Vollmond an zu Land und Wasser

Nächtliche Schifffahrt auf dem Bodensee – Vollmondbar im Gewächshaus der Stadtgärtnerei

Im Sommer 1957 gab es eine Schifffahrt mit der «Säntis» bei Mondschein. Heute Nacht wird in Kreuzlingen dem Mond wieder in der zur Tradition gewordenen Vollmondbar gehuldigt.

Am 9. Juli 1957 boten die Verkehrsvereine Kreuzlingen, Arbon und Rorschach gemeinsam eine Mondscheinfahrt auf dem Obersee mit drei Schiffen an. Die «Säntis» sollte um 20.30 Uhr in Bottighofen und eine Viertelstunde später in Kreuzlingen anlegen. Man erwartete zwei- bis dreihundert Gäste, die für die rund dreistündige Fahrt 2.50 Franken bezahlen mussten. Geplant war, dass sich die drei Schiffe etwa 4 Kilometer vor Langenargen treffen und gemeinsam einen «Corso» fahren sollten. Wegen schlechtem Wetter wurde die Mondscheinfahrt zweimal verschoben und fand erst am 5. August statt. Auf die außergewöhnliche Hitze, die Anfang Juli noch auf dem Kantonalen Turnfest in Kreuzlingen gelastet hatte, folgten nämlich eine ganze Reihe Schlechtwettertage.

Vollmondbar

Die «Säntis» war damals ein ganz neues, im Jahr zuvor erbautes Motorschiff. Noch heute zieht sie ihre Kreise, bereits umweht vom Hauch der Nostalgie. Sie kann rund 320 Passagiere aufnehmen und bietet Platz für Bankette bis zu 100 Personen. Das Schiff wird heute vor allem für Sonderfahrten wie für Hochzeiten eingesetzt. Noch immer bietet die Schweizerische Bodenseeschifffahrtsgesellschaft AG Vollmondfahrten an, jedoch nicht mehr auf der «Säntis». Die nächste findet am 28. August statt. Dass dem Vollmond nicht nur zu Wasser, sondern auch zu Land gehuldigt werden kann, zeigt die Vollmondbar, die sich in der Grenzstadt immer größerer Beliebtheit erfreut. Auch die heutige Vollmondnacht werden viele Kreuzlingerinnen und Kreuzlinger im Gewächshaus der Stadtgärtnerei hinter dem Sallmann'schen Haus genießen. Mondschein beflügelt seit jeher Dichter, Komponisten und Maler, in Kreuzlingen anscheinend auch die Politiker. Denn vor Jahren war die Vollmondbar noch Wahl-Event einer bürgerlichen Partei. Diese Zeit jedoch ist dank Sekundarlehrerin Iris Schmid längst vorbei. Ihr kommt das Verdienst zu, gegen anfängliche Bedenken der Parteikollegen, den Mond aus seiner irdischen Verstrickung gelöst und wieder am Himmel aufgehängt zu haben, wo er nun Politischen und Unpolitischen gleichermaßen leuchtet. Gemeinsam mit Erika Dörflinger und Silvia Dahinden verwirklichte sie ihre Idee, eine Vollmondbar als feste Institution einzurichten. Von Anfang an dabei war auch Gemeinderat Edi Hanselmann. Ein Verein auf gemeinnütziger Basis entstand. «Die Vollmondbar entspricht einem Bedürfnis vieler Menschen nach ungezwungener Geselligkeit», erklärt Iris Schmid. Die Preise für Speisen und Getränke seien bescheiden, obwohl auf Qualität geachtet werde.

«Alle sind willkommen»

Gewinn wird nicht erarbeitet, jedoch ist die Organisation dank ehrenamtlichem Einsatz aller Beteiligten selbsttragend. Die Stadt stellt außerdem das Gewächshaus kostenlos zur Verfügung. Immer verschönern Musizierende aus der Region den Abend, nur sie erhalten eine Gage. Im Laufe der Jahre hätten sich immer mehr Besucherinnen und Besucher jeden Alters eingefunden, berichtet Erika Dörflinger: «Alle sind bei uns willkommen, ob sie nun vom Spaziergang mit dem Hund kommen oder spät von der Sitzung her noch in Schale bei uns vorbeischauen».

(Renata Egli-Gerber/St. Galler Tagblatt v. 30.07.07)

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