Auch die Weiße Flotte ist dabei

Der Bodensee steht vor dem größten Ereignis der letzten Jahrzehnte . Mehr als 5000 Boote werden sich am 20 . Mai an der vom Verein "Schweizer Kinder" initiierten Schiffsbrücke beteiligen . Auch die Vereinigten Schifffahrtsunternehmen sind mit mindestens vier ihrer großen Schiffe und Fähren dabei .

Ein Kribbeln durchzog gestern Mittag den Säntissaal im alten Landratsamt, als Hildegard Nagler erstmals offiziell vor den versammelten Medien das Projekt des Vereins vorstellte, für das sie gleichsam Ideengeberin, Triebfeder und Lokomotive ist: Wenige Minuten zuvor hatte ihr BSB-Geschäftsführer Kuno Werner mitgeteilt, dass die "Weiße Flotte" sich mit mindestens vier großen Schiffen und Fähren an der Brücke beteiligen wird . Deren Teilnahme stand noch in Frage, nachdem die Schiffe bereits im saisonalen Kursverkehr eingebunden sind .

So viel positive Schubkraft ist selten: Segel- wie Motorbootverbände, Schifffahrtsamt, Katamaran- und Deutsche Zeppelin-Reederei, die Städte Friedrichshafen und Romanshorn wie die Polizei stehen voll wie eine Wand hinter dem Projekt, am 20 . Mai zwischen Friedrichshafen und Romanshorn eine Schiffsbrücke zu platzieren, um damit - wie in der SZ berichtet - 60 Jahre nach Kriegsende an die vorbildliche Menschlichkeit vieler Schweizer zu erinnern, die damals Not leidende Kinder aus Deutschland und Österreich (allein 1900 aus Friedrichshafen) zu sich eingeladen und sie verwöhnt haben . Alle ziehen mit an dem Projekt . Keiner äußert Bedenken . Und alle sind überzeugt, eine Mega-Veranstaltung gemeinsam über Ländergrenzen zu schaffen, erst recht, wenn das Wetter mitmacht .

Bürgermeister Peter Hauswald sagte die Unterstützung der Stadt "mit Rat und Tat" für diese grandiose Idee zu . Die jetzt schon gute Zusammenarbeit in der Region über Ländergrenzen hinweg werde damit noch besser werden, prophezeit er . BSB-Geschäftsführer Kuno Werner war eigens aus Konstanz gekommen, um die gute Nachricht der Beteiligung der "Weißen Flotte" zu überbringen . "Obwohl es für uns während der Saison kein Leichtes ist, Schiffe zur Verfügung zu stellen, schaffen wir es, mit Schiffen aus Bregenz, Friedrichshafen, Romanshorn und Konstanz die Pfeiler für die Schiffsbrücke zu sein", erklärte er als Vorsitzender des Verbands der Vereinigten Schifffahrtsunternehmen für den Bodensee und Rhein . Das Traditionsschiff MS "Thurgau" wird Mittelpunkt der Kette, außerdem werden zwei Fähren eine optimale Plattform sein . Werner will versuchen, noch mehr als die vier Schiffe bereit zu stellen . Grünes Licht gab auch Manfred Foss von der Katamaran-Reederei . "Das wird eines der Highlights der letzten Jahrzehnte auf dem Bodensee . "

"Fantastische Geschichte"

Zuerst habe ihn der Gedanke fasziniert, dann war er wie elektrisiert, schilderte Reinhard E . Kloser, Senior-Kapitän der "Hohentwiel" und Schifffahrts-Sachverständiger, seine Gefühle . Der viel herumgekommene Kapitän kennt die Not und das Elend der Kinder dieser Welt, weshalb für ihn der soziale Aspekt im Vordergrund steht . Von einer "fantastischen Geschichte" sprach D . Haertel vom Seglerverband . Ihn zu überzeugen, dazu habe es keine zwei Sätze gebraucht . Sein Verband betreut 100 Vereine mit 20 000 Mitgliedern und 10 000 Booten .

"Wir freuen uns ganz arg", kündigte Marion Berg von der Deutschen Zeppelin-Reederei (DZR) ihr Luftschiff auf dem Flug nach Romanshorn und in einer Schleife an, und Gemeindeammann Max Brunner aus Romanshorn freut sich vor allem, dass die "Thurgau" dabei ist, auf der einst Tausende von Kindern nach Romanshorn, Rorschach und Arbon gefahren sind .

Ein Fan der Aktion ist Wasserpolizei-Chef Heinz Unglert . Mit sechs großen und noch einmal so viel kleinen Schiffen wird die Wasserschutzpolizei dabei sein, dazu der Zoll, die Feuerwehren, das DLRG und das THW . Bei Sturm wird das Vorhaben abgeblasen . Ein Ersatztermin ist problematisch . Für ein Schlechtwetterprogramm wird noch gesorgt . Ideen sind übrigens noch willkommen: Die Messe Friedrichshafen war bereits kreativ . Sie will während der Interboot 100 Schweizer Kinder einladen .

Ludwig Gebhard, der Chef der Schifffahrtsbehörde im Bodenseekreis, ist von der Idee ebenso gefangen wie seine Kollegen . Er geht schon einmal von 5000 Schiffen aus und verspricht vor dem Hintergrund des Engagement für Not leidende Kinder: "Wir unterstützen das in nur allen denkbaren Bereichen" . Kommentar

 

Kompliment an die "Weiße Flotte"

Kommentar

Eine solche Einigkeit und Bereitschaft ist bemerkenswert: Wie Verbände, Behörden und Private hinter der Idee der Schiffsbrücke zwischen Friedrichshafen und Romanshorn stehen, um an eine große Geste in einer bösen Zeit zu erinnern, das macht Mut .

Die Bedenkenträger schienen gestern Hausverbot gehabt zu haben im Landratsamt . Keiner stand auf, um einen sonnigen Nachmittag zu bewölken, ein Wetter, wie man es sich auch für den 20 . Mai wünscht . Keiner will offenbar abseits stehen, an die Geste aus der Schweiz vor 60 Jahren zu erinnern . Alle wollen dabei sein, ein unübersehbares Signal in Sachen Völkerverständigung zu setzen, und den Verein "Schweizer Kinder" in seinem künftigen Ansinnen zu unterstützen, anknüpfend an das Beispiel von der anderen Seeseite Kindern in Not zu helfen .

Ein dickes Kompliment gilt den Verantwortlichen der "Weißen Flotte" auf dem See . Obwohl sie sich am 20 . Mai bereits im saisonalen Kursverkehr befinden und die Fahrpläne stehen, wollen sie dabei sein . Mit mindestens vier Schiffen, darunter der legendären "Thurgau", werden sie das Gerüst für die Schiffsbrücke bilden, sich einreihen in die Kette . Und damit die halbe Miete für den Erfolg dieser Aktion sein .

Die bisher genannten Zahlen von 1500 teilnehmenden Schiffen sind bereits Vergangenheit . Zwischenzeitlich ist von 5000 die Rede, und das könnte immer noch nicht das Ende der Fahnenstange sein . Denn die Begeisterung über das Vorhaben macht nicht auf der Seemitte Halt, überall ist sie enorm . In der Schweiz wie in Vorarlberg laufen die Vorbereitungen für eine großartige Sache . In Friedrichshafen sowieso .

(Schwäbische Zeitung v. 17.03.07)

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