Freude über Schweizer Lösung

Stimmen zum Verkauf der SBS – Von der IG Bodenseeschifffahrt Schweiz wird eine touristische Aufwertung des südlichen Bodenseeufers erwartet

Die Reaktionen auf die Veräußerung der Schweizerischen Bodenseeflotte (SBS) fallen größtenteils positiv aus . Es gibt aber auch kritische Stimmen .

Der Kreuzlinger Stadtammann Josef Bieri sagt, es sei bekannt, dass Kreuzlingen seit Jahren mit den Stadtwerken Konstanz hervorragend zusammenarbeite, zum Beispiel in den Bereichen öffentlicher Verkehr oder in der Gasversorgung, und auch die Attraktivitätssteigerung der Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) Schifffahrt durch Konstanz habe Kreuzlingen gut getan . «Deshalb ist es verständlich, dass mich der Entscheid enttäuscht . Ebenso klar ist aber auch, dass die künftige Zusammenarbeit der SBS als starker Partner mit der BSB Chancen bieten kann, für die ich mich als Brückenbauer sehr einsetzen werde . »

Verantwortung übernehmen

«Aus rein wirtschaftlicher Sicht ist der Verkauf der SBS an private Investoren sicher die beste Lösung», kommentiert die Romanshorner Kantonsrätin Maya Iseli (Grüne) . Diese müssten jetzt aber zuerst beweisen, ob sie ein gutes Angebot für die Öffentlichkeit auch längerfristig sicherstellen können und wollen . Die Gefahr bestehe, dass sie sich die Filetstücke, sprich Immobilien, heraussuchen und die weniger attraktiven Teile schlussendlich wieder der Allgemeinheit überlassen . «Wir können nur hoffen, dass sich die Investoren ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und der Natur bewusst sind . Schließlich sind der Bodensee und seine Ufer unser wichtigstes Kapital, zu dem wir alle große Sorge tragen müssen . »

«Für mich ist es von zentraler Bedeutung, dass es auf dem Bodensee gute und attraktive Schifffahrtsbetriebe gibt . Für unsere Region braucht es gute Angebote, die auch den Tourismus fördern . Eigentlich ist es nicht entscheidend, wer die Besitzer sind, sondern was sie aus der Bodenseeschifffahrt machen», sagt Heinz Herzog, Präsident Thurgauergewerkschaftsbund und Regionalsekretär der Unia Region Ostschweiz-Graubünden . Überall, wo in den letzten Jahren Edgar Oehler eingestiegen sei, hätten sich die Betriebe positiv entwickelt .

SP-Präsident Peter Gubser ist der Meinung, dass wenn alle Arbeitsplätze erhalten bleiben und das Angebot attraktiv ausgebaut werde, wie es die neuen Eigentümer versprechen, man diesen sicher viel Erfolg wünschen könne .

Aufschwung

«Ich bin hoch erfreut über diese Schweizer Lösung und froh, dass die SBB und auch Regierungsrat Kaspar Schläpfer doch noch über ihren Schatten gesprungen sind . Wie viele andere Bürgerinnen und Bürger hätte ich einen Ausverkauf der schwimmenden Heimat nicht verstanden», sagt Kantonsrat Andrea Vonlanthen (SVP, Arbon) . Die Bodenseeschiffe seien eine Schweizer Marke . Sie seien auch eine emotionale Angelegenheit . Das hätten der Regierungsrat und die Seeufergemeinden unterschätzt, als sie die Flotte relativ leichtfertig nach Konstanz verkaufen wollten . Nun habe glücklicherweise der Wettbewerb gespielt . «Ich hätte auch MBT-Pionier Karl Müller mit seiner koreanischen Vision eine erfolgreiche Schifffahrt zugetraut . » Die Lösung mit der IG Bodensee freilich stütze sich auf ein breiteres touristisches und unternehmerisches Know-how und Netzwerk ab . Er sei überzeugt, dass Oehler, Klaus und Hess dem Tourismus am See einen spürbaren Aufschwung bringen werden, und zwar mit einem kreativeren Angebot, einem gescheiten Marketing und professioneller Info rmation . Und möglichst auch mit Schiffen, die wie elegante Bodenseeschiffe und nicht wie schwimmende Bierprospekte aussehen .

