Oh Du lieber "Fridolin": Bootsname schlägt Wellen

Kaum getauft haben die beiden Katamarane hohe Wellen geschlagen. Stein des Anstoßes ist der Name "Fridolin". Schon bei der Taufe war darüber manchem die Spucke weg geblieben. Beim Hafenfest am Wochenende mit hunderten von Besuchern brachen verschiedene Emotionen durch: von völligem Unverständnis bis zur blanken Freude.

Strahlend weiß, dynamisch schlank und als absoluter Publikumsmagnet: So präsentierten sich die imageträchtigen Vorzeigeschiffe der Katamaranreederei beim Hafenfest, das den Buchhornplatz für zwei Tage zur Festmeile werden ließ. Die Freude darüber war den Organisatoren am Gesicht abzulesen, die Empörung über den Namen "Fridolin" hingegen manch einem Besucher. Hinter vorgehaltener Hand sprach ein städtischer Mitarbeiter, der nicht genannt werden will, sogar vom "totalen Flop". Die Bekanntgabe des Namens sei die "Lachnummer während der sonst so trockenen Taufe" gewesen. Offenes Diskutieren indessen am neuen Pier: "Unpassend lächerlich" nennt der Häfler Optikermeister Wolfgang Müller den Namen. "Da hätten sie ihn doch gleich nach dem lieben Augustin nennen können." " Constanze " hingegen klinge würdig, "Fridolin" eher nach einer Comic-Figur. Sowieso widerspreche ein männlicher Name den Regeln der christlichen Seefahrt, monierte der Häfler Rentner Adam Beisert. Danach zierten früher immer Frauennamen den Rumpf der Schiffe. "Friederike" etwa wäre seiner Meinung nach ideal gewesen.

Auf "Friederike" gewartet

Da war sich auch Geraldine Thompson von der Marketingabteilung der Katamaranreederei sicher. Sie hatte das Wochenende über das Ohr am Volk gehabt. "Den Namen ,Friederike' hatten wohl die meisten erwartet", sagte sie zu den Rückmeldungen und zu ihrem eigenen Eindruck. Doch nur den blanken Erwartungen der Masse entsprechen, das habe die Katamaranreederei schon gar nicht wollen, fügte deren Pressesprecher Sebastian Dix an. Viel mehr habe man mit dem Namen überraschen und einen Aha-Effekt auslösen wollen. Und überhaupt passe der spritzig-pfiffige Name zum dynamischen Bild des Katamarans, durch den die Crew hunderte von Menschen schleuste. So sehr lockte das doppelrumpfige Schiff Besucher aus der ganzen Region an. Erster Sitztest von Edmund Haupenthal aus Friedrichshafen: "Man sitzt wie im Flugzeug." Und der ehemalige Schiffsbauer Alois Grab ergänzte mit Fachblick: "Die haben sehr sauber geschafft. Das ist schon beachtlich. Einfach einwandfrei."

Ob die Katamarane jedoch rentabel fahren, ist für den ehemaligen Wasserschutzpolizisten Rudolf Hüber "mehr als fraglich". Zwar werteten die Katamarane den Bodensee als Attraktion auf. Doch zweifle er an der Auslastung mit etwa 1200 beförderten Personen pro Tag. Noch deutlicher bringt es ein Besucher auf den Punkt, der lieber nicht genannt werden will: "Das war wohl von vorn herein eine Totgeburt. Ich habe die große Befürchtung, dass das ein Zuschussgeschäft wird." Miese hin oder her - der Mittelstand erhoffe sich von der neuen Verbindung eine Belebung der Stadt, sagte Dirk Bogen zur mehrheitlichen Meinung, die er bei der jüngsten Versammlung der Volksbank gehört habe.

Einer freut sich auf jeden Fall über die Katamarane, vor allem über "Fridolin": "Als ich den Namen las, stieß ich einen Freudenschrei aus", sagte Namensvetter Friedolin Dunkenberger zur besten Namenswahl überhaupt.


