Mehr als eine Handbreit Wasser unterm Kiel

Die kleinen Schifffahrts- betriebe kennen keinen Saisonstart. Sie fahren fast das ganze Jahr über.

Während die Kapitäne der Schweizerischen Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) am Wochenende noch gebannt auf die magische Zahl des Hemishofer Pegelstandes schauten, konnten sich Herbert Stoll und Peter Thalmann locker geben und in dieser Hinsicht bedenkenlos Hand ans Steuerrad legen. Auch Werner Mändli scherte sich am Wochenende nicht um den Wasserstand, ebensowenig wie Ernst Mändli und sein Schwiegersohn Reto Holdenrieder.

45 Zentimeter weniger Tiefgang

Ab einem Stand von 393.60 beim Pegel Rheinklingen wird es für die großen Schiffe der «Weißen Flotte» der Schifffahrtsgesellschaft URh zwischen Schupfen und Stein am Rhein prekär. Die Schiffe können vor Hemishofen auf Grund laufen. «Wenn die Grossen nicht mehr fahren können, haben wir immer noch 45 Zentimeter Reserve», beschieden am Wochenende gleich lautend Herbert Stoll und Peter Thalmann. Herbert Stoll ist Eigner und Schiffsführer oder Kapitän des in Schaffhausen beim Salzstadel liegenden Motorschiffs «Albatros», das er mit seiner Frau Monika betreibt. Peter Thalmann ist Kapitän des in Stein am Rhein liegenden Motorschiffs «St. Georg», das der Familie Schwegler vom Restaurant Rheinfels in Stein am Rhein gehört.

Nur Unterbruch der Saison

Die so genannten kleinen Schifffahrtsunternehmen auf dem Rhein kennen daher keinen durch den Wasserpegelstand bedingten Saisonstart. Sie befördern Fahrgäste das ganze Jahr über. Fast das ganze Jahr. Herbert Stoll macht nach Weihnachten bis 15. Februar Pause, quasi einen kurzen Unterbruch der Saison. Keinen Unterbruch kennen Werner Mändli und sein Sohn Thomas, die im Rheinfallbecken die über viele Generationen bestehende Schifffahrt fortführen. Sie fahren den ganzen Winter über an den Wochenenden zum Rheinfallfelsen, es sei denn, er ist total vereist. «Wir wollen auf dem Felsen nicht salzen», sagt Werner Mändli, «der Natur zuliebe.» Seit 1999 ein beheizbares Kabinenboot die Flotte der zwölf Fährboote im Rheinfallbecken ergänzt, lassen sich auch an den Wochenenden im Dezember und Januar Gäste auf den nicht vereisten Rheinfallfelsen fahren.

Kursschifffahrt unterhalb des Rheinfalls

Die Motorschiffe «Albatros» und «St.  Georg», die den See und den Rhein oberhalb des Rheinfalls befahren, bieten keine Kursfahrten an. Sie wollen das auch nicht. Sie bieten Gesellschaftsfahrten und so genannte Programmfahrten an. Werner und Thomas Mändli im Rheinfallbecken machen mit den Fahrten zum Felsen fast so etwas wie Kursfahrten. Dafür müssen sie beim Kanton eine Konzession lösen. Kursschifffahrt, zumindest ab April jeweils am Sonntag und im Juli und August täglich, bietet Barbara Holdenrieder mit ihrem Mann Reto und ihrem Vater Ernst Mändli an. Ihr Familienbetrieb ist im Nohl auf Zürcher Boden domiziliert. Mit sechs Weidlingen und einem Kabinenschiff befahren sie den Rhein unterhalb des Rheinfalls. Ihr Kabinenschiff, das als Kursschiff eingesetzt wird, fahren sie bis Rheinau. Mit den Weidlingen, die die Kraftwerksperren überwinden können, bieten sie Fahrten nach Eglisau an, ja die Konzession reicht sogar bis Rekingen. Abhängig vom schwankenden Wasserstand des Rheins, gelingt es der Schifffahrtsgesellschaft URh kaum, gewinnbringend zu fahren.

Keine Klagen über Finanzen

Die kleinen und mittleren Schifffahrtsbetrieben auf dem Rhein - und dazu gehören auch die «MS Kreuzlingen», die von der Diessenhofer EPH Nautic AG des Erich K. Schulthess betrieben wird, die Paradies-Fähre von Roland Walter, die Rheinschifffahrten Wirth in Eglisau, die Schifffahrtsgesellschaft «Züri-Rhy», die von Madelaine und Heinz Frigerio von Teufen aus geleitet wird - lassen keine Klagen über ihre Finanzen hören. Klar, es sind Familienbetriebe, die der Öffentlichkeit keine Einblicke in ihre Geschäftsberichte gewähren. Doch die Tatsache, dass sie seit Jahren ihr Geschäft betreiben, dass alle ihre Flotte mit Investitionen auf dem neuesten Stand halten, lässt den Schluss zu, dass das Geschäft rentiert.

Selbst Kapitän sein

Übrigens: Wer selbst einmal als Kapitän auf dem Rhein navigieren will: Pascal Mändli im Neuhauser Rundbuck macht's möglich: Er bietet vier Boote «Mich kann man mieten» an, die man prüfungsfrei fahren darf.

(Wolfgang Schreiber/Schaffhauser Nachrichten v. 30.04.07)

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