Regionale Stärkung

Bei der Stadt Arbon herrscht ebenfalls Freude . Stadtammann Martin Klöti sagt: «An erster Stelle scheint mir der Zusammenschluss mit der österreichischen Flotte und jener von Rorschach ein gewichtiger Grund für eine regionale Stärkung der Schifffahrt am südlichen Ufer des Bodensees . » Hermann Hess, als designierter Präsident des Verwaltungsrates, sei ein Garant für unternehmerisches Wissen, verbunden mit einem echten Bezug zum Thurgau . Walter Klaus bringe mit seiner erfolgreichen Flotte neue Horizonte ein und Edgar Oehler bürge mit seinem Namen für das Bekenntnis zur Region und für die nötige Bonität, welche das Unternehmen für die Zukunft dringend brauche . Für die Schweizer Gemeinden am Bodenseeufer habe die touristische Aufwertung der Schifffahrt grosse Bedeutung . Mit Blick auf die IGA 2017 sei die Anbindung der Ausstellungsorte über den Seeweg ein wichtiger Aspekt . In zehn Jahren dürfte somit die Südküste in einer anderen touristischen Liga spielen .

(Stefan Borkert/St. Galler Tagblatt v. 18.12.06) 


Schweizer Lösung

Die Schweizer Flotte bleibt mehrheitlich in Schweizer Hand . Nur ein österreichischer Tourismus-Unternehmer sitzt mit im Boot . Die Stadtwerke Konstanz sind leer ausgegangen . Das wird die größte Reederei am Bodensee aber verschmerzen . Unter Schweizer Flagge fahren zwei Fähren und vier Ausflugsschiffe . Sie sind zum Teil sanierungsbedürftig . Der Zukauf ist keineswegs überlebensnotwendig für die Stadtwerke Konstanz , die 2003 die deutsche Bodensee-Flotte erworben haben . Zudem betreiben sie die Fähre Konstanz-Meersburg . Aber das Unternehmen wäre ein passender Käufer gewesen . Denn Schifffahrt lässt sich in kleinem Rahmen nur schwer kostendeckend betreiben . Die SBB (Schweizerische Bundesbahnen) wollten daher an die Stadtwerke verkaufen . Doch sie haben wohl nicht mit den nationalistischen Tönen in der Festung Schweiz gerechnet . Es wurde zum Teil sehr polemisch gegen den Verkauf nach Deutschland protestiert . Nach und nach knickten alle ein: vom Kanton Thurgau bis zu den SBB - eine Schweizer Lösung war die logische Folge .

 (Josef Siebler/Südkurier v. 18.12.06)

 

«Es braucht neue Anlegestellen»

Modernere Schiffe, mehr Haltestellen und eine enge Zusammenarbeit mit der österreichischen Flotte: Diese Ziele haben sich die neuen Besitzer der Schweizer Bodenseeflotte gesetzt. Die Türen für Konstanz seien offen, so Hermann Hess.

Mit Unternehmer Hermann Hess sprach Marc Haltiner

Das Verhältnis zwischen den Käufern und den SBB war lange angespannt. Wie sehr hat Sie der Entscheid zu Ihren Gunsten überrascht?

Die Überraschung war nicht mehr ganz so groß, weil wir schon in den Wochen zuvor den Eindruck erhielten, dass unsere Offerte für die SBB sehr interessant war. Wir sind regional abgestützt und konnten das touristische Know-how des Vorarlberger Unternehmers Walter Klaus gewinnen. Wir sind aber dankbar, dass die SBB und der Kanton ihre Meinung revidiert haben.

Was gab den Ausschlag zu Ihren Gunsten? Die Stadtwerke Konstanz hatten ja lange die Nase vorn.

Unsere Offerte war gemäß SBB unter allen Aspekten die beste. Auch beim Preis machten wir Zugeständnisse. Wir wollten zuerst tiefer gehen, gaben uns dann aber einen Ruck. Unsere 16 Schiffe werden die Werft in Romanshorn optimal auslasten können.

Was zahlt Ihre Gruppe für die SBS?

