Katamaran: OB Brand tritt als Fürsprecher auf

Wer einmal allein sein will, sollte im Winterhalbjahr Katamaran fahren. Vier Millionen Euro Defizit hat es in fünf Betriebsjahren gegeben. Vor allem, wenn die Touristen wieder zu Hause sind, herrscht tote Hose. Als der Gemeinderat in Konstanz über die Wirtschaftlichkeit diskutierte, war der Häfler OB als großer Fürsprecher da.

Der Rat der Konzilstadt spielt bereits Szenarien durch, was wäre, wenn man aussteigen würde? „So kann es nicht weitergehen“. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) in Konstanz verlangte in einem Antrag Aufklärung, nachdem die Betreiber nicht auf die Idee gekommen waren, von sich aus Zwischenbilanz zu ziehen, wie sie das vor fünf Jahren versprochen hatten. 1200 Personen pro Tag sollten mitfahren, habe man vor fünf Jahren versprochen. „Groß getönt“ habe man, sagte ihr Sprecher am Donnerstagabend im Ratssaal, und es habe sich gut angehört. Allerdings sei nichts davon eingetreten. Von schwarzen Zahlen ganz zu schweigen. „Diese ÖPNV-Verbindung ist ganz klar gescheitert“, sagte er.

Die FWG fordert, dass der Gemeinderat das Verfahren an sich zieht, dass mit dem Land über einen Ausstieg gesprochen, von der Geschäftsführung ein Konzept für den alternativen Einsatz der drei Schiffe entworfen wird und die Ergebnisse bis März vorgelegt werden. Die Installation neuer Betriebsformen erwartet die Fraktion bis 2012/2013. Vergeblich hatte zuvor der Konstanzer Stadtwerke-Geschäftsführer Kuno Werner versucht, die Kat-Entwicklung rosa zu malen. Die Verbindung ans nördliche Bodenseeufer sei letztendlich gelungen. Die Kat-Verbindung müsse im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Lege man nicht die ursprünglichen Erwartungszahlen zugrunde, sei der Betrieb ein „großer Erfolg“, die Verbindung werde akzeptiert, die Ziele seien „weitestgehend erreicht“. Auch die Busse im ÖPNV rechneten sich nicht, bedauerte er, dass die Vorteile, die die Verbindung bringe, immer wieder „etwas vergessen werden“.

Werner kündigte ein neues Konzept und strukturelle Veränderungen in den nächsten Monaten an, versprach neue Ideen, mit denen versucht werden soll, das Defizit zu reduzieren. Letztlich sei es eine politische Entscheidung, an der Verbindung festzuhalten, die für die Region „nicht mehr wegzudenken“ sei.

Segler vergeben Fairness-Preis

Stadtwerke-Chef Konrad Frommer sagte, es sei bekannt, dass die gewünschten Ergebnisse nicht erreicht worden seien. „Auch wir sind unzufrieden und arbeiten an Verbesserungen“, bemerkte er, und: Man sei „wild entschlossen“, eine Kostenreduzierung zu erreichen. In den Bodenseeschiffsbetrieben stecke viel Potenzial, um helfen zu können. „Der Kat ist besser als sein Ruf“, lobte Frommer. Wobei er daran erinnerte, dass sich weder Segler noch Fischer über die Schiffe aufregen würden. Im Gegenteil: Die Segler verliehen den Kat-Kapitänen den „Fairness-Preis“.

Vor fünf Jahren habe man im Konstanzer Gemeinderat gesagt, wenn sich’s nicht rechnet, stampfe man das Projekt wieder ein, hieß es in der Diskussion. Die Bilanz sei ernüchternd. Auf jeder Seite des Sees werden jährlich 400 000 Euro zugeschossen. Auch wenn der Ausstieg zum Nulltarif nicht zu haben sei, solle „über einen geordneten Rückzug nachgedacht werden“, hieß es im Gremium. Herbe Kritik kam auch von der CDU-Fraktion. Sie hält die Katamaran-Verbindung zwar für wichtig, das Defizit könne so aber nicht hingenommen werden.

(Schwäbische Zeitung v. 27.11.10)

 

Ein Schiff als Streitfall

Der Bürger neigt dazu, über Politiker und ihre Entscheidungen zu schelten. Das ist nicht erst seit Stuttgart 21 so, für den Konstanzer Gemeinderat gilt das schon lange.