Begleitet von Blasmusik, Fahnenschwingern und Böllerschüssen ist am Samstag um 10.02 Uhr der Katamaran "Fridolin" am Konstanzer Hafen zu seiner offiziellen "Jungfernfahrt" mit Passagieren verabschiedet worden. Damit begann auch in Konstanz ein zweitägiges Hafenfest.

Zur gleichen Zeit nahm " Constanze " ihre 46 Minuten dauernde Fahrt auf, um das Zwillingsschiff vor Immenstaad zu treffen. "Es ist ein denkwürdiger Tag, die beiden größten Städte am Bodensee rücken jetzt näher zusammen", sagte der Konstanzer Oberbürgermeister Horst Frank, kurz bevor er den Startschuss für die "Jungfernfahrt" gab. Der See trenne jetzt nicht mehr, mit der Schnellboot-Linie sei er ein verbindendes Element, betonte Frank. Die Verbindung soll aber auch zur weiteren Stärkung des Wirtschaftsraums beitragen. Dann kam die Überraschung: Der Konstanzer Bäcker Anton Deifel hatte aus Biskuit und Schokolade einen Katamaran-Kuchen gebacken, auf dem ein mit Rundbrille und H auf dem Shirt dargestellter Horst Frank rudert. Der OB gilt als Verfechter der Linie und prognostiziert deren Wirtschaftlichkeit. Kuno Werner, Geschäftsführer der zu 50 Prozent von Konstanz und Friedrichshafen getragenen Katamaran-Reederei Bodensee GmbH, sagte an Bord des Schiffes: In den ersten fünf Jahren würden die Schiffe Defizite einfahren. Zum sechsten Jahr habe man es gepackt. Die optimistischen Zahlen: Pro Fahrt müssen 30 Passagiere an Bord sein. Bei 40 Fahrten am Tag seien das plangemäß die 1200 Passagiere. Jeder Fahrgast mehr würde das Defizit der 5,9 Millionen Euro teuren Schiffe verringern.

Und die Passagiere selbst, von denen bis zu 180 an Bord der 7,60 Meter langen Doppelrumpfschiffe sein können, schwärmten ebenfalls: "Das ist ein Super-Erlebnis, man merkt die Geschwindigkeit nicht", sagte der ehemalige Kapitän der Weißen Flotte, Rolf Glatz. "Ich bin ganz angenehm überrascht, das Schiff ist sehr ruhig, vor allem macht es keinen Wellengang", urteilte der Konstanzer Sascha Manz. Dann wurden die Gäste mit Salutschüssen der Bürgergarde und den Klängen des Fanfarenzuges Graf Zeppelin in Friedrichshafen empfangen.

(Schwäbische Zeitung v. 04.07.05)

 

Wie man's macht...

Ärger um Fridolin und Preise

Drei Mal ist Rainer Schöttle allein am Samstag mit dem Katamaran auf Rundtour gegangen, um dem Volk aufs Maul zu schauen. Natürlich wollte der Geschäftsführer der Katamaran-Reederei wissen, was die Leute sagen. Was er gehört hat, schien ihn zufrieden zu stellen. Kurze Kommentare wie "erfreuliche Resonanz" und "sehr angetan" ließ er sich entlocken. Aber ein bisschen schwermütig schaute er trotzdem drein. Setzt ihm die wohl völlig unerwartete Namens-Diskussion zu? "Ich bin zufrieden mit Fridolin", sagt er fast trotzig. Muss er ja auch, weil er der fünfköpfigen Jury angehört hat, die sich einstimmig für diesen Namen entschieden hat. Mindestens zwei Mal habe der Kreis jener, die bei der Katamaran-Reederei was zu sagen haben, getagt und sich die Entscheidung wirklich nicht einfach gemacht. Sogar ein Sprach-Professor wurde um Rat gefragt.

