Unter Dampf nach Schaffhausen

Auch auf Untersee und Rhein soll wieder ein Dampfschiff fahren, wird gefordert. Die Thurgauer Regierung ist bereit, mit dem Kanton Schaffhausen eine Machbarkeitsstudie zu finanzieren. Für den Rhein ist ein ganz neuer Schiffstyp nötig.

«Zwei Stunden vor Abfahrt des Dampfschiffs sind die zwei Maschinisten schon im Maschinenraum», sagt Martin Wicki, Leiter des Geschäftsbereichs Schifffahrt bei der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SVG). Über Sprechrohr oder Telegraf gibt ihnen der Kapitän während der Fahrt seine Anweisungen, denn vom Führerstand aus kann er die Dampfmaschine nicht bedienen. Das heißt aber auch, dass die Dampfer mehr Personal benötigen als Motorschiffe. Die Maschinisten müssen eine spezielle Ausbildung durchlaufen. Nicht nur das macht den Betrieb der fünf Dampfschiffe auf dem Vierwaldstättersee teuer. Statt vier bis fünf Liter Treibstoff wie die Motorschiffe verbrauchen sie pro Kilometer 20 Liter. Finanziell sind die Dampfschiffe aufwendig, sagt Wicki. «Doch sie sind touristisch nicht wegzudenken. Im Sommer, wenn das Wetter schön ist, sind die Dampfschiffe <tätschvoll>.»

Eine Attraktion

«Das waren stolze Raddampfer», sagt Hansjörg Lang. Der FDP-Kantonsrat aus Mammern kann sich noch an die alten Dampfer erinnern. «Das war eine Attraktion, auch wie sie unter den Rheinbrücken die Kamine herunter ließen.» Eine Attraktion wäre ein Dampfschiff auch heute noch, glaubt er. Als Lang hörte, dass schon im Schaffhauser Kantonsrat eine ähnliche Forderung eingebracht wurde, reichte auch er einen Vorstoß im Großen Rat ein. Die Kantone Thurgau und Schaffhausen sollten zusammen eine Machbarkeitsstudie für ein Dampfschiff auf Untersee und Rhein anstoßen und finanzieren. «Ein Dampfschiff würde die Flotte aufwerten. Viele würden nur deswegen die Fahrt machen.»

Dass ein Dampfschiff ein Leuchtturm für die Schifffahrt auf Untersee und Rhein sein könne, glaubt auch der Thurgauer Regierungsrat, wie er in seiner Antwort auf Langs Vorstoß schreibt. Das Schaffhauser Postulat wurde bereits im Oktober überwiesen. Auch die Thurgauer Regierung ist bereit, sich an den Kosten für eine Machbarkeitsstudie zu beteiligen.

Ein völlig neues Schiff

Doch ganz einfach dürfte es nicht werden. Der Nachbau eines historischen Dampfschiffs kommt nicht in Frage, das verhindern die schärferen Vorschriften bezüglich Umweltschutz und Sicherheit. Ein völlig neuer Schiffstyp müsste gebaut werden. Niedrig müsste das Schiff sein, um unter den Brücken durchzukommen, oder Kamin und Führerhaus müssten gesenkt werden können. Die schmalen Fahrrinnen im Rhein verlangen ein schlankes Schiff. Trotzdem müsste das Schiff einer gewissen Anzahl Gäste Platz bieten, um wirtschaftlich betrieben zu werden, sagt Thomas Rist, Geschäftsführer der URh. Doch die Dampfmaschine braucht viel Platz. Auch müsste man Wege finden, um das Dampfschiff mit gleicher oder nur wenig größerer Besatzung zu betreiben als ein Motorschiff. Ansätze dazu gebe es schon, sagt Rist.

11 Millionen Franken, so schätzt die URh, dürfte so ein Dampfschiff kosten – bis fünf Millionen mehr als ein Motorschiff. «Die Finanzierung können wir nicht selber übernehmen», sagt Thomas Rist. Die URh wäre auf Sponsoren oder Stiftungen angewiesen, denn die Thurgauer Regierung will die Mehrkosten nicht übernehmen. Das sei nicht die Aufgabe des Staates. Bisher hätten die beiden Kantone die URh mit Darlehen unterstützt, wenn diese ein neues Schiff benötigt hätten, sagt Regierungsrat Kaspar Schläpfer. Doch dabei ginge man davon aus, dass die wirtschaftlichste Variante eingesetzt werde.

In einem sind sich Regierung wie URh einig: Das Dampfschiff soll fahrplanmäßig zwischen Kreuzlingen und Schaffhausen verkehren und nicht nur für Sonderfahrten eingesetzt werden.

(Kaspar Enz/St. Galler Tagblatt v. 14.03.09)


Der letzte Dampfer

Am 6. Mai 1913 wurde die «GD Schaffhausen» von der Schweizerischen Dampfboot AG, der späteren Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh), in den Dienst gestellt. 47 Meter lang und 10 Meter breit, konnte das Dampfschiff 400 Personen befördern. 1953 wurde die «GD Schaffhausen» von Kohlen- auf Ölfeuerung umgestellt. Als die «MS Thurgau» 1965 in Dienst gestellt wurde, löste sie den Dampfer langsam ab. Nur noch selten wurde die «GD Schaffhausen» für Sonderfahrten benutzt. Am 24. Mai 1967, nach 54 Betriebsjahren, trat die «GD Schaffhausen» zu ihrer letzten Reise an. Sie endete in Romanshorn, wo das letzte Dampfschiff des Bodensees schließlich verschrottet wurde.

 

Regierung unterstützt Machbarkeitsstudie für Dampfschiff

Die Thurgauer Regierung hält in ihrer am Freitag veröffentlichten Antwort auf eine Interpellation von FDP-Kantonsrat Hansjörg Lang fest, sie sei bereit, einen Beitrag an eine Machbarkeitsstudie zu leisten.

Schaffhausen muss sich beteiligen

Voraussetzung dafür sei aber, dass die Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) ein Gesuch stelle. Und auch der Kanton Schaffhausen müsse sich beteiligen.
In Schaffhausen überwies der Kantonsrat Ende Oktober 2008 bereits ein entsprechendes Postulat an die Regierung. Diese hatte ihr Engagement von einer Thurgauer Beteiligung abhängig gemacht.

Kosten überprüfen

Geprüft werden solle, wie teuer ein neues Dampfschiff überhaupt würde, so die Thurgauer Regierung. Denn ein neues Schiff müsse sich an die heute geltenden Sicherheits- und Umweltvorschriften halten.
Zudem müsse es entweder weniger hoch gebaut werden als die alten Dampfer oder der Kamin und das Führerhaus müssten abgesenkt werden können. Anders könnte das Schiff nämlich nicht unter den Brücken bei Konstanz, Stein am Rhein und Diessenhofen durchfahren.
Damit würde das Dampfschiff vermutlich wesentlich teurer als ein neues Motorschiff, zumal es weniger Plätze anbieten könnte als ein Motorschiff.

Ungeklärt ist nach Auffassung der Thurgauer Regierung auch, ob ein neues Dampfschiff für Touristen und Schiffsnostalgiker ebenso
attraktiv wäre wie es alte Dampfschiffe sind. Ebenfalls geprüft werden müsse, wie sich der Einsatz eines solchen Schiffes auf die Passagierzahlen der anderen Schiffe auswirken würde.

(St. Galler Tagblatt v. 13.03.09)

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