Auf Kurs

Der neue Verwaltungsratspräsident der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft zieht eine erste Bilanz

Die Schweizer Bodenseeflotte ist unter neuer Führung gut auf Kurs, sagt Verwaltungsratspräsident Hermann Hess . Die Zeit der Werbeschiffe ist vorbei .

Hess bilanzierte an der Hauptversammlung der Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr Ostschweiz die ersten Monate als neuer Chef auf der Brücke des ehemaligen Staatsbetriebes . «Wir sind daran zu lernen und Kontakte zu knüpfen», sagte er am Dienstag auf einer abendlichen Fährefahrt .

Die meisten im Verwaltungsrat hätten zwar nicht viel Ahnung von der Schifffahrt mitgebracht . «Als Unternehmer verstehen wir dafür alle viel von Kunden . » Wolle man Erfolg bei ihnen haben, müsse die Atmosphäre stimmen, weiß Hess . Und da habe es bis jetzt gehapert . Die Fahnen auf den Schiffen beispielsweise seien verblichen und geflickt gewesen . «Einer meiner ersten Entscheide war, neue zu kaufen, und zwar im grösst möglichen Format . » Entscheidend seien gerade die Details . «Ich hatte heute eine Sitzung wegen der Vorhänge . » Um die Garderobenhaken habe er sich bereits vorher gekümmert .

Aber auch im Grossen ändert sich etwas: Die Schiffe verkehren nicht mehr als schwimmende Litfasssäulen . Der Verzicht auf die Werbung koste sie Zehntausende von Sponsorenfranken, sagte Hess .

In den roten Zahlen

Dabei wäre die SBS eigentlich auf zusätzliche Einnahmen angewiesen . «Wir sind immer noch in den roten Zahlen», sagte Hess . Die Rechnung schloss im letzten Jahr mit einem leichten Verlust, aber positivem Cash flow ab .

Weil die neuen Eigentümer insgesamt etwas über elf Millionen Franken zur Verfügung gestellt haben – davon 3 Millionen für den Kauf –, sind die Ausfälle aus der Werbung aber verkraftbar . «Wir haben im Moment keine Liquiditätsprobleme», stellte Hess klar .

Sonder- und Charterfahrten

Vorwärts machen wollen die neuen Besitzer der SBS vor allem im touristischen Bereich . Denn dort lässt sich aus Sicht von Hess in erster Linie Geld verdienen . «Bei den Sonder- und Charterfahrten haben wir den höchsten Deckungsbeitrag . » Der Kursverkehr setzt dem strategischen Kurswechsel allerdings gewisse Grenzen, da er die Schiffe bindet, ist sich Hess bewusst . «Die Verpflichtungen des Fahrplans dürfen uns nicht erwürgen . »

Nach Ansicht von Tourismusexperte Thomas Bieger von der Hochschule St . Gallen ist der Neuanfang die Gelegenheit, den Linienverkehr zu überdenken, wie es seinerzeit die Swiss gemacht habe . «Vielleicht kommt man zu einem ganz anderen Netz . »

Mehr Rückenwind

Wünschen würde sich Hess mehr Rückenwind von der Politik . Im Frauenfelder Regierungsgebäude spiele die Schifffahrt heute nur eine kleine Rolle als touristischer Faktor . «Man interessiert sich kaum dafür . » Die ursprünglichen Pläne für den Verkauf der Flotte sprechen nach Meinung von Hess Bände . Aber auch viele Seegemeinden hätten dem See bis jetzt oft nur eine geringe Bedeutung beigemessen . Ausdruck der Ignoranz sei der teilweise «katastrophale» Zustand der Hafenanlagen . «Dabei ist die Flotte überaus wichtig für die Region», sagte Hess . Die Stadt Rorschach habe die Zeichen erkannt . Aber auch am Thurgauer Ufer scheine ein Umdenken eingesetzt zu haben . Zwei Gemeinden interessierten sich neu für eine Anlegestelle .