Büchelmeier sauer

Da scheint aber nicht nur mancher Reederei-Mitarbeiter oder Schiffsführer anderer Meinung zu sein, sondern auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Reederei: Josef Büchelmeier. Er hat sich bei der Geschäftsleitung über "Fridolin" nicht nur mokiert, sondern will wissen, "wie das passiert ist". "Dieser Name findet keinen Anklang. Ich bin von sehr vielen Leuten darauf angesprochen worden", sagte er gestern. Wie man jetzt damit umgeht, weiß er noch nicht. Aber: "Wir würden uns zu Schildbürgern machen, wenn wir daran herumdoktern."

Die Geschmäcker sind nun mal verschieden. Die Wogen unterm "Fridolin" werden sich glätten, und spätestens in zwei Wochen hat sich die Menschheit an diesen Namen gewöhnt. Viel wichtiger ist doch, dass die neue Schiffsverbindung möglichst viele Nutzer findet. Was die Leute ebenso stört, ist die Preisgestaltung. Die könnte größeren Schaden anrichten als ein ungeliebter "Fridolin".

(Südkurier v. 04.07.05)

25000 Neugierige auf Katamaran-Fest

" Constanze " und "Fridolin" locken: Rundfahrten restlos ausgebucht

Die Passagiere haben sich wie im Flugzeug gefühlt: Hunderte Bürger nutzten am Wochenende die Möglichkeit, die beiden Bodenseekatamarane zu besichtigen und bei Rundfahrten kennen zu lernen. Sie verkehren ab 6. Juli zwischen Konstanz und Friedrichshafen. Beide Städte feierten am Samstag und Sonntag zeitgleich mit großen Hafenfesten die Jungfernfahrten der Doppelrumpfboote. Nach Schätzungen der Veranstalter verfolgten in Konstanz rund 25000 Menschen Aktionen wie Modenshows und Kellnerrennen an der Hafenmeile.

Drei Böllerschüsse von der Bürgergarde Friedrichshafen im Konstanzer Hafen, zartes Klatschen von Zuschauern am Ufer, auf dem Schiff schwenkte die historische Stadtwache Fahnen. Mit einigen Minuten Verspätung steuerte Katamaran "Fridolin" am Samstag kurz nach 10 Uhr erstmals mit Passagieren an Bord von Konstanz aus den Hafen von Friedrichshafen an. Zur selben Zeit legte der zweite Katamaran der künftigen Fährverbindung, die " Constanze ", in Friedrichshafen ab. Ihre Ankunft in Konstanz bei Windstärke vier wurde begleitet von den Wasserfontänen eines Feuerwehrboots, vom Tatütata eines Polizeiboots, den Ruderern eines Drachenboots und abermals Böllerschüssen. Rund 500 Zuschauer zeigten sich neugierig, nicht aber mitgerissen vor Begeisterung. Der Applaus zur Einfahrt fiel zurückhaltend aus.

Die stündlichen Rundfahrten waren allerdings schnell ausgebucht und die Katamarane während der Besichtigungszeiten voll mit Menschen. Christoph Rimmele, Kapitän bei der Jungfernfahrt, wurde von Gästen mit Fragen bestürmt: "Wo sind die Rettungsboote", wollte ein Mann wissen. Er erfuhr, dass es Rettungskorb, Rettungsringe und Schwimmwesten gibt.

"Das ist ja wie im Flugzeug.", sagte Caroline Greuter vor der Jungfernfahrt über ihren ersten Eindruck vom Innenraum. Neben Sitzreihen mit hohen Polsterstühlen gibt es neun Sitzgruppen mit Tischen, eine Imbisstheke und Großbildschirme mit Fahrgastinformationen. Als "offen und großzügig" geschnitten erschien den ersten Passagieren der Fahrgastraum. Auch das Fahrgefühl wurde gelobt: "Der schwebt ja richtig", stellte eine Frau fest, als der Katamaran noch langsam durch die Konstanzer Bucht fuhr. Als der Katamaran auf 40 Stundenkilometer beschleunigte, waren im Freien die Motorgeräusche deutlich zu hören, im Innenraum blieb es relativ ruhig. Auf den Sitzplätzen im Freien am Heck sitzen Passagiere windgeschützt, auf der Freiterrasse am Bug windet es stark und manchmal spritz eine ordentliche Ladung Wasser hoch.

