Letzter Zeuge einer glanzvollen Epoche

Die beiden Bahn-Pensionäre Edmund Veith und Heribert Heilig stehen immer mal wieder zusammen an der Friedrichshafner Uferpromenade und träumen von ihrer aktiven Zeit. Sie beschauen sich die neuen Motorschiffe der weißen Flotte und erinnern sich an die alten Dampfschiffe, auf denen sie früher fuhren: "Damals war der Himmel über dem Hafen oft rabenschwarz, aus den Schornsteinen unserer Schiffe rußten dicke schwarze Wolken."

Die beiden Häfler Pensionäre fuhren früher auf fast allen Dampfschiffen. Ihre Erzählungen als Zeitzeugen gehören bald der Vergangenheit an, denn viel aus der Zeit der Dampfschiffe findet sich heute nicht mehr in Friedrichshafen, der einstigen Wiege der Bodensee-Dampfschifffahrt. 

Das Stadtarchiv hat für die derzeitige Ausstellung im Graf-Zeppelin-Haus zusammengetragen, was es in verschiedenen Museen noch zu finden gab. "Mühsam wie ein Eichhörnchen" schildert der Stadtrachivar Jürgen Oellers seine Suche nach Exponaten in dem Film "Das königliche Dampfschiff - Die Hohentwiel auf dem Bodensee". Der Südwestfunk SWR hat sich in dem Film auf Spurensuche in Friedrichshafen gemacht, um Zeugnisse der Dampfschifffahrt zu finden. "Viel ist es nicht mehr", sagt Erich Schütz, Autor der Dokumentation, "gäbe es die neu restaurierte Hohentwiel nicht, wäre ein spannender Film wohl kaum möglich."

Im Mittelpunkt des Filmes steht deshalb das Dampfschiff "Hohentwiel", das heute in Hard bei Bregenz seinen Heimathafen gefunden hat. Die "Hohentwiel" lief im April 1913 in Friedrichshafen vom Stapel. Das Schiff gehörte damals zur Flotte der "königlich-württembergischen Staatsbahnen". Außer einigen Zeitungsnotizen im damaligen Friedrichshafener "Seeblatt" sowie einiger alter Ecken in der ehemaligen Schmiede der heutigen BSB-Werft findet sich nur wenig, was auf die "Hohentwiel" in Friedrichshafen hinweist.

Das SWR-Team begleitet in der Fernseh-Dokumentation den Stadtarchivar Jürgen Oellers auf seiner Recherche ins Staatsarchiv nach Stuttgart. Im Königlichen Kabinett in Stuttgart wurde über den Start des Dampfschiffbaus am Bodensee entschieden. Im Staatsarchiv liegen Protokolle, die die Bremser der Dampfschifffahrt benennen: Schifferfamilien aus Friedrichshafen wehrten sich vehement, sie musste der König abfinden, bevor das erste Schiff gebaut wurde.

Die Friedrichshafener "Wilhelm" gilt den Württemberger als das erste Dampfschiff auf dem Bodensee, obwohl in Konstanz schon Jahre zuvor die "Stephanie" ihre ersten Versuche auf dem See wagte. Doch die Dampfmaschine war noch nicht perfektioniert, das Schiff trug schon bald den Spottnahmen "Ste-fahr-nie".

Heute ist die "Hohentwiel" das letzte Schiff aus einer glanzvollen Epoche. Wann immer es mit seiner lauten Dampfpfeife im Friedrichshafner Hafen einläuft, träumen Edmund Veith und Heribert Heilig von ihrer Zeit auf den alten Dampfschiffen. In der SWR-Reihe "Schätze des Landes" spinnt der Überlinger Autor Erich Schütz den Traum mit den beiden Bodensee-Schiffer-Pensionären sowie der heutigen Besatzung: "Die Hohentwiel heute zu steuern, ist kein Beruf, das ist eine Berufung, schließlich ist es das schönste Schiff weit und breit", sagt der Kapitän Adolf Konstatzky. 

SWR3 zeigt am Samstag, 13. Oktober, 21.50 Uhr, in der Serie "Schätze des Landes" einen Beitrag über das Schiff.

(Südkurier v. 11.10.07)

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