Doch wer am Donnerstag die Debatte des Gremiums zur Zukunft des Katamarans erlebt hat, darf Abbitte leisten. Die Räte diskutierten inhaltlich auf hohem Niveau, durchaus emotional, aber nie hämisch. Offensichtlich haben sie erkannt, dass die Zukunft der schnittigen Boote letztlich alleine in den Händen der Politik liegt. Sie muss entscheiden, ob beiden Städten eine Verkehrsverbindung wichtig ist, die vermutlich auf Jahre ein Defizit einfahren wird. Allerdings müssen die Reederei-Geschäftsführer die Grundlagen für eine gute Entscheidung liefern, das Minus muss zumindest reduziert werden.

Das Dilemma liegt in der Grundkonstruktion. Der Katamaran sollte eigentlich nicht nur Ausflügler und Urlauber transportieren, sondern eine Pendler-Verbindung sein. Doch er ist eher zur reinen Touristen-Attraktion geworden. Eine gut nachgefragte allerdings: 350 000 Fahrgäste im Jahr sind beachtlich für die noch junge Linie. Dennoch gibt es gute Argumente gegen die Schiffsbrücke. Ein Minus von jährlich 400 000 Euro schmerzt in Zeiten, in denen der städtische Kämmerer und die Stadträte jeden Cent umdrehen müssen. Die Finanzen spielen also aus gutem Grund eine zentrale Rolle in der Debatte. Die SPD warnt allerdings zurecht, ein Ausstieg zum jetzigen Zeitpunkt sei zu teuer.

Hinzu kommt die Frage der Umweltverträglichkeit. Kritiker sprechen von einer schlechten Klimabilanz, rechne man den hohen Treibstoffbedarf auf die Zahl der Fahrgäste um. Der Städteschnellbus wird daher gerne als Alternative gesehen.

Was für den Katamaran spricht: Die Schiffe sind eine Attraktion am See, sie bieten angesichts der vollgestopften Bundesstraße B 31 Entlastung, der Betrieb bietet Arbeitsplätze und selbst wenn die Zahl gering ist: Es gibt Pendler, die das Schiff regelmäßig nutzen. Was gerne vergessen wird, ist die technische Seite. Projekte wie der Katamaran haben eine enorm hohe Innovationskraft in einer Region, die durchaus wirtschaftliche Probleme hat.

Die Reederei führt zum Vergleich gerne das Defizit beim städtischen Bus an. Angesichts der jährlich zehn Millionen Fahrgäste im Roten Arnold hinkt er. Dennoch sollten die Kritiker das Katamaran-Defizit nicht überbewerten. Als die Stadtwerke vor wenigen Jahren anhand von Gutachten belegten, wie wenig rentabel einige kleine, kaum genutzte Buslinien sind, sträubte sich der Gemeinderat vehement gegen Änderungen. Was für die Busfahrgäste gilt, muss aber auch für die treuen Passagiere des Katamarans gelten. Das ist schließlich der entscheidende Punkt in der Debatte: Wollen die Städte diese Verbindung am trennenden See wirklich und stehen sie mit allen Konsequenzen dahinter?

Die von der Geschäftsführung vorgeschlagene Eingliederung in die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) ist der richtige Ansatz. Denn die Schifffahrt der Stadtwerke schreibt schwarze Zahlen. Fährt der Katamaran unter der gleichen Flagge, profitieren auch die Technischen Werke Friedrichshafen (TWF), die finanziell zur Hälfte beteiligt sind. Die Reederei verweist weiter auf die strengen Auflagen der wasserrechtlichen Genehmigung, die für zusätzliche Kosten sorgen. So müssen zwei Schiffsführer an Bord sein. Weil die Genehmigung ausläuft, wollen sie nun mit dem Landratsamt über Erleichterungen verhandeln. Es bestehen durchaus Chancen, da die Boote mittlerweile von Umweltschützern und Fischern akzeptiert werden.

Der Beschluss des Gemeinderats ist eindeutig: Die Reederei-Geschäftsführung hat die wirtschaftlich miese Bilanz unterschätzt und zu wenig gegengesteuert. Sie hat nun den Auftrag, neue Ansätze zu suchen, ob bessere Anschlüsse an den Nahverkehr, Kombi-Tickets mit Konzertveranstaltern oder ein besseres Marketing.