"Ich war am Anfang skeptisch", sagte Heidi Naumann, die zu den ersten Passagieren gehörte, über die neue Fährverbindung. Inzwischen allerdings gehe sie davon aus, dass sich Segler, Fischer und Schnellboot arrangiert haben. "Ich hoffe nur, es gibt kein Defizit." Die Sorge um die Wirtschaftlichkeit der neuen Schiffsverbindung war immer wieder Thema bei den ersten Passagieren: "Es ist super gemacht, aber ich habe ein wenig Sorge wegen des Haushalts", stellte eine Frau fest. Andere sehen durch die neue Verbindung Chancen für wirtschaftliche Impulse: "Ich hoffe, dass sich der Einkauf in beiden Städten belebt", sagte Ursula Hotz. Anke und Matthias Kalning von der Reichenau schließen nicht aus, den Linienverkehr zu nutzen: "Je nach dem, was Friedrichshafen zu bieten hat." Auch Waldemar Maier zeigte sich offen für Ausflüge: "Vielleicht fahre ich mal schnell zum Kaffeetrinken nach Friedrichshafen."

"Die Städte Konstanz und Friedrichshafen rücken näher", mit diesen Worten hatte der OB Horst Frank das Hafenfest in Konstanz eröffnet und dabei "Freunde und Skeptiker" begrüßt. Im Jahr 2001 hatten bei einer Bürgerabstimmung noch über 15200 Konstanzer gegen die neue Schiffsverbindung votiert.

(Südkurier v. 04.07.05)

"Fridolin" ist nicht jedermanns Geschmack

Tausende beim Schaulaufen der Katamarane am Wochenende - Mit dem Namen ist nicht jeder glücklich

Wenn das Interesse, das die Menschen rund um den See am Wochenende in Friedrichshafen den Katamaranen entgegen brachten, so anhält, sollte der Reederei um die Zukunft der neuen Schiffsverbindung nicht Bange sein. Gut 2600 Menschen nutzten am Samstag und Sonntag die Gelegenheit beim Katamaran-Starterfest, das moderne Doppelrumpfschiff bei einer 40-minütigen Rundtour ab Friedrichshafen kennen zu lernen - mehr ging nicht. Wie viele sich bei den insgesamt vier Schnuppergelegenheiten am Katamaran-Anleger ein Bild von der Innenausstattung gemacht haben, weiß keiner. Aber die Schlangen am Kai waren lang: Dicht gedrängt schoben sich die Menschen über das Schiff.

Der Katamaran an sich kommt bei den Leuten super an. "Das Schiff gefällt uns sehr. Es ist sehr bequem und es macht Spaß, damit zu fahren. Vom Vordeck aus spürt man richtig die Kraft, die dahinter steckt", meinen Sandra Scholtz (28) und Dino Giordano (31) aus Friedrichshafen. Aber: "Der Fahrpreis ist zu hoch. Schon für zwei Leute rechnet sich eine Hin- und Rückfahrt nach Konstanz nicht", meint das Pärchen. Und auch mit dem "Fridolin" haben sie ein Problem. "Wenn schon ein altmodischer Name, dann Friedrich", sind sich beide einig. Auch Gabi Kofler (42) aus Friedrichshafen verzieht das Gesicht bei der Frage, wie ihr der Name Fridolin gefällt. "Sogar mein fünfjähriger Sohn Linus meint, das sei kein gescheiter Name. So heißt ein Mensch, aber kein Schiff, hat er mir gesagt." Für eine Rundfahrt mit dem Katamaran "zum Ausprobieren" hat sie sich am Samstag gut erwärmen können. Aber wenn sie nach Konstanz will, fährt sie künftig lieber doch mit dem Fahrrad und der Meersburger Fähre. "Zu teuer", meint sie.

