«Eine Katastrophe»

Solarfährbetrieb kann Umsatzeinbussen vom Frühling nicht mehr wettmachen

Steckborn. Bereits seit Mitte April kreuzt die Solarfähre diese Saison den Untersee. Das schlechte Frühlingswetter sorgte für eine große Umsatzeinbusse.

«Im Mai war ich mir nicht sicher, ob ich am Polarkreis bin», sagt Josef Hanschur, Kapitän der Solarfähre «Helio». Bereits seit dem 14. April verbindet diese Saison die «Helio» Steckborn mit Gaienhofen am deutschen Untersee-Ufer. Doch: «Wenn es wie im Mai oft regnet, ist die Untersee-Region eine verschlafene Gegend.» Trotz ausgebliebener Passagiere ist der Kapitän mit der «Helio» gefahren. Nur bei Sturm sei er nicht auf See.

Fünf Tonnen Batterien

«Die Umsatzeinbusse in diesem Frühling ist eine Katastrophe», sagt der Geschäftsführer der «Bodensee-Solarschifffahrt», Jörg Dürr-Pucher. «Dieses Loch» könne man diese Saison nicht mehr stopfen. Getragen wird der Solarfähren-Betrieb von dieser Gesellschaft mit Sitz in Radolfzell. Laut Dürr-Pucher sind drei Personen angestellt: Kapitän Hanschur, dessen Frau Monika als Matrosin und eine Büroangestellte.

Doch jetzt scheint die Sonne, als Hanschur mit seiner Fähre an der Schifflände in Steckborn anlegt. Woher denn der Strom für die Elektromotoren komme, wenn die Sonne nicht scheine? «Auf dem Elektroschiff befinden sich fünf Tonnen Batterien. Das reicht für acht Stunden Fahrt bei Nacht», erklärt Hanschur.

Seit der Gründung im Minus

«Alle Beteiligten der Solarschifffahrt brauchen Idealismus. Man muss viel Freude haben und rund um die Uhr arbeiten», so Geschäftsführer Dürr-Pucher. Seit dem Gründungsjahr 2000 hat die Gesellschaft immer ein Minus eingefahren. 2005 resultierte laut Dürr-Pucher ein Erfolgs-Fehlbetrag in Höhe von 30 000 Euro. «Die gerade anfallenden Kosten werden mit den Einnahmen getragen, doch Abschreibungen können nicht verdient werden.»

Kein Geld von Seegemeinden

Unternehmungen und Private kommen für einen Teil der fehlenden Finanzen auf. Bis zur letzten Saison sei auch die Frauenfelder Firma SIA am Fährbetrieb beteiligt gewesen. Obwohl die Solarfähre ein touristischer Magnet ist, bleibt laut Dürr-Pucher die finanzielle Unterstützung der Gemeinden Gaienhofen und Steckborn aus. «Dies wäre eigentlich das Mindeste, damit wir im Stande wären, eine schwarze Null zu schreiben.»

Ein weiteres Standbein der Gesellschaft ist das «Schwimmende Klassenzimmer». Für Schulen werden Unterrichtsstunden auf dem See angeboten. «Und die Fähre kann für verschiedene Anlässe gemietet werden», erläutert Dürr-Pucher. Er denkt an Hochzeiten und Geburtstage.

Was ist Kapitän Hanschurs Sommerwunsch? Gutes Wetter und viele Fahrgäste, sagt er. «Und dass die einzigartige Solartechnik noch mehr Leute erreicht.» So, sagt er dann und schaut leicht nervös auf die Armbanduhr. Genug gesprochen, er muss losfahren – der Fahrplan ruft.

Fahrplan unter www.solarfaehre.de

(Lukas G. Dumelin/ St. Galler Tagblatt v. 15.06.06)


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