Deutsche bremsen Werftausbau

Die Schweizerische Bodensee-Schiffahrtsgesellschaft verschiebt den Entscheid zur Erweiterung der Werft in Romanshorn um ein Jahr. Die deutsche Flotte steuert mit ihren Fähren möglicherweise einen anderen Hafen an.

So hatte es sich Hermann Hess nicht vorgestellt. Im Sommer ging der Verwaltungsratspräsident der Schweizerischen Bodensee-Schiffahrtsgesellschaft (SBS) davon aus, noch in diesem Jahr oder Anfang des nächsten mit dem Erweiterungsbau der Werft in Romanshorn zu beginnen.

Doch das 10-Millionen-Projekt wird jetzt auf Eis gelegt, obwohl die Baubewilligung vorliegt. «Wir haben beschlossen, die Investition für ein Jahr zurückzustellen», sagt Hess.

Konkurrenz in Österreich

Grund für die Neubeurteilung der Lage sind die Pläne der Vorarlberg Lines, die in Fussach für 5,5 Millionen Euro ein neues Trockendock bauen wollen. Die Baubewilligung liegt vor. Mit den Arbeiten los geht es frühestens im Herbst oder Winter des nächsten Jahres gemäß Alexandro Rupp von der Klaus Holding GmbH, zu der die Vorarlberg Lines und die Werft in Fussach gehören.

Damit ändert sich die Ausgangslage für die Schweizerische Bodensee-Schiffahrtsgesellschaft grundlegend. Denn möglicherweise springen ihr jetzt die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) in Konstanz als Partner ab, obwohl sie vertraglich an die Schweizer Flotte gebunden sind. Die Deutschen haben sich im Frühling des letzten Jahres in einem Kooperationsabkommen aller wichtigen Schiffsbetriebe am Bodensee verpflichtet, ihre Fähren für die Landrevision künftig in der Regel nach Romanshorn zu bringen. Genau deswegen soll die Werft dort vergrößert werden.

BSB prüfen neue Optionen

Doch die BSB sehen die Absichtserklärung offenbar nicht als Hindernis, die Fühler nach Österreich auszustrecken. Sie würden derzeit die neuen Optionen prüfen, die sich mit der Planung eines Trockendocks in Fussach ergeben würden, sagt Christopher Pape, Mediensprecher der Stadtwerke Konstanz , in deren Besitz die BSB sind.

«Wir werden eventuell vorhandene Verpflichtungen aber selbstverständlich einhalten», betont Pape, ohne auf Details einzugehen.

Als der Zusammenarbeitsvertrag der Schiffsbetriebe am Bodensee vor eineinhalb Jahren unterzeichnet wurde, war die neue Werft in Österreich noch kein Thema.

Ball flach halten

«Wir warten jetzt ab, wie sich die Deutschen entscheiden», sagt Hess. Es gebe keinen Zeitdruck. «Wir wissen, dass die Werft vergrößert werden muss, aber das muss nicht schon morgen sein.»

Auf Konfrontationskurs mit den BSB zu gehen, hält Hess für die falsche Strategie. Und auch für unnötig. Denn es spreche vieles für den Standort Romanshorn. «Wir haben gute Voraussetzungen. Die Arbeitsbedingungen sind ideal bei uns.» Die Werft sei im Unterschied zum geplanten Trockendock in Fussach geschlossen, es gebe keine Probleme mit dem Wasserstand, und der Weg nach Konstanz sei relativ nah, was nicht unerheblich sei. Denn das Kooperationsmodell sieht vor, dass die Deutschen ihre Schiffe mit dem eigenen Personal in Romanshorn überholen. Kurze Distanzen seien da sicher ein Vorteil, sagt Hess.

Rupp von der Klaus-Gruppe wirft in die Waagschale, dass sich Fussach «innerhalb der EU befindet und wir dadurch arbeitsrechtliche und preisliche Vorteile sehen».

Die BSB sehen sich nach einem neuen Partner im Werftgeschäft um, weil die Bodanwerft in Kressbronn 2011 Insolvenz angemeldet hat.

Zweite große Investition

Der Ausbau der Werft in Romanshorn wäre die zweite große Investition der SBS. Im Sommer weihte sie den sieben Millionen teuren Umbau des Hauptsitzes am Romanshorner Hafen ein.

(Markus Schoch/St. Galler Tagblatt v. 18.12.12)

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