Schweizer Seemann will selber kaufen

Verkauf der SBS-Flotte an Konstanzer Stadtwerke in Gefahr - Kleinaktionäre haben Vorkaufsrecht

Ein Maschinist der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft will als Kleinaktionär sein verbrieftes Vorkaufsrecht ausüben und dadurch den Verkauf der Flotte an die Deutschen verhindern. Hinter ihm sollen Geldgeber stehen, wird vermutet. Die SBB wollen das Unternehmen hingegen an die Konstanzer Stadtwerke veräußern.

Die Schweizerische Bundesbahn, als Hauptaktionärin der in Romanshorn ansässigen SBS-Flotte, hat ein Problem: Der für diesen Sommer geplante Verkauf des traditionsreichen Schifffahrtsunternehmens an die Stadtwerke Konstanz ist ernsthaft in Gefahr. Ein seit 17 Jahren bei der sechs Schiffe zählenden Flotte beschäftigter Maschinist hat erklärt, er und seine ungenannt bleibenden Geldgeber wollen die Flotte selber kaufen. Dadurch wollten sie verhindern, dass die Schweizer Bodensee-Schifffahrt den Deutschen in die Hände falle. Solche Töne sind angesichts des Swissair-Endes und der späteren Übernahme der "Swiss" durch die Lufthansa Balsam auf die wunde Nationalseele der Eidgenossen: In Radio- und Fernsehsendungen wurde der Maschinist und Kleinaktionär in den vergangenen Tagen präsentiert als sei dem Land ein neuer Wilhelm Tell erstanden.

Die Stadtwerke Konstanz , die 2003 schon die Bodensee-Schiffbetriebe von der Deutschen Bahn AG für 12,8 Millionen Euro erworben haben, wollen die SBS kaufen - und erhalten. Das Gleiche fordert die Schweizerische Bundesbahn auch vom Maschinisten und seinen Hintermännern, sollten die ihr Vorkaufsrecht ausüben wollen. "Wer auch immer die SBS AG kaufen will, muss die Bedingungen erfüllen, die uns am Herzen liegen - also die Nachhaltigkeit, die Sicherheit des Betriebs und der Arbeitsplätze garantieren können", erklärt Roland Binz, Pressesprecher der SBB in Bern.

Die Stadtwerke Konstanz wollen kaufen: "Wir stehen zu allem, was wir angeboten haben", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Konrad Frommer, "und wir hoffen, dass auch die SBB zu uns steht."

Die SBB scheint entschlossen, den Verkauf an die Konstanzer Stadtwerke dem nationalen Rettungsversuch des Maschinisten vorzuziehen. Die Stadtwerke seien eine "gute Kaufinteressentin", so SBB-Sprecher Binz. Die Aktion des Kleinaktionärs und seiner mutmaßlichen Hintermänner ist keine Posse aus dem Anekdotenschatz der Bodenseeschifffahrt, die SBB werden gute Juristen brauchen, um die starke Rechtsposition des Kleinaktionärs zu brechen und an Konstanz zu verkaufen.

(Südkurier v. 29.06.05)

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