Die Stadträte wurden ihrer Verantwortung gerecht. Einzig die Freien Wähler wirkten in ihrer Rigorosität wie der Elefant im Porzellanladen. Roger Tscheulin (CDU) warnte zu Recht vor allzu selbstherrlichem Auftreten gegenüber den gleichberechtigten Partnern in Friedrichshafen.

(Josef Siebler/Südkurier v. 27.11.10)

 

Gemeinderat will klares Konzept für Katamaran

Der Gemeinderat Konstanz will im zweiten Quartal 2011 ein Konzept zur besseren Wirtschaftlichkeit der Katamaran-Verbindung nach Friedrichshafen sehen. Das Management der Reederei wurde heftig kritisiert.

Die Stadträte diskutierten zweieinhalb Stunden lang über die Zukunft der defizitären Schiffsverbindung zwischen Konstanz und Friedrichshafen. Durchgängig war die Kritik an der Reederei-Geschäftsführung. Sie habe die mangelnde Wirtschaftlichkeit zu lange hingenommen und kein schlüssiges Konzept entwickelt. Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand nahm in der Sitzung Stellung. Er bekannte sich wie sein Konstanzer Kollege Horst Frank klar zur Verbindung: „Wir glauben an den Katamaran und seine Zukunft.“

Die Boote fahren seit Juli 2005 im Stundentakt zwischen Konstanz und Friedrichshafen. Die Katamaran-Reederei Bodensee GmbH schreibt seit Jahren rote Zahlen. Das Defizit für beide Gesellschafter, die Stadtwerke Konstanz und die Technischen Werke Friedrichshafen (TWF), beträgt jeweils rund 400 000 Euro im Jahr. Stadtwerke-Geschäftsführer Kuno Werner sagte, der Katamaran habe aber Vorteile für die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), eine hundertprozentige Tochter der Stadtwerke. Er betonte das verbindende Element: „Für die Region ist der Katamaran nicht mehr wegzudenken.“

Die Haltung der Fraktionen war aber klar: Das Potenzial der Verbindung sei nicht ausgeschöpft. Gefordert wurden unter anderem bessere Anschlüsse an den Flughafen in Friedrichshafen, die Verknüpfung mit den Verkehrsverbünden und ein besseres Marketing. CDU, SPD, FDP, Neue Linie, Bunte Liste und Teile der Freien Grünen Liste (FGL) sehen eine Zukunft für die Schiffe. Horst Frank stützte die Linie: „Es wäre schwer zu vermitteln am See, wenn wir diese Verbindung kappen.“ Der Städteschnellbus sei keine Alternative, hieß es. Ein Ausstieg sei zu teuer, sagte Jürgen Leipold (SPD). Roger Tscheulin (CDU) wies auf die Arbeitsplätze hin.

Die Fraktionen der Freien Wähler (FWG), der Linken Liste und die Mehrheit der FGL forderten dagegen einen schnellen Ausstieg der Stadt. Das Defizit wachse von Jahr zu Jahr um eine Million Euro an, sagte Jürgen Faden (FWG). Ein Ausstieg sei daher günstiger, selbst wenn die Zuschüsse des Landes für die Verbindung zurückgezahlt werden müssten. Der Katamaran sei keine Verbindung des Öffentlichen Nahverkehrs, weil die Pendler fehlen, sagte Werner Allweiss (FGL), „er ist ein touristisches Angebot“.

Mit 20 zu 14 Stimmen wurde beschlossen, der Reederei noch Zeit zu geben. Sie muss bis zum zweiten Quartal 2011 ein Konzept ausarbeiten, das die Mehrheit akzeptiert. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke werde sich damit befassen, kündigte Horst Frank an. Anschließend werde das Konzept dem Gemeinderat vorgelegt. Er und sein Kollege aus Friedrichshafen machten ebenfalls deutlich, dass die Reederei nachlegen müsse. „Ich möchte nicht, dass wir den Katamaran wie eine Monstranz vor uns hertragen“, sagte Andreas Brand. Es sei nun die Aufgabe der Geschäftsführer, Fakten zu schaffen, dann könne politisch entschieden werden. Sein flammender Appell: Die beiden Städte dürften dem Zuschussgeber in Stuttgart nicht das Signal geben, sie seien nicht in der Lage, das Projekt zu stemmen.

(Südkurier v. 26.11.10)

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