Eine Ära am See geht zu Ende

Eingefleischte Anhänger der Schifffahrt dürften eine dicke Träne verdrückt haben, als sie vom Ende der Bodan-Werft in Kressbronn hörten. Schiffe vom Bodensee haben eine lange Tradition, sie sind wie eine eigene Marke.

Vergangenes Jahr erst ist in der Reihe des Mannheimer Landesmuseums für Technik und Arbeit (Technoseum) ein umfassendes Buch von Michael Berg zur Motorschifffahrt auf dem Bodensee unter der Deutschen Reichsbahn und in der Nachkriegszeit erschienen. Und deren Geschichte ist untrennbar mit der Bodan-Werft verbunden.

Die alten Gebäude am Kressbronner Ufer haben ihren eigenen Charme. Durch die Hallen tönen die Geräusche von Schleifmaschinen und Schweißgeräten, der Geruch von Metall und Farbe steigt in die Nase. Der Besucher schaut bewundernd den Arbeitern beim akribischen Bau der mächtigen Schiffe zu. Diese Zeiten sind bald vorbei. Robert Dittmann, Geschäftsführer der Bodan-Werft, hat das Ende verkündet, gescheitert sind die Pläne einer Lösung im Hinterland des Ortes am Obersee.

Das Aus hat weitreichende Folgen für einige Städte und Schifffahrts-Unternehmen am Bodensee. So hatten Planer und Politiker in Friedrichshafen gehofft, die BSB (Bodensee-Schiffsbetriebe GmbH), eine Tochter der Stadtwerke Konstanz, bräuchten auf lange Sicht ihr eigenes Werft-Gelände an der Uferpromenade der Stadt nicht mehr. Doch nun sieht alles anders aus.

Die drei Schifffahrts-Unternehmen der Bodensee-Anrainerländer Deutschland, Österreich und Schweiz haben jeweils eine eigene größere Anlage zur Instandhaltung und Wartung der Schiffe. „Unsere Werft in Friedrichshafen ist ausreichend für alle Passagierschiffe der BSB“, sagt etwa Konrad Frommer, Geschäftsführer der Stadtwerke Konstanz. In Romanshorn ist dagegen Platz zur Wartung der breiteren Autofähren. Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG Romanshorn (SBS) plant schon den Ausbau, um den Schiffen auch der Länge nach genügend Platz zu bieten. Die Vorarlberg Lines Bodenseeschifffahrt GmbH & Co. (VLB) betreibt eine weitere Werft im österreichischen Fußach. Die BSB-Anlage im Konstanzer Hafen ist dagegen nur für Arbeiten an kleinen Schiffen, wie dem Katamaran, geeignet. Der für diesen Standort ins Spiel gebrachte Bau einer neuen „Gläsernen Werft“ scheint momentan eher unwahrscheinlich zu sein.

Die Werften sind für die Reedereien noch aus einem anderen Grund wichtig. Die Mitarbeiter, die im Sommer durch den Schiffsbetrieb voll ausgelastet sind, werden im Winter mit der Instandhaltung beschäftigt.

Das Ende der Bodan-Werft in Kressbronn ist dagegen für den Bau neuer Schiffe bedeutend, wie das Beispiel der Stadtwerke Konstanz zeigt. Zwölf ihrer 13 Fähren, die sie in den vergangenen Jahrzehnten zwischen Konstanz und Meersburg eingesetzt haben, wurden in Kressbronn gebaut. Konrad Frommer: „Seit die Stadtwerke Schifffahrt betreiben, also seit 1928, verbindet uns eine enge Zusammenarbeit.“ Letzter großer Auftrag war die Fähre „Lodi“, die seit 2010 im Linienverkehr fährt. Dennoch haben die drei Reedereien die Zusammenarbeit bei den Neubauplänen von Robert Dittmann aufgekündigt. In den Verhandlungen um die Verlagerung der Werft in Kressbronn ging es auch um eine mögliche Beteiligung der Unternehmen. Denkbar war zum Beispiel ein Kauf der Werft. Diese Überlegungen scheiterten letztlich. Im August 2009 hatten die drei Reedereien noch gemeinsam mit der Bodan-Werft-Entwicklungsgesellschaft mbH Kressbronn einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Ziel war es, ein gemeinsames Konzept zu entwickeln. Im November 2010 kam das Aus: Eine gemeinsame Werft-Infrastruktur werde nicht weiter verfolgt. Schwerpunkt sei nur noch die Instandhaltung und Revision bestehender Schiffe – der Abschied vom Schiffsbau war besiegelt. Die drei Unternehmen wiesen auf die hohen Investitionen von mindestens 16 Millionen Euro für den Neubau hin. Zudem wurde die Lage in einem Naturschutzgebiet als heikel betrachtet.

