Berufsfischer fordern Verschieben der Testfahrten

Die Berufsfischer fürchten eine Kollision bereits während der Erprobungsphase der Katamarane. Der Grund: Noch kein einziger Berufsfischer ist von der Reederei mit Sicherheitsmitteln ausgestattet worden. Nach Auskunft des Landratsamtes Konstanz ist das Vorgehen der Reederei legal.

Andreas Geiger hat Angst, dass die Katamaran-Reederei Bodensee mit ihm und seinen Berufskollegen "ein falsches Spiel treiben will". Weshalb der Sprecher der etwa 170 Berufsfischer rund um den See an die Öffentlichkeit geht. "Kommt es schon während der Erprobungsphase der Schnellboote zu einem Unfall, was wir nicht hoffen, will ich mir nicht vorwerfen lassen, ich hätte mich nicht zu Wort gemeldet."

Seit November vergangenen Jahres habe er in Vertretung seiner Berufskollegen drei Briefe an die Reederei und einen ans Landratsamt Konstanz geschrieben - diese hat die wasserrechtliche Genehmigung für die Katamarne bis 31. Dezember 2005 erteilt - und um ein Gespräch zum Thema "Sicherheit" gebeten.

Erst im April sei es dazu gekommen. Man habe sich darauf geeinigt, dass "alle im Bereich des Fährkorridors tätigen Berufsfischer" mit Radarröhrenreflektoren ausgestattet werden. Ausgabestellen sollten an den Kundenschaltern der Bodenseeschiffsbetriebe in Konstanz, Friedrichshafen, Lindau und unter Umständen in Romanshorn eingerichtet werden. Jedes Netz, so die Abmachung weiter, sollte mit Hilfe von Zwischenbojen - mit Alufolie gefüllte Kanister - gekennzeichnet werden; jedem Fischer wurden 15 solcher naturfarbener Kanister zugesichert.

"Gibt auch moralische Ebene"

"So weit die Theorie", sagt Geiger. "Doch die Umsetzung lässt auf sich warten - obwohl Testfahrten angekündigt sind." Rein rechtlich, sagt Geiger, könne es schon sein, dass der Reederei kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei. "Doch es gibt ja auch eine moralische Ebene. Safety first, hat die Reederei immer betont. Wir fordern, dass die Reederei ihren Grundsatz nicht nur als Lippenbekenntnis von sich gibt, sondern dazu steht und mit den Testfahrten wartet, bis die Sicherheitsauflagen erfüllt sind."

Doch danach sieht es nicht aus. Laut Auskunft des Landratsamtes Konstanz ist das Vorgehen der Reederei rechtens. Christian Brunner, Leiter des Amts für Wasserrecht mit Schifffahrt am Landratsamt Konstanz, spricht sogar von einem "Entgegenkommen gegenüber den Fischern", weil Reederei-Geschäftsführer Rainer Schöttle nach eigenen Worten auf Nachtfahrten verzichten will. Brunner: "Gegen Nachtfahrten bei klarer Sicht wäre nichts einzuwenden, zumal jeder Fischer eine Positionslaterne bei sich haben muss. Überhaupt, so der Amtsleiter, müssten die Sicherheitsauflagen laut wasserrechtlicher Genehmigung erst dann umgesetzt sein, wenn am 6. Juli die reguläre Schiffsverbindung aufgenommen wird, sprich, die Katamarane zwischen Friedrichshafen und Konstanz verkehren. In der Probephase gehe es darum, keine gefährlichen Fahrten zu unternehmen.

Katamaran-Geschäftsführer Rainer Schöttle versichert, dass bis "spätestens Mitte Juni" alle Berufsfischer mit den vorgeschriebenen Sicherheitsmitteln ausgestattet sind. Für die Reflektoren habe man extra eine Halterung entwickeln lassen. Ein Teil dieser Halterungen sei fertig, der andere werde derzeit noch in Allensbach hergestellt. Und auch die rund 2500 Plastikkanister würden den Berufsfischern "rechtzeitig" zur Verfügung gestellt.

Noch keine Adressenliste

Bis Mitte kommender Woche will Schöttle eine Liste mit den Adressen der Berufsfischer vorliegen haben. "Die Ämter sind plötzlich mit Datenschutz gekommen, was uns ein bisschen überrascht hat."

Für Berufsfischer Geiger wiederum ist "die Tatsache, dass sich die Reederei erst so spät um die Adressen kümmert", ein Indiz dafür, wie nachlässig mit den Interessen der Berufsfischer umgegangen werde. "Allein die Einweihungsparty für die Katamarane kostet dreimal so viel wie unsere Sicherheitsausrüstung", mutmaßt Geiger. "Da kann es nicht sein, dass an uns gespart wird."

Die Katamarane sind im Wasser, kommenden Dienstag sollen die Testfahrten aufgenommen werden. Dagegen wehren sich die Berufsfischer. Sie fordern, dass die Reederei zuerst die Sicherheitsauflagen erfüllt.  SZ-Foto: Anja Köhler}

Schnellboot-Genehmigung soll optimiert werden

Das Landratsamt Konstanz hat die wasserrechtliche Genehmigung für die Katamarane bis 31. Dezember 2005 erteilt. Laut Auskunft von Christian Brunner, Leiter des Amtes für Wasserrecht mit Schifffahrt am Landratsamt Konstanz, habe man die Genehmigung aber nicht deshalb befristet, "weil das Projekt so riskant wäre, dass man nach Ablauf dieser Frist über alle Belange wie beispielsweise die Sicherheit neu befinden muss". Vielmehr sei es der Behörde darum gegangen, "den Entscheid nach einem gewissen Zeitraum zu optimieren". Brunner nennt zwei Beispiele: Derzeit haben die Katamarane keinen Vorrang, das heißt, sie müssen den Seglern ausweichen. "Wir schauen, wie das läuft, ob es zu möglichen Beeinträchtigungen kommt", kündigt Brunner an. Ein weiteres Beispiel sind die Wasservögel, die in der Konstanzer Bucht überwintern. Ein Ornithologe hat sie im vergangenen Winter beobachtet. Fahren die Katamarane, wird er dokumentieren, ob und wenn ja, wie sich ihr Verhalten verändert. Darüber werde dann befunden. Auch würden eingehende Meldungen beobachtet.

Zwei bis vier Monate vor Ablauf der Genehmigung muss die Reederei einen Antrag auf Verlängerung stellen. In einem so genannten "kleinen Verlängerungsverfahren" sollen dann die Wasserschutzpolizei, Schifffahrtsämter und beispielsweise die Fischereisachverständigen abgefragt werden. "Ist die Datenlage zu dünn, behalten wir uns vor, die Genehmigung eventuell nur um ein Jahr zu verlängern", sagt Brunner. Ansonsten sei mit "fünf bis zehn Jahren" zu rechnen. Ein längerer Zeitraum sei eher nicht zu erwarten - dafür sei "das alles zu neu".

Die Genehmigung ist im Übrigen in keiner Weise an irgendwelche Besitzverhältnisse gebunden. Christian Brunner: "Uns interessiert, unter welcher Flagge die Schiffe fahren und ob alle Bestimmungen eingehalten werden."

(Schwäbische Zeitung v. 21.05.05)

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