Für Anita Wenger, Stadträtin von "Bürger aktiv", stellt Fridolin weder einen Bezug zum Katamaran noch zu Friedrichshafen her. "Wir gründen am besten eine Bürgerinitiative für die Umbenennung des Katamaran", meint sie mit Schalk in den Augen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie den Schiffen zwei Frauennamen - einen katalanischen und einen russischen gegeben: "Kata" und "Mara". "Das wär's und hätte sofort einen Bezug zum Katamaran", meint sie.

Auch Dieter Stauber, Ortsvereinsvorsitzender der SPD, ist mit Fridolin nicht glücklich. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei 600 Namensvorschlägen nichts Besseres dabei gewesen sein soll." Am besten wäre es, meint er, alle Vorschläge auf den Tisch zu packen und demokratisch abstimmen zu lassen.

Die ganze Aufregung um den Fridolin nicht verstehen kann dagegen Anja Lampa (40) aus Friedrichshafen. "Ich find' den Namen witzig, jung und frech. Da steckt doch alles drin, was für den Katamaran steht und ist nun bestimmt kein Name, bei dem man das Weinen anfängt", sagt sie. Wenn man auf einen eindeutigen Bezug zu Friedrichshafen bestehen würde, hätte aus dem Fridolin ein Friedrich werden müssen, "aber Friedrich wäre abgestanden, bieder und altmodisch und passt nun wahrlich nicht zum Katamaran."

Sogar richtig gefreut haben sich Jutta (61) und Michèle Plänitz (42) aus Friedrichshafen. "Fridolin ist süß und für uns der Hit", meinen Mutter und Tochter unisono, Friedrich dagegen "geht gar nicht". Den Katamaran mit seinem "supermodernen Styling" finden sie super. "Ich würde mit dem Schiff schnell mal nach Konstanz zum Bummeln fahren", sagt Michèle Plänitz, "aber für mich ist er zu teuer. 8,50 Euro für eine Tour ist zu happig". Man hätte lieber auf diversen Schnickschnack wie zum Beispieil Internet-Anschluss auf dem Schiff verzichten sollen und dafür mit dem Preis runter gehen. "Ich denke, fünf Euro sind für viele eine Hemmschwelle." Nach Meinung ihrer Mutter werden Touristen, die im Urlaub weniger aufs Geld schauen, dieses Angebot wohl eher nutzen, "aber Einheimische?" Außerdem sei die letzte Rückfahrt um 19 Uhr ab Konstanz im Sommer zu früh.

(Südkurier v. 04.07.05)

 

Subventionsdampfer

Schon die Urväter der ersten Schnellbootverbindung zwischen Friedrichshafen und Konstanz waren Schwaben und Konstanzer: Der Stuttgarter Verleger Johann Friedrich Cotta und der Konstanzer Bankier und Textilfabrikant David Macaire verbündeten sich mit einem technikbegeisterten Engländer namens Church und richteten 1824 den ersten Dampfschiffkurs über den See ein. Wie auch der gestern gestartete Katamaran war der damals revolutionäre Einsatz der Dampfmaschine auf Schiffen eine höchst umstrittene Angelegenheit. Damals wie heute sorgten sich die Fischer um den Fischreichtum und die Sicherheit ihrer Netze und Boote. Vielmehr aber bekämpften die alten Schifferzünfte und Fuhrmannsfamilien die Konkurrenz durch das Dampfboot. Der Dampfer war schneller, sicherer und billiger als die bis dahin mit schwerfälligen "Lädinen"-Lastenseglern zünftisch betriebenen Schifffahrtslinien.

Als die ersten Schiffsleute ihre althergebrachten Fahrt- und Hafenrechte an die neue Dampfbootgesellschaft verkauften, war der wirtschaftliche Aufstieg und Erfolg der neuen Technik nicht mehr zu bremsen. Ende des 19. Jahrhunderts verkehrten die Dampfschiffe zwischen Friedrichshafen und Konstanz bis zu sieben Mal - auch im Winter. Die Reeder Cotta und Macaire wurden durch dieses Geschäft noch reicher.

