Wenn der Kapitän zum Farbtopf greift

Mit dem heutigen Saisonstart der URh geht die Revisionszeit zu Ende. Seit Oktober wurde in der Werft Langwiesen ausgebessert, kontrolliert und ein Schiff neu gestrichen.

Mit kräftigen Bewegungen bürstet Matrose Thomas Nüssner mit dem Schrubber die Schiffswand der MS „Thurgau“. Spuren von Algen und Kalk müssen am Unterschiff entfernt werden. Nüssner ist nicht der Einzige, der noch zu tun hat.

Wer am vergangenen Mittwoch einen Blick in die Werft in Langwiesen warf, der konnte sehen, dass an jeder Ecke noch tüchtig gewerkelt, geschraubt und kontrolliert wurde. Wenige Tage vor dem Saisonstart mussten die Arbeiten an den Kursschiffen der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) rechtzeitig zu Ende gebracht werden.

Seit Ende Oktober 2013 sind die Mitarbeiter damit beschäftigt, die Flotte wieder auf Vordermann zu bringen. Theoretisch also seit fünf Monaten. Praktisch relativiert sich diese Zahl schnell. „Tatsächlich ist jede Arbeitskraft in der Werftsaison nur zehn bis zwölf Wochen im Einsatz“, erklärt Werftleiter Herbert Rispy. Grund dafür ist, dass die Mitarbeiter zwischen Oktober und Anfang April ihre während der Schifffahrtssaison angesammelten Überstunden abbauen und Ferien nehmen. „Während der Saison sind wir dauernd unterwegs, auch am Wochenende. Da kann keiner in die Ferien fahren“, so Rispy.

Kapitän erneuert Sitzbänke

Aber welche Arbeiten kann ein Kapitän währen der Wintermonate überhaupt erledigen? „Zum Saisonstart kommt immer wieder die Frage: ‚So, habt ihr wieder Winterschlaf gemacht?‘“, sagt Rispy, der auch selbst Schiffsführer ist. „Manche Menschen haben das Gefühl, wir machen im Winter nichts.“

Tatsächlich arbeiten die 22 Festangestellten der URh aber nicht nur saisonal, die Kapitäne, Maschinisten oder Matrosen packen auch im Winter mit an. So etwa Patrick Stoll, der als eine der letzten Arbeiten Schiffsbänke erneuerte. Der Schiffsführer schneidet in den letzten Tagen vor dem Saisonstart gerade Banklatten zu, um angebrochene Latten zu erneuern. „Wir sind alle Quereinsteiger“, sagt Herbert Rispy. So hat die Kassiererin Malerin gelernt oder der Schiffsführer Patrick Stoll auch eine Ausbildung als Elektromechaniker absolviert. In der Mannschaft sind weiter auch Maschinenschlosser, Schreiner oder Elektriker. Die nötigen Arbeiten während der Wintermonate werden jeweils nach den beruflichen Stärken verteilt. „Und natürlich auch nach der anfallenden Arbeit“, sagt Rispy. Allrounderfähigkeiten seien gefragt.

500 Liter Farbe für neuen Glanz

Bei der kompletten Farberneuerung der MS „Munot“ beispielsweise reichten die zwei gelernten Maler im Team nicht aus. Immerhin handelte es sich um eine Fläche von 1300 m2, die zunächst angeschliffen, grundiert und danach zweimal gestrichen werden musste. Hier musste so mancher Schiffsführer oder Matrose einen Pinsel in die Hand nehmen. Die Farberneuerung, bei der insgesamt rund 500 Liter Zweikomponentenfarbe verwendet wurden, war eines der großen Projekte, die in der Werft in den vergangenen Monaten durchgeführt wurden.

Das Antriebssystem des Ruderpropellers der MS „Arenenberg“ musste generalüberholt werden. Das gestaltete sich ebenfalls sehr aufwendig. Zwar war auch für die Revision selbst eine externe Firma zuständig, den Ein- und den Ausbau übernahmen jedoch die URh-Mitarbeiter. „Das waren insgesamt fünf Maschinenteile von je einer Tonne“, sagt Rispy. Für den Ausbau eines einzigen Teils habe man einen Tag benötigt. Doch es sind nicht nur die großen Revisionen, die während der Wintersaison anfallen, sondern auch viele kleine Unterhaltsarbeiten. Gleich nach Ende der Saison muss etwa das Wassersystem entleert werden, damit das Wasser nicht gefriert. Weiter muss die Elektrik kontrolliert werden.

Neue Vorschriften des BAV

Zudem gilt es, allfällige neue Vorschriften des Bundesamtes für Verkehr (BAV) zu beachten. So wurden in den vergangenen Monaten beispielsweise neue Lampen auf den Schiffen installiert. Neuerdings müssen die Rettungsmittel im Falle eines Stromausfalls beleuchtet und dadurch kenntlich gemacht werden.

„Langweilig wird es uns nicht“, so Herbert Rispy über die vielen Arbeiten der letzten Monate – von wegen Winterschlaf. Nun freuen sich der Werftchef und die Mannschaft auf die Sommersaison.

Fahrplan Trotz niedrigem Wasserpegel auf Kurs

Wasserstand Letzte Woche noch hätte der niedrige Wasserpegel nicht ausgereicht, um den Fahrtbetrieb aufzunehmen. Mittlerweile führt der Rhein ausreichend Wasser, und die Kursschiffe können durchgehend von Schaffhausen nach Kreuzlingen fahren.

Saison Heute, 5. April beginnt die neue Saison. Bis zum 17. April verkehren die Kursschiffe zunächst nur an den Wochenenden. Am 18. April beginnt der tägliche Betrieb, Saisonende ist am 19. Oktober.

Higlights Am 3. Mai wird die 43. Internationale Flottensternfahrt durchgeführt, am 1. August wird eine Fahrt ans Feuerwerk Stein am Rhein durchgeführt und am 9. August ans Seenachtsfest Kreuzlingen/Konstanz.

(Saskia Baumgartner/Schaffhauser Nachrichten v. 05.04.14)

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