Privater Betrieb macht BSB Konkurrenz

Der private Schiffsbetrieb Heidegger stößt ins Gebiet der Bodensee-Schiffsbetriebe BSB vor. Auslöser sind Umsatzrückgänge, die Heidegger der BSB anlastet.

Auf dem Bodensee ist neuer Konkurrenzkampf ausgebrochen: Nachdem 2012 die Bodensee-Schiffsbetriebe BSB die Firma Seeflair mit ihrem Motorschiff „Stadt Konstanz“ aufkauften, drang 2013 das Überlinger Traditionsunternehmen Heidegger in die entstandene Lücke. Nun bedient Heidegger die fahrgastträchtige Strecke Unteruhldingen – Mainau. Er macht Umsatzrückgänge geltend, die er der BSB anlastet, er sehe sich nun gezwungen, in deren „Hoheitsgewässer“ einzudringen. Sein Problem ist nur, dass er am Hafen von Uhldingen kaum wahrgenommen wird, trotz günstigerer Preise.

Heideggers Vorstoß in die stark frequentierte Linie muss der BSB wie ein Nadelstich vorkommen, zumal sie erst 2012 genau auf dieser Linie durch Übernahme der Firma Seeflair einen Konkurrenten beseitigt hatte. BSB-Geschäftsführer Konrad Frommer findet das Geschäftsgebaren Heideggers wenig „seemännisch“. Denn im Gegensatz zu ihm fahre die BSB nach einem festen Fahrplan, wetterunabhängig, mit allen damit verbundenen Risiken. Was es der BSB wert war, auf der Linie keine Konkurrenz zu haben, zeigen Unterlagen, die dem SÜDKURIER vorliegen. Demnach hatte die BSB für die Übernahme der Firma Seeflair mit ihrem altersschwachen Schiff, das nach BSB-Angaben wirtschaftlich nicht zu renovieren gewesen und mittlerweile nach Polen verkauft worden sei, 310 000 Euro bezahlt. Ein stolzer Preis, wie Kenner der Szene sagen, wo doch der Verkehrsweg auf dem Bodensee frei ist. Das wäre so, sagte ein Insider, wie wenn ein Taxiunternehmen hohe Summen für die schrottreife Auto-Flotte seines Konkurrenten auf den Tisch legt – und sich dann wundert, wenn ein drittes Taxiunternehmen in die Lücke vorstößt.

Die Fahrt auf dem See ist zwar frei, doch obliegt der BSB, beziehungsweise einem Schwesterunternehmen, die Hoheit über die Organisation am Hafen von Unteruhldingen. Dieses Recht hat sie in einem Vertrag mit der Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen erworben. Der Vertrag regelt, dass die BSB an Liegeplatz 3 anderen Schiffen ein „Anfahrtsrecht“ gewähren muss. Wie BSB-Geschäftsführer Konrad Frommer dem SÜDKURIER gegenüber versicherte, hätten seine Mitarbeiter die Anweisung, den Wünschen Heideggers nachzukommen. Heidegger dagegen beklagt, dass die BSB schon versucht habe, mit einem ihrer Schiffe den Hafen so lange zu blockieren, dass er seine im Internet angekündigte Fahrten nicht mehr pünktlich starten könne. Ein Beispiel, das Heideggers Rechtsanwalt Richard Beurer so formuliert: „Es gibt Situationen, in denen ein BSB-Schiff plötzlich auf dem Platz lag, wo mein Mandant sich angemeldet hatte, während er auf Liegeplatz 1 verwiesen wurde, wo er mit seinem Schiff aus Sicherheitsgründen nicht anlanden kann.“

Gegenwärtig sind beide Unternehmen bemüht, eine neue vertragliche Grundlage zu finden. Ihre Verhandlungen – das beteuern beide Seiten – hätten wieder an Dynamik gewonnen, nachdem und weil der SÜDKURIER mit seinen Recherchen begann. Man redet nun wieder miteinander, nachdem Heidegger über den Schreibtisch der Redaktion hinweg bedeutet wurde, dass man auf ein Vertragsangebot von ihm warte. Andreas Wissmann, Heideggers zweiter Rechtsanwalt, sagte indes, dass ein Vertrag nur dann zustande komme, wenn jeder „Herr seines Unternehmens bleibt“. Einen Konkurrenzausschluss werde es nicht geben.

Ein weiterer Konflikt betrifft das Verhältnis Heidegger und Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen. Rechtsanwalt Richard Beurer will klären lassen, warum die BSB auffällig viele Schaukästen, Werbeschilder und Kundenstopper aufstellen darf, man Heidegger „bisher aber nur Zettelchen an einer Pinnwand unter vielen anderen Zettelchen“ genehmigt. Bürgermeister Lamm reagierte auf Anfrage gereizt, man werde „mit Nachdruck“ dafür sorgen, dass der Erholungsfaktor Uhldingens nichts an Wert einbüße. „Dunkle Drohungen“ durch die Gemeinde seien das, findet Rechtsanwalt Beurer. „Wir befinden uns doch nicht in einem Krieg.“

(Stefan Hilser/Südkurier v. 14.05.13)

Die Schiffsbetreiber und ihr Konflikt

Die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), gegründet 1824, seit 2003 ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Konstanz, erzielen laut Unternehmensangaben einen Jahresumsatz von 16 Millionen Euro. Die Schiffe ihrer „Weißen Flotte“ beförderten in der Saison 2012 etwa 2,2 Millionen Fahrgäste.

Fahrpläne und Infos unter www.bsb.de

Der Schifffahrtsbetrieb Heidegger, gegründet 1933, mit Heimathafen Überlingen, beförderte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 30 000 Fahrgäste. Fahrpläne und weiteres Infos unter www.bodenseeschiff.de.

Als die beiden ungleichen Partner noch partnerschaftlich miteinander arbeiteten, warb der Große für den Kleinen und verkaufte seine Tickets mit, der Kleine zahlte einen Obolus, man profitierte gegenseitig. Festgehalten wurde dies in einer Kooperationsvereinbarung aus den 50er Jahren (1994 aktualisiert). 2011, das beklagt Heidegger, habe die BSB die Werbung für seine Fahrten massiv reduziert. Die BSB bewertet dies etwas anders, sie habe die Verkaufsstände in den Bodensee-Häfen vereinheitlicht, um den Wildwuchs an Plakaten einzudämmen. Und so seien die Fahrten Heideggers und anderer kleinerer Betriebe am Überlinger See, mit denen man nach wie vor bestens kooperiere, zentral in Schaukästen beworben worden. Heidegger jedoch beharrt darauf, durch die Umstellung massive Umsatzeinbrüche erlitten zu haben. Gespräche zwischen den Unternehmen verliefen im Sand, Heidegger kündigte die Vereinbarung auf und ging in Konkurrenz zur BSB.

Bodenseeschifffahrtsordnung: Heidegger bezieht sich auf diese trilateral geltende Verordnung, wonach die Häfen am Bodensee öffentlich zugänglich für jedermann seien. So stellte auch das Verwaltungsgericht Sigmaringen 1984 fest, dass es der Gemeinde Uhldingen untersagt sei, selbst zu bestimmen, wer in den Hafen einfahren darf und wer nicht.

Kommentar:  Volle Breitseite

Überlingen -  Wo gibt's das noch am Bodensee? Nirgends!

Wie sonst in keiner Stadt am Bodensee steht am Landungsplatz von Überlingen eine ganze Flotte privater Schiffe zur Verfügung, die neben der Weißen Flotte in See sticht. So viel Konkurrenz ist sonst nirgends. Wobei diese Konkurrenz bislang ein freundliches Mit- und Nebeneinander der Betriebe war. Die Kurse waren weitgehend abgesteckt, jeder gönnte dem anderen sein Geschäft, einen Verdrängungswettbewerb gab es nicht. Das führte bislang zu einem relativ stabilen Markt. Ohne eine detaillierte Marktanalyse vorliegen zu haben, ist es dennoch angebracht zu sagen, dass es so zum Besten für alle war, für Anbieter und für Kunden. Eine goldene Nase kann man sich als Schiffsbetreiber nicht verdienen, schon eher müssen die Kunden froh sein, wenn es das vergleichsweise große Angebot noch gibt. Eine Haifischkonkurrenz unter den Betrieben würde im einen Jahr vielleicht für niedrigere Preise sorgen, über die sich die Kunden freuen könnten. Doch mittelfristig – auch hierfür braucht es keine betriebswirtschaftliche Analyse – führte dies zur Verdrängung, mithin zu einem reduzierten Angebot und zu wieder steigenden Preisen. Also derzeit alles paletti?

Nicht ganz. Denn dieses Gefüge, klagt die BSB, kündigte Schiffsbetreiber Heidegger mit seinem Vorstoß in die von ihnen auch bei Wind und Wetter zu bedienende Linie Uhldingen – Mainau auf. Und man ergänze: Dieses Gefüge, klagt Heidegger, kündigte die BSB auf, indem sie eine jahrzehntelang wirkende Kooperationsvereinbarung nicht mehr einhalte, indem sie von heute auf morgen aufgehört habe, offensiv sein Angebot mit an ihrem Schalter zu vermarkten. Wäre es, um mit Heidegger zu sprechen, denn verwunderlich, wenn die BSB den Überlinger See erobern wollte?

Ob nun Heidegger oder die BSB Recht haben: Die Situation ist brisant. Auf den ersten Blick sieht es zwar charmant für den Kunden aus. Es hat etwas von moderner Piraterie, der Kunde freut sich über den erbeuteten Schatz, der sich in niedrigeren Preisen ausdrückt. Es wirkt auch sehr reizvoll, die Vorstellung, dass ab Überlingen künftig noch mehr Fahrten angeboten werden, vielleicht als regelmäßiger Pendelverkehr zwischen den Thermen Überlingen und Kostanz, oder mit einer Direktfahrt zwischen Uhldingen und Konstanz. Doch lässt sich all das betriebswirtschaftlich darstellen? Wohl kaum. Vielmehr müssten die in den betroffenen Gemeinden verantwortlichen Bürgermeister und Tourismus-Chefs ein vitales Interesse daran haben, das bisherige Gefüge zu sichern, also Heidegger und die BSB zur Kooperation zu bewegen, weg von einer drohenden Auseinandersetzung vor Gericht. Die Chance ist da, vorausgesetzt, sie vermitteln auf Augenhöhe und verstehen sich nicht als verlängerten Arm der BSB.

(Stefan Hilser/Südkurier v. 14.05.13)

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