das Thurgauer Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen hat die am 1. September von den SBS-Aktionären beschlossene Statutenänderung am 16. November ins Handelsregister eingetragen, nachdem der klagende Minderheitsaktionär bis zum 14. Oktober keine richterlich angeordnete vorsorgliche Maßnahme erwirkt hatte.

 

Anfechtung des Beschlusses

 

Mit der Eintragung sei aber das Gesuch um Anordnung einer vorsorglichen Maßnahme gegenstandslos geworden, teilte das Gericht mit. Die geänderten Statuten der SBS, deren Aktien zu 94,5 Prozent den SBB gehören, sehen nun kein Vorkaufsrecht der Minderheitsaktionäre mehr vor.

Noch nicht entschieden ist damit über eine gerichtliche Anfechtung des Aktionärsbeschlusses, der nun bereits im Handelsregister eingetragen ist. Zu dieser Anfechtung hat Anfang November erfolglos der vorgeschriebene Vermittlungstermin vor dem Friedensrichter stattgefunden. Ob daraus ein Gerichtsverfahren wird, war am Dienstag beim Bezirksgericht Arbon nicht bekannt. Die Anwältin des streitbaren Minderheitsaktionärs war für eine Stellungnahme zum weiteren Vorgehen nicht erreichbar.

Bei den SBB wiederum wolle man erst wieder Stellung zu der Streitigkeit um den SBS-Verkauf nehmen, wenn alle hängigen Verfahren abgeschlossen seien, sagte SBB-Sprecher Roger Baumann.

 

Frist verpasst

 

Bei der Aktionärsversammlung am 1. September, bei der das Vorkaufsrecht aufgehoben wurde, hatte lediglich der klagende Minderheitsaktionär gegen die Streichung dieses Rechts gestimmt.

Dass die Statutenänderung ins Handelsregister eingetragen wurde, liegt laut Gericht einerseits daran, dass der Minderheitsaktionär die vom Handelsregisteramt gesetzte Frist nicht eingehalten hat. Sein Antrag auf Erlass einer vorsorglichen Maßnahme traf – ohne Akten – erst eine Stunde vor Fristablauf per Fax beim Gericht ein. Das vollständige Begehren folgte drei Tage später per Post. Andererseits versäumte er es, eine superprovisorische Verfügung zu beantragen, die das Verfahren abgekürzt hätte. Laut Gericht kann der Richter diese superprovisorische Verfügung nur erlassen, wenn sie ausdrücklich beantragt wird. Ansonsten muss er zwingend der Gegenpartei die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen.

Der SBS-Maschinist hat inzwischen einen Businessplan für das Unternehmen vorgelegt. Dieser sieht die Aufspaltung der SBS in drei Einzelgesellschaften vor. Damit soll die Gesellschaft in Schweizer Händen bleiben.

(St. Galler Tagblatt v. 30.11.05)

 

 

SBB: Verkauf der Bodensee-Schifffahrt

Die Schweizer Bundesbahnen (SBB) sind dem Verkauf der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) an die Stadtwerke Konstanz einen Schritt näher gekommen.

Inzwischen ist im Handelsregister kein Vorkaufsrecht für Minderheitsaktionäre mehr eingetragen.

Minderheitsaktionäre hatten im Sommer auf ihrem Vorkaufsrecht beharrt. Daraufhin wurde von den SBS-Aktionären auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 1. September eine Statutenänderung beschlossen, nach der das festgelegte Vorkaufsrecht der Minderheitsaktionäre gestrichen wurde.

Das Thurgauer Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen hat die Statutenänderung nun am 16. November ins Handelsregister eingetragen, nachdem der klagende Minderheitsaktionär bis zum 14. Oktober keine richterlich angeordnete vorsorgliche Maßnahme erwirkt hatte. Die geänderten Statuten der SBS, deren Aktien zu 94,5 Prozent der SBB gehören, sehen nun kein Vorkaufsrecht der Minderheitsaktionäre mehr vor.

Bei der Aktionärsversammlung am 1. September hatte lediglich der klagende Minderheitsaktionär - ein SBS-Maschinist - gegen die Streichung dieses Rechts gestimmt. Der SBS-Maschinist hat inzwischen - wenn auch nach Ablauf der von der SBB gesetzten Frist - einen Businessplan für das Unternehmen vorgelegt. Dieser sieht die Aufspaltung der SBS in drei Einzelgesellschaften vor. Damit soll die Gesellschaft in Schweizer Händen bleiben.

Noch nicht entschieden ist damit über eine gerichtliche Anfechtung des Aktionärsbeschlusses. Zu dieser Anfechtung hat Anfang November erfolglos der vorgeschriebene Vermittlungstermin vor dem Friedensrichter stattgefunden. Ob daraus ein Gerichtsverfahren wird, war am Dienstag beim Bezirksgericht Arbon nicht bekannt.

Die Stadtwerke Konstanz übernahmen 2003 für 13 Mio. Euro die Bodensee-Schifffahrt der Deutschen Bahn AG. Am Bodensee sind die Stadtwerke auch Eigentümerin des Fährbetriebs Konstanz-Meersburg und Mitbesitzerin der Katamaran-Reederei, die seit August Konstanz und Friedrichshafen mit Schnellfähren verbindet. Die Stadtwerke Konstanz hatten sich auch für den Kauf der ÖBB-Bodenseeschifffahrt interessiert, konnten aber angeblich nicht alle Ausschreibungskriterien erfüllen.

Der Verkauf der ÖBB-Bodenseeschifffahrt wurde hingegen Anfang November fixiert. Eine neue Schifffahrtsgesellschaft mit den Gesellschaftern Vorarlberger Illwerke AG (74,9 Prozent) und Touristikunternehmer Walter Klaus (25,1 Prozent) kaufen die ÖBB-Bodenseeschifffahrt um 6,92 Mio. Euro. Als Käufer für die Liegenschaften der ÖBB wird hingegen die Seestadt GmbH auftreten. Die Verträge sollen noch in diesem Jahr unterschrieben werden.

(Vorarlberg Online v. 29.11.05)

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