Schon seit langer Zeit hieß es aus dem Umfeld der Reedereien, das Vertrauen sei zunehmend erschüttert worden. Die Begeisterung über einen Neubau, weg vom Wasser, hielt sich sehr in Grenzen. Dennoch wurde lange verhandelt. Dies wiederum wurde dem Verhandlungsführer der Stadtwerke, Konrad Frommer, letztlich von Aufsichtsräten seines Unternehmens vorgeworfen.

Fachleute sprechen von einem schwierigen Markt. „Es werden eben nicht so viele Schiffe gebaut“, sagt ein Kenner der Szene. Die BSB gehören zu jenen Betrieben, die viele Schiffe in Kressbronn bauen ließen. Allerdings sind noch andere Werften zum Zug gekommen. Geschäftsführer Jörg Handreke: „Jedes Schiff wurde öffentlich ausgeschrieben.“

Das Zukunftsmodell der Werftenlandschaft am Bodensee dürfte auf zwei Füßen stehen. Das BSB-Schiff Überlingen lieferte vergangenes Jahr das Muster: Die Rohbauteile wurden im österreichischen Linz gefertigt, weil die dortige Werft den Zuschlag bekam. Konrad Frommer: „Das war eine Preisfrage.“ Zusammengebaut wurde das Schiff in Fußach und schließlich in der BSB-Werft in Friedrichshafen ausgebaut. Das ganze Verfahren sei tadellos gelaufen, sagt er. „Mit diesem Neubauschiff haben wir bewiesen, dass solch ein Konzept tragfähig ist.“

Die Stadt Friedrichshafen muss über die Gestaltung ihres Hafengeländes nun neu nachdenken, da die BSB-Werft weiter genutzt werden soll. „Wir beschränken uns aber auf das betrieblich notwendige Gelände“, sagt Konrad Frommer. Das Umfeld könne die Stadt ihren Vorstellungen entsprechend gestalten. Die Möglichkeiten seien in ersten Gesprächen abgesteckt worden.

(Josef Siebler/Südkurier v. 12.02.11)

 

Arbeitsplatz Schiffsbau

60 Menschen werden ihre Arbeitsplätze verlieren, wenn die Bodan-Werft in Kressbronn endgültig geschlossen wird. Sie sind im Durchschnitt 51 Jahre alt und arbeiten durchschnittlich 18 Jahre auf der Werft. Die Verhandlungen zwischen der Industriegewerkschaft Metall (IGM) und Robert Dittmann, Geschäftsführer der Werft, über einen Sozialplan sowie eine Transfer-Gesellschaft sind gescheitert. Nun wird auf Betreiben des Werft-Geschäftsführers vor einer Einigungsstelle, mit Arbeitsrichter Carsten Witt an der Spitze, weiter verhandelt. Erster Termin ist am Freitag, 18. Februar.

Streitpunkt bei den bisherigen Verhandlungen zwischen Arbeitnehmer-Vertretung und Werft-Geschäftsführung ist die Finanzierung des Sozialplans und einer möglichen Transfergesellschaft. Bisher sind 1,1 Millionen Euro angeboten worden. Doch Lilo Rademacher, erste Bevollmächtigte der IGM Friedrichshafen-Oberschwaben, fordert 2,1 Millionen Euro.

In Schweigen hüllt sich nach wie vor der Chef der Bodan-Werft. Trotz mehrfacher Nachfragen im Vorfeld und eines detaillierten Fragenkatalogs, der ihm von der Redaktion per E-Mail diese Woche zugeschickt wurde, verweigert Robert Dittmann eine Stellungnahme. Nicht einmal Fragen zu den Hintergründen für die Stilllegung der Werft oder zu den bisher gebauten Schiffen und deren jeweiligem Finanzvolumen wurden beantwortet.

Reaktionen der Politik: Lothar Wölfle, Landrat des Bodenseekreises, sicherte zu, dass er prüfen werde, ob und wie der Kreis gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Mitarbeitern der Bodan-Werft helfen könne.

Zukunft des Werftgeländes: 40 000 der 50 000 Quadratmeter des direkt am Seeufer gelegenen Werftgeländes sollen künftig für touristische Zwecke beziehungsweise für Wohnhäuser mit exklusiver Sicht auf den Bodensee genutzt werden. Die entsprechenden Bebauungspläne hatte der Kressbronner Gemeinderat bereits im November 2010 auf den Weg gebracht.

(Manfred Dieterle-Jöchle/Südkurier v. 12.02.11)

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