Den Preis wollen wir nicht bekannt geben. Es ist mehr, als Konstanz mit 2,4 Mio. Franken zahlen wollte. Insgesamt stellen wir 12 Mio. Franken bereit, um die Investitionen der nächsten Jahre zu finanzieren. Unsere Gruppe will vor allem in die Schiffe investieren.

Heißt das auch neue Schiffe?

Das kann man noch nicht sagen. Wir müssen prüfen, ob man die alten Schiffe auf den neuesten Stand bringen kann oder ob es neue Schiffe braucht. Der Erneuerungsbedarf ist groß.

Ein schlauer Schachzug Ihrer Gruppe war es, Rorschach und Walter Klaus ins Boot zu holen. Wie gelang das?

Wir betrachteten die SBS - anders als Regierungsrat und Gemeindeammänner - immer als Tourismus- und weniger als Transportunternehmen. Die Stadt Rorschach sah es genauso und schloss sich uns an. Dann kam Walter Klaus auf uns zu, und wir konnten uns rasch einigen. Das ist eine außergewöhnliche Konstellation und bedingt großes Vertrauen auf beiden Seiten. Die Zusammenarbeit war bisher sehr konstruktiv.

Größter Einzelaktionär wird Walter Klaus. Wer sitzt am Ruder der SBS?

Ich selber werde voraussichtlich das Verwaltungsratspräsidium übernehmen. Beim operativen Geschäft werden die Österreicher aber mitbestimmen und helfen, eine optimale Produktivität zu erreichen. Das ist in unserem Sinn.

Die drei Rorschacher Schiffe sollen in die SBS integriert werden. Was aber passiert mit den österreichischen Schiffen?

Diese bleiben unabhängig. Das Ziel ist aber, dass wir Synergien nutzen wollen. Es gibt ein großes Potenzial - beim Unterhalt wie beim Betrieb.

Welche Verbesserungen gibt es beim Fahrplan?

Es ist klar, dass wir die Verbindungen am südlichen und östlichen Bodenseeufer optimieren und attraktiver gestalten wollen. Wir möchten auch mehr seequerende Verbindungen. Wir werden aber zudem mit Konstanz an einen Tisch sitzen. Wir wollten ursprünglich die Stadtwerke beteiligen, doch diese waren nicht zu einer Minderheitsbeteiligung bereit. Wir sind jetzt ein harmonisches Aktionariat mit Unternehmern, die sich gewöhnt sind, rasch Entscheide zu fällen. Darum ist es gar nicht schlecht, wenn die öffentliche Hand vorerst keine Anteile hat.

Wie stark wird der Tourismus im Thurgau von der SBS profitieren?

Es fehlen zwischen Kreuzlingen und Romanshorn Anlegestellen, diese braucht es aber. Sie sind ein wichtiger Ausgangspunkt für den Tourismus in der Seeregion. Es ist schade, wenn wie in Uttwil Hotels geschlossen werden.

Es wird schwierig sein, mit der SBS Gewinn zu erzielen. Die Saison ist kurz und das Wetter nicht immer gut.

Nun gut, der Bodensee kann auch bei schlechterem Wetter oder im Winter reizvoll sein. Die Schweizer Investoren wie auch Walter Klaus sind nicht existenziell auf eine kurzfristige Rendite angewiesen. Wir wollen aber weder die investierten Gelder verlieren noch auf Renditemöglichkeiten verzichten.

Wie geht es jetzt weiter?

Am 22. Dezember zahlen wir, und am 19. Januar wird es eine außerordentliche Generalversammlung geben. Der von den SBB gestellte Verwaltungsrat wird dann zurücktreten, und wir werden einen neuen Verwaltungsrat wählen. Dann können wir aktiv werden.


Hermann Hess wird Verwaltungsrat präsidieren

Der Amriswiler Hermann Hess ist Inhaber und Geschäftsführer der Hess Immobilien und der Hess Investment Gruppe. Bekannt wurde er im Thurgau vor allem durch sein Engagement zu Gunsten der T14. Hess gehört zur IGB, die zusammen mit Walter Klaus am 22. Dezember von den SBB 97,5 Prozent der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) erwerben wird. Hess gehören 15 Prozent der Gesellschaft, den gleichen Anteil besitzen Arbonia-Forster-Chef Edgar Oehler sowie der Romanshorner Unternehmer Beat Hirt. Weitere Thurgauer sind mit kleineren Aktienpaketen beteiligt. Mit 45 Prozent der Aktien wird aber der Vorarlberger Tourismuskönig Walter Klaus der größte Einzelaktionär der SBS. Hess soll das Präsidium des Verwaltungsrates übernehmen. Flavio Cason und weitere bisherige Mitarbeiteraktionäre behalten ihre Anteile.