Die wirtschaftliche Prognose für den Katamaran ist nicht ganz so günstig. Das können auch die verständlichen Jubelklänge und der Stolz auf das politisch, technisch, kaufmännisch und organisatorisch Erreichte nicht übertönen. Anders als das privatwirtschaftliche Dampfschiff-Unternehmen der Herren Cotta, Macaire und Church ist der Katamaran ein Subventionsdampfer: Von den 5,5 Millionen Euro Investitionskosten werden 2,77 Millionen aus unseren Steuergeldern bezahlt. Im sechsten Betriebsjahr ab heute soll die von den Stadtwerken Friedrichshafen und Konstanz getragene Katamaran-Reederei keine Verluste mehr machen. Dieses Ziel wird erreicht, wenn täglich durchschnittlich 1200 Passagiere die Katamaranlinie besteigen und bezahlen. Die Verantwortlichen wissen, dass diese Zahlen gewissermaßen das Zeug zur Utopie haben. Rainer Schöttle, Geschäftsführer der Reederei, beugte dieser Tage schon mal für die Zeit nach dem Jahr 2010 vor: "Selbst wenn wir etwa 250000 Euro jährlich Verlust machen würden, würde das die beiden Städte nicht umbringen." Umbringen nicht, aber in schweren Zeiten die öffentlichen Kassen weiter belasten: Noch auf längere Sicht werden Spielplätze nicht gebaut, Klassenräume nicht ausgestattet und Schultoiletten nicht renoviert werden können, weil hinten und vorne das Geld fehlt.

Die Befürworter haben gegen solche rein marktwirtschaftliche Positionen immer eingewandt: Aber der Katamaran ist doch Öffentlicher Nahverkehr im besten Sinne - und der rechne sich auch nie. Folglich müsse das Verkehrsprojekt als politisch gewollte Bereicherung der Verkehrsvernetzung des Bodenseeraums begrüßt und akzeptiert werden. Richtig daran ist, dass Konstanz und Friedrichshafen durch den Katamaran besser miteinander verbunden werden. Friedrichshafener gelangen in zwei Stunden nach Zürich, Konstanzer in einer knappen Stunde an den Friedrichshafener Flughafen. Diese Vernetzung der Verkehrsmittel ist eine große Leistung der Katamaran-Betreiber.

Doch nur wenn es den Betreibern in den kommenden Jahren am Fahrgastmarkt gelingt, über ihr Angebot eine heute noch nicht bestehende Nachfrage zu erzeugen, ist das erhebliche Subventionsaufkommen ökonomisch und ökologisch zu rechtfertigen. Zum Vergleich: Unrentable Buslinien werden schnell eingestellt, wenn niemand sie nutzt - der "Schaden" fällt dabei freilich bedeutend kleiner aus als beim dieselsaufenden Millionendampfer Katamaran.

Schöttles Hinweis darauf, die Städte würden's im Notfall schon richten, ist politisch keinesfalls akzeptabel: Sie oder ihre Stadtwerke richten es eben nicht mehr. Der Katamaran steht unter Erfolgsdruck, er muss seine Notwendigkeit am Kundenmarkt erst beweisen. Die politischen Gremien sind aufgefordert, als Anwälte des Steuerzahlers über diesen Erfolg zu wachen. Der Friedrichshafener OB Josef Büchelmeier schrieb in einem Grußwort zur Katamaran-Eröffnung, der Einsatz der Katamarane sei "ein Meilenstein in der Geschichte der Schifffahrt auf dem Bodensee". Hoffen wir, dass diese Meilensteine nicht zu weiteren Mühlsteinen am Hals der finanziell schon arg gebeutelten Kommunen werden.

(Südkurier v. 04.07.05)

zurück