"Alte Dame" zeigt sich in neuem Kleid

Mit stilechten Holzfenstern, neuem Holzboden und frischem Anstrich präsentiert sich die "Schliersee" auf der Landzunge im Yachthafen der Kressbronner Segler. Idealisten des Vereins haben in vielen Arbeitsstunden und mit profundem Fachwissen die über 100 Jahre alte "Schliersee" restauriert und aufgemotzt.

Die betagte "Schliersee" blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Sie durfte schon das Hochzeitsfest von Brigitte Bardot und Gunther Sachs verschönern und Gastgeberin bei einer Geburtstagsfeier von Curd Jürgens sein. Zehntausende weniger prominente Fahrgäste schipperte das kleine Fahrgastschiff im Stil der Jahrhundertwende über den Schliersee.

Das Schiff aus Eichenholz mit seinen 14 Metern Länge wurde im Jahr 1900 von der Lürssen-Werft gebaut und getauft. Im Jahr 1903 bekam die "Schliersee" einen Motor mit dem Stern als Markenzeichen und hatte eine Fahrgastkapazität von 50 Personen. Über 60 Jahre lang versah sie ihren Dienst, hat zwei Weltkriege unbeschadet überlebt und ist in Ehren alt geworden.

Die Eignerin bot das Schiff 1964 der Daimler-Benz AG zum Kauf an. Die zeigte begreiflicherweise vornehmlich am Motor Interesse, den Wilhelm Maybach seinerzeit konstruiert hatte. Letztlich kam das Schiff zum Werk II der MTU nach Friedrichshafen. Der Motor wurde ausgebaut und in der Lehrwerkstatt instandgesetzt. Heute ist er dort betriebsbereit ausgestellt.

Idealisten bringen Einsatz

Das Aschenputtel "Schliersee" gammelte zunächst vor sich hin, bekam aber dann nach einer Idee von Kommodore Viktor Schobinger 1968 einen Ehrenplatz im Hafen der Kressbronner Segler. Viel Schweiß kostete das Verbringen nach Kressbronn, und besonders schwierig war der Weg auf die schmale Landzunge des Seglerhafens. Viele Mitglieder und Gönner stifteten einst Arbeitszeit und Material für den Innenausbau, die Fenster und die Einrichtung. Der Rumpf wurde innen und außen geputzt und frisch bemalt.

Dort fand das Schiff eine neue Heimat auf einem Trockenplatz, diente erst als Clubhaus und ist heute eine Art Wahrzeichen der Anlage. Es diente den Seglern als Schutz vor Unwetter, Stätte der Geselligkeit und zur Pflege der Tradition. Mittlerweile gibt es seit 1983 ein massives Clubhaus, und die "Schliersee" bietet nun der Seglerjugend ein Zuhause.

Mit einem Sektempfang beendeten die Segler die erneuten, umfassenden Renovierungsarbeiten. "Oldtimer brauchen Liebe," betonte Clubpräsident Roland Willmann und dankte den Hauptakteuren mit jeweils einem Erinnerungsbild. Der Verein habe zwar viel Geld investiert, doch ohne den enormen Einsatz einiger Idealisten wäre diese Renovierung nicht möglich gewesen. Besonders bedankte sich der Präsident bei Fensterbauer Reinhold Neidhardt aus Matzenhaus und bei der Schreinerei Hansjörg Denn aus Oberdorf.

(Schwäbische Zeitung v. 28.08.07)

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