Die Firma ist jetzt in drei Einheiten gegliedert: die Bodensee Schifffahrtsgesellschaft AG (Hafen und Immobilien) als Dach, die SBS Schifffahrt AG (Schiffe und Gastronomie) und die SBS Werft AG .

(Markus Schoch/St. Galler Tagblatt v. 24.03.07)

 

Sofort neue Flaggen bestellt

Hermann Hess, Verwaltungsratspräsident der Schweizer Bodenseeflotte, interessiert sich sogar für Details wie die Garderoben-Haken auf den Schiffen. Denn: «Es lohnt sich, unser Image aufzubauen.»

Noch vor einem Jahr hätte kaum jemand auf sie gewettet: Aber die Thurgauer Investoren-Gruppe hat zusammen mit dem Vorarlberger Tourismus-König Walter Klaus den Konstanzer Stadtwerken in letzter Minute die Schweizer Bodenseeflotte weggeschnappt. Seit knapp drei Monaten sitzen sie nun selbst am Ruder, außer Klaus alles keine Schifffahrts-Experten, dafür Unternehmer, «die etwas von Kunden verstehen», sagte der neue Verwaltungsratspräsident Hermann Hess. Die Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr hatte ihn eingeladen, weil sie wissen wollte, was die neuen Eigentümer mit dem Schiffsbetrieb vorhaben. «Wir sind noch bei der Analyse», sagte Hess. Zurzeit fahre die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) zwar leichte Verluste ein, der Cash Flow sei aber positiv. Insgesamt segle die Flotte in sicherem Gewässer.

Niemand will lange suchen

12 Millionen Franken haben die Investoren bereitgestellt, um die SBS zu kaufen und auf Vordermann zu bringen. «Wir haben keine Liquiditäts-Probleme, aber wir drehen jeden Franken um», meinte Hess schmunzelnd. Einiges von dem Geld wird den Schiffen zugute kommen.
Denn die Atmosphäre sei ein sehr wichtiger Teil des Erfolges, glaubt
Hess. Deshalb mischt er sich in Details ein wie Vorhänge und Garderoben-Haken. Neue Flaggen hat er sofort bestellt, nachdem er die verblichenen und geflickten Nationalitäts-Zeichen gesehen habe. «So etwas gibt es bei uns nicht.» Falls nötig hätte er die Fahnen aus eigener Tasche bezahlt. Auch mit Werbung beschriftete Schiffe duldet die neue Führungs-Crew nicht. Obwohl dem Betrieb damit mehrere 10 000 Franken an Einnahmen verloren gehen. Doch dem Verwaltungsrat sind die Aufschriften zu hässlich. Deshalb werden die SBS-Schiffe in Zukunft wieder in klassischem Weiß ihre Runden drehen. Auch der Hafen Romanshorn soll schöner werden. «Ein Hafen muss auf das Erlebnis See einstimmen», findet Hess. Das kann der zweite Referent, der St. Galler Tourismus-Professor Thomas Bieger, nur unterstreichen. Er stört sich an der mangelhaften touristischen Infrastruktur: Anziehungspunkte seien oft schlecht ausgeschildert, der Schiffs-Fahrplan sei ein Buch mit sieben Siegeln. Bieger sagt: «Die Zeiten, in denen der Vater mit dem Kursbuch in der Hand den Familienausflug plante, sind vorbei.» Heute müsse alles schnell gehen und simpel sein. Niemand wolle seine kostbare Freizeit mit Suchen oder Warten verbringen. «Sie müssen es den Menschen einfach machen.» Der Bodensee biete viele verstreute, eher kleine Erlebnisse. Bieger glaubt, die Anbieter würden ihre Chancen erhöhen, indem sie sich vernetzen. Die Schifffahrt müsse ebenfalls Erlebnisse bieten, beispielsweise mit einer Spielecke für Kinder. Der Neustart bei der SBS sei eine gute Gelegenheit, um gewisse alte Strukturen über Bord zu werfen. Sich beispielsweise auf bestimmte Strecken konzentrieren, dort den Takt erhöhen und so für die Passagiere berechenbar sein.

(Ida Sandl/Thurgauer Zeitung v. 23.03.07)

 

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