(Thurgauer Zeitung v. 18.12.06)

 

Es gibt immer etwas, das fehlt"

Walter Klaus (72) über seine Pläne mit den Schweizer Schiffen - und seine eigenen.

VN: Was hat Sie bewogen, bei der Schweizer Bodenseeflotte zuzuschlagen?

Klaus: Ich bin der Meinung, dass es sich um eine einmalige Chance handelt, in der Bodenseeschifffahrt ein Gegengewicht zu den Stadtwerken Konstanz zu schaffen. Nur starke Partner sind in der Lage, das Angebot insgesamt für den Gast zu verbessern.

 

VN: Wie verliefen die Verhandlungen?

Klaus: Ich bin kein Großunternehmer, will keiner sein. Eher agiere ich auf der handwerklichen Ebene. Im Gegensatz beispielsweise zu den Illwerken habe ich keine Vollzeit-Rechtsanwälte, die für mich verhandeln - sondern mache viel selbst an der Basis. Da kommt man schnell zu dem Punkt, an dem man ein gutes Gefühl für den Verlauf der Verhandlungen entwickelt.

 

VN: Der Knackpunkt?

Klaus: Der Knackpunkt war, dass die Schweizer Unternehmer bereit waren, auch mich ausländischen Unternehmer als gleichwertigen Partner zu akzeptieren.

 

VN: Wird die Flotte auch Teil der Nova-Gruppe?

Klaus: Nein. Das ist nicht möglich. Was ich tun werde, ist die Einnahmenseite so gut es geht anzukurbeln und die Ausgaben so gut es geht zu reduzieren.

 

VN: Sie haben keine Mehrheitsbeteiligung - sind aber der größte Anteilshalter. Alles nach Ihrem Kommando?

Klaus: Ich bin der größte Gesellschafter und möchte, dass die Firma so geführt wird, wie meine bisherigen Firmen geführt werden. Ich kann es nicht erzwingen, aber ich kann bei den Mitgesellschaftern an die Vernunft appellieren.

 

VN: Welche Firma steht als nächste auf der Jagdliste?

Klaus: Ich bin niemand, der sich mit den Gegebenheiten zufrieden gibt, will die Dinge in der Zukunft besser machen. Aber ich darf auf mein Alter verweisen. Es ist sehr schwierig - aber möglich - den richtigen Zeitpunkt für ein Zurückschrauben der eigenen Aktivitäten zu finden.

 

VN: Wann wird dieser Zeitpunkt kommen?

Klaus: Ich suche ihn derzeit gerade.

 

VN: Hubert Gorbach soll am 12. Jänner endlich sein neues Büro beziehen.Erleichtert das Ihre Suche?

Klaus: Wenn Österreich dann endlich eine Regierung hat... (lacht). Aber sicher ist der Vizekanzler wichtig, weil er mir hilft, meine zukünftigen Aufgaben zu bewältigen.

 

VN: Somit tritt Gorbach in Ihre Fußstapfen?

Klaus: Nein. Die Zukunft meiner Firmengruppe ist, so hoffe ich, gut geregelt.

 

VN: Wie?

Klaus: (schüttelt den Kopf und lächelt)

 

VN: Und es gibt in Ihrem Firmen-Puzzle tatsächlich keine Teile mehr, die fehlen?

Klaus: Doch, immer. Es gibt immer etwas, das fehlt. Etwas, das man besser machen kann. Eine Firma wird wie ein Mensch nie vollkommen sein.

 

VN: Weihnachten steht vor der Tür. Ihre Wünsche?

Klaus: Das hab ich mir noch nicht überlegt. Das Christkind wird wissen, was ich brauche.

 

(Vorarlberger Nachrichten v. 16.12.06)

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