Die Hohentwiel ist mehr als nur ein altes Schiff

Der Band „Faszination Hohentwiel“ erzählt die hundertjährige Geschichte des letzten Schaufelraddampfers auf dem Bodensee.

Sie ist eine jener alten Damen, deren Eleganz zeitlos ist und gleichzeitig an vergangene Zeiten erinnert. Und der man ihre Zähigkeit nicht ansieht. Das Dampfschiff Hohentwiel, die „alte Dame“ des Bodensees, hat eine bewegte Geschichte: Zwei Weltkriege überlebte sie, was nicht selbstverständlich ist, wie der Untergang ihres Schwesterschiffs Friedrichshafen 1944 zeigt. Doch die Friedenszeiten stellten sich als nicht weniger gefahrvoll heraus. Weil das Leben seine Spuren hinterließ, stand die Hohentwiel in den 1960er und 1980er Jahren zweimal kurz vor einem unwürdigen Ende. Schrotthändler warfen begehrliche Blicke auf sie.

Doch es fanden sich jedes Mal Menschen, die in dem – pardon – Schrotthaufen die ursprüngliche Schönheit des Schaufelraddampfers erkannten. So wurde die Geschichte der Hohentwiel die Geschichte einer dramatischen Rettung. Heute gilt sie als das am besten restaurierte Schiff Europas. Hildegard Nagler hat diese bewegte Historie in dem eindrucksvoll bebilderten Band „Faszination Hohentwiel“ wieder belebt.

In abwechslungsreicher Form nähert sich die Journalistin den zwei Leben des letzten, einst königlichen Dampfers auf dem Bodensee, der in diesem Jahr gleichzeitig seinen hundertsten und seinen dreizehnten Geburtstag feiert: nach unglaublichem Einsatz von Männern wie Klaus Henninger, dem einstigen Präsidenten des Vereins Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum, der einmal in einem Sitzstreik eine sechsstellige Spende ertrotzte. Und von zahlreichen begnadeten Handwerkern, die jahrelang kostenlos ihre Freizeit der Restaurierung der Hohentwiel widmeten.

Hildegard Nagler hat, unterstützt von Archivmaterial sowie von Porträts des Fotografen Michael Häfner, der Biografie der „alten Dame“ einen würdigen Rahmen gegeben.

Hildegard Nagler, Verein Internationales Bodensee-Schifffahrtsmuseum, „Faszination Hohentwiel. Die ersten 100 Jahre eines einzigartigen Dampfers“. Verlag Robert Gessler, 128 Seiten, 29,80 Euro

(Maria Schorpp/Südkurier v. 27.09.13)

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