Wenn die Hohentwiel zickt, hilft nur gut zureden

Der ehemalige Projektleiter Reinhard Kloser berichtet von der Wiederauferstehung des letzten Dampfers auf dem Bodensee

Ihren 100. Geburtstag feiert die Hohentwiel, die als Einzige das Dampfersterben auf dem Bodensee überlebt hat. „Wie Phönix aus der Asche – die Wiederherstellung des königlich württembergischen Dampfschiffs ,Hohentwiel‘ von 1984 bis 1990 und die zweite Indienststellung des Schiffs auf dem Bodensee am 17. Mai 1990“ lautet der Titel eines Lichtbildervortrags am Freitag um 20 Uhr im Dornier Museum. SZ-Mitarbeiterin Hildegard Nagler hat sich mit dem Referenten und damaligen technischen Projektleiter Reinhard E. Kloser über das langlebige Schiff unterhalten.

Herr Kloser, welche Schlagworte fallen Ihnen beim Stichwort „Hohentwiel“ ein?

Ein Schiff, mit dem Reisen noch ein soziales Ereignis war und nicht wie heute ein für alle zugängliches Vergnügen. Dementsprechend die vornehme und elegante Gesamterscheinung. Eine Zeitreise zurück zu Kaisers beziehungsweise Königs Zeiten mit dem dazugehörigen Gehabe. Eine Antriebstechnik mit Schaufelrad und Dampfmaschine, die es schon lange nicht mehr gibt. Die hohe handwerkliche Kunst der Schiffbauer und Maschinenhersteller, bei der Zuverlässigkeit und gediegene optische Erscheinung eindrücklich dargestellt werden.

Die Restaurierung der Hohentwiel dauerte Jahre. Welche war die spannendste Zeit?

Die Endphase natürlich, bei der die Stunde der Wahrheit kam. Funktioniert alles so wie geplant? Wie verhält sich die grundüberholte Dampfmaschine mit der dazugehörigen Nebenmaschinerie nach nahezu 30 Jahren Stillstand und, und, und…

An welche Höhepunkte erinnern Sie sich besonders gerne?

An das erste Anfahren der Dampfmaschine nach fast 30-jährigem Stillstand am 28. Dezember 1989 um 18.16 Uhr – es lief alles bestens. Und an die erste Vorstellungfahrt, bei der wir nach mehr als 30 Jahren nach Friedrichshafen gefahren sind – rund 6000 Leute standen am Hafen und klatschten Beifall. Der Empfang bei den Häflern war wirklich herzlich. Da wurde mir klar, dass ich auf dem „richtigen Dampfer“ war.

Viele Firmen aus dem deutschen Bodenseegebiet haben bei der Restaurierung mitgeholfen.

Hier ganz maßgebend Firmen aus dem Bereich Friedrichshafen und Lindau, ohne deren Hilfestellung und Kompetenz die Instandsetzung speziell der aufwendigen und teilweise komplizierten Maschinenteile sehr viel schwieriger gewesen wäre. Vom Kostenfaktor gar nicht zu reden.

Sie haben drei Töchter. Ist die Hohentwiel Ihr viertes Kind?

Nicht ganz, aber zickig kann die alte Dame mitunter schon sein, wie‘s halt Töchter ab und zu auch mal an sich haben. Als Seemann hat man aber gelernt, damit recht gut umzugehen. Gut zureden hilft immer. Das habe ich immer vor dem Losfahren gemacht, der Maschine gut zureden.

Der Lichtbildervortrag im Dornier Museum, Claude-Dornier-Platz 1, beginnt am kommenden Freitag, 3. Mai, um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.

(Schwäbische Zeitung v. 